+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B möchte sich vor der Arbeit duschen. Das Wasser geht aber nicht an. Der herbeigerufene Klempner U meint, eine Reparatur wäre kein Problem. Nach stundenlanger Arbeit gibt U die Sache jedoch erfolglos auf.

Einordnung des Falls

Abgrenzung zum Dienstvertrag, § 611

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch einen Werkvertrag (§ 631 BGB) verpflichtet sich der Unternehmer, dem Besteller gegen Entgelt ein Werk herzustellen oder einen sonstigen Erfolg herbeizuführen.

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Ja, in der Tat!

Beim Werkvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen (=synallagmatischen) Vertrag. Der Unternehmer (=Schuldner) verpflichtet sich dabei, ein Werk herzustellen; der Besteller (=Gläubiger) verpflichtet sich, die Vergütung zu zahlen (§ 631 Abs. 1 BGB). Beim Werk kann es sich um die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder jeden anderen durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführenden Erfolg handeln (§ 631 Abs. 2 BGB).

2. Bei einem Dienstvertrag (§ 611 BGB) verpflichtet sich der Dienstverpflichtete gegenüber dem Dienstberechtigten gegen Entgelt zu einer Tätigkeit.

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Ja!

Der Dienstvertrag ist ein gegenseitiger (=synallagmatischer) Vertrag. Der Dienstverpflichtete (=Schuldner) ist zur Vornahme der versprochenen Dienste verpflichtet. Der Dienstberechtigte(=Gläubiger) ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Bei den Diensten kann es sich um Tätigkeiten aller Art handeln, die einmalig oder auf Dauer angelegt sind. Wichtigster Unterfall ist der Arbeitsvertrag (§ 611a BGB).

3. Der Werkvertrag lässt sich vom Dienstvertrag strikt nach dem Gegenstand des Vertrags (hier einer Reparatur) trennen.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Ein und derselbe Lebenssachverhalt kann je nach Vertragsausgestaltung einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag darstellen. So kann ein Opernsänger einen Erfolg (etwa ein einziges Konzert) oder eine Tätigkeit (etwa das Singen einer ganzen Saison) schulden. Ein Kammerjäger kann einen Erfolg (Lager ohne Ungeziefer) oder eine Tätigkeit (eine Behandlung mit Chemikalien) schulden.

4. Der Werkvertrag lässt sich vom Dienstvertrag strikt nach der Art der Vergütung bestimmen. Bei einer festen einmaligen Zahlung liegt daher immer ein Werkvertrag vor.

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Nein, das trifft nicht zu!

Auch die Art der Vergütung bestimmt den Unterschied nicht eindeutig. Beim Werkvertrag kann die Abrechnung nach Aufwand (etwa Stundensätze) erfolgen. Beim Dienstvertrag die Vergütung am Arbeitserfolg (sogenannter Akkordlohn) festgemacht werden. Eine einmalige Zahlung kann einen Dienstvertrag darstellen, etwa bei einer einzelnen Musikstunde. Eine dauerhafte und wiederkehrende Zahlung kann ein Werkvertrag sein, wie der Wartungsvertrag eines Schornsteinfegers.

5. Der Werkvertrag lässt sich vom Dienstvertrag strikt nach Selbstständigkeit und Weisungsgebundenheit des Beauftragten abgrenzen.

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Nein!

Auch die Selbstständigkeit und Weisungsgebundenheit führt nicht zwingend zu einer bestimmten Einordnung. Der Vertrag zwischen einem Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist zwar stets ein Dienstvertrag (§ 611a BGB). Ob der Schuldner selbständig oder weisungsgebunden ist, führt jedoch zu keinem eindeutigen Ergebnis. Beispiel: Der Werkunternehmer kann engen Vorgaben durch den Besteller unterliegen, etwa bei einer Maßanfertigung. Der Selbstständige kann einen Dienstvertrag eingehen, etwa bei einem ärztlichen Behandlungsvertrag.

6. Zur Abgrenzung zwischen dem Dienst- und Werkvertag bedarf es der Auslegung des Vertragsinhalts im Einzelfall.

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Genau, so ist das!

Für die Zuordnung ist nicht entscheidend, wie die Parteien den Vertrag bezeichnet haben. Zur Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag kommt es vielmehr darauf an, ob nach dem Vertrag eine Tätigkeit oder auch ein Erfolg geschuldet ist. Bei dieser Auslegung spielen der Vertragsgegenstand (hier eine Reparatur), die Art der Vergütung oder die Weisungsgebundenheit des Schuldners zwar eine Rolle. Sie legen das Ergebnis jedoch nicht fest. Bei der Abgrenzung geht es letztlich um die Risikoverteilung, also darum, welche Partei das Risiko für das Ausbleiben des Erfolges trägt. Dabei kann entscheidend sein, wie ungewiss der Erfolg ist.

7. Nach Auslegung des Vertrags zwischen B und U ist eine reparierte Dusche geschuldet. Es liegt damit ein Werkvertrag vor (§ 631 BGB).

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Ja, in der Tat!

Der Vertrag ist gem. §§ 133, 157 BGB dahingehend auszulegen, ob ein Erfolg oder eine Tätigkeit geschuldet war. Ein Indiz zur Erforschung des Parteiwillens ist die Risikoverteilung.Sowohl U und B sind bei Vertragsschluss davon ausgegangen, dass die Reparatur sicher möglich ist. Auch der Gegenstand des Vertrages als Reparaturleistung ist nach der Verkehrsanschauung meist ein Werkvertrag. Der U übt die Reparatur zudem eigenverantwortlich aus. Ein auf einen Dienstvertrag hindeutendes Weisungsrecht des B besteht auch nicht.

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