Strafrecht

Strafprozessrecht

Die Verfahrensbeteiligten

Verteidiger 1 – Wahrheits-, Fürsprache- und Verschwiegenheitspflicht

Verteidiger 1 – Wahrheits-, Fürsprache- und Verschwiegenheitspflicht

18. April 2025

9 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T wird wegen Totschlags angeklagt. Er trifft sich mit dem Verteidiger V, beginnt das Gespräch mit den Worten: „Ich hab Mist gebaut.“ und erzählt V jedes Detail von der begangenen Tat. In der Hauptverhandlung sagt ein vom Gericht geladener Zeuge zur Überraschung des V falsch aus und verschafft dem T ein Alibi. Das Gericht gibt zu erkennen, dass es seine Zweifel an der Schuld des T nicht überwinden kann.

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Einordnung des Falls

Verteidiger 1 – Wahrheits-, Fürsprache- und Verschwiegenheitspflicht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V muss im Strafverfahren die Wahrheit sagen.

Ja!

Der Verteidiger ist als Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtpflege (§ 1 BRAO). Als Organ der Rechtspflege hat der Verteidiger eine Wahrheitspflicht. Er darf nur vortragen, was auch der Wahrheit der entspricht und die Interessen seines Mandanten nicht auf Kosten der Wahrheit durchsetzen. Der Verteidiger hat kein Recht zur Lüge und darf auch nicht durch die aktive Verdunkelung und Verzerrung des Sachverhalts die Wahrheitserforschung erschweren oder Beweisquellen verfälschen. Zulässig ist es aber, dem Beschuldigten den Rat zu erteilen zu schweigen. V darf wegen seiner Wahrheitspflicht nur sagen, was wahr ist.
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2. V muss wegen seiner Wahrheitspflicht in der Hauptverhandlung eine Verurteilung des T beantragen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Wahrheitspflicht des Verteidigers wird begrenzt durch seine Fürsprachepflicht. Fürsprachepflicht bedeutet, dass der Verteidiger den Auftrag hat, die Interessen des Beschuldigten wahrzunehmen. Er ist zur Einseitigkeit verpflichtet, nicht zur Objektivität. Der Verteidiger muss auf Freispruch plädieren, selbst wenn er den Angeklagten für schuldig hält, der Schuldnachweis im Verfahren aber nicht geführt ist. Hier ist das Gericht nicht von der Schuld des T überzeugt, weshalb V im Interesse des T einen Freispruch beantragen muss.

3. V muss in der Hauptverhandlung nicht von sich aus den wahren Sachverhalt vortragen.

Ja, in der Tat!

Die Wahrheitspflicht des Verteidigers wird auch begrenzt durch seine Verschwiegenheitspflicht. Verschwiegenheitspflicht bedeutet, dass der Verteidiger belastende Umstände nicht ohne Zustimmung seines Mandanten offenbaren darf. Alles was der Verteidiger sagt, muss also wahr sein. Er darf und muss die Wahrheit aber manchmal verschweigen. Rechtlich abgesichert wird diese Pflicht durch den Straftatbestand des § 203 StGB. V hat Kenntnis von den belastenden Umständen erlangt und von T keine Zustimmung zur Offenbarung erhalten.

4. V muss intervenieren, wenn der Zeuge T ein falsches Alibi verschafft.

Nein!

Aus der Begrenzung der Wahrheitspflicht durch die Fürsprache- und Verschwiegenheitspflicht folgt, dass der Verteidiger nur das vorbringen soll, was für den Mandanten spricht und sein Interesse an Geheimhaltung nicht verletzt. Der Verteidiger, der es besser weiß, darf nicht im Interesse der Wahrheit intervenieren, weil er zur Verschwiegenheit und Einseitigkeit verpflichtet ist. V darf nicht intervenieren.

5. V dürfte selbst keinen Zeugen benennen, von dem er weiß, dass er dem Angeklagten ein falsches Alibi verschaffen wird.

Genau, so ist das!

Verteidiger selbst dürfen nur vortragen, was auch der Wahrheit der entspricht. Benennt der Verteidiger einen Zeugen in dem Wissen, dass dieser dem Beschuldigten ein falsches Alibi geben wird, verstößt er gegen die Wahrheitspflicht. Er muss daher diese Benennung unterlassen. Hat der Verteidiger dagegen kein positives Wissen, sondern zweifelt nur an der Richtigkeit der Behauptung seines Mandanten, braucht er nicht untätig zu bleiben. Selbst erhebliche Bedenken hindern ihn hier nicht.
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