Sachliche Zuständigkeit Strafrichter II/Strafgewalt
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T verprügelt in Hamburg den O. Die Staatsanwältin klagt den T beim Strafrichter am AG Hamburg an, weil sie eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten erwartet. Erst während der Hauptverhandlung stellt sich heraus, dass der T einen Baseballschläger verwendet hat und eine Freiheitsstrafe von vier Jahren zu verhängen ist.
Einordnung des Falls
Sachliche Zuständigkeit Strafrichter II/Strafgewalt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Anklage ist beim AG Hamburg zu erheben.
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Genau, so ist das!
2. Als Spruchkörper ist der Strafrichter zuständig.
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Ja, in der Tat!
3. Der Strafrichter kann T zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilen.
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Ja!
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Tr(u)mpeltier junior
26.11.2020, 17:59:07
Hier könnte man für das Verständnis vllt noch hinzufügen, dass der Strafrichter bei Eröffnung des Verfahrens durchaus seine Zuständigkeit prüft, es liegt also nicht im Ermessen der StA wo das Verfahren eröffnet wurde. Nur wenn - wie hier - zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar ist, dass eine höhere straferwartung in Betracht kommt (zB wegen Änderung der Tatsachen in der HV), kann der Strafrichter bis zu 4 Jahre Freiheitsstrafe verhängen.

Eigentum verpflichtet 🏔️
27.11.2020, 14:04:36
Hallo TJ, danke für den Kommentar, wir stellen jetzt explizit auf den Zeitpunkt der Anklageerhebung ab, um das klarzustellen.

iudexaquo
22.10.2022, 06:30:26
Wie genau ist das zu verstehen, dass das Gericht die Sache dann an das LG verweist? Führt das LG das Verfahren dann einfach weiter oder fängt es komplett von vorne an? (das letzte halte ich aber tatsächlich für eher unwahrscheinlich)

Lukas_Mengestu
27.10.2022, 09:39:06
Hallo Demet, im Strafprozess gilt der Unmittelbarkeitsgrundsatz, d.h. das Gericht muss sich im Rahmen der Hauptverhandlung einen unmittelbaren EIndruck vom Tatgeschehen machen (§ 261 StPO). Eine "Übernahme" des bisherigen Verfahrensstandes stünde damit im Widerspruch, d.h. bei einer Verweisung an das LG muss tatsächlich die Hauptverhandlung inklusive Beweisaufnahme neu durchgeführt werden. Gleiches gilt übrigens auch bei der Zurückverweisung nach erfolgreicher Revision, wenn der BGH die getroffenen Feststellungen aufhebt (§ 353 Abs. 2 StPO). Gerade bei länger andauernden Prozessen ist dies natürlich mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Eine Verweisung soll letztlich deswegen auch nicht leichtfertig ausgesprochen werden. Wegen unzureichender Strafgewalt des AG (§ 24 Abs. 2 GVG) darf an das Landgericht vielmehr erst verwiesen werden, wenn die Verhandlung so weit geführt ist, dass der Schuldspruch feststeht, und sich die Straferwartung so weit verfestigt hat, dass nicht mehr zu erwarten ist, eine mildere Beurteilung werde noch eine Strafe im Rahmen seiner Strafgewalt als ausreichend erscheinen lassen (KK-StPO/Greger, 8. Aufl. 2019, StPO § 270 Rn. 11). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Faby
30.4.2023, 09:57:42
Also gibt es keine Situation, in der der Strafrichter sich wegen neuer Erkenntnisse in der HV zu einem Schöffengericht upgraded? :D

DominickKantor
5.10.2023, 08:01:50
Genau :)
Kinginthenorth2
11.11.2023, 11:40:43
Ich finde die Aufgabe missverständlich. Der Aufgabentext bezieht sich auf das Hauptverfahren und die Fragen beginnen dann mit der Entscheidung über das zuständige Gericht. Vorschlag: Zwei Aufgaben, bei der sich eine mit der Zuständigkeit und die zweite dann mit dem Strafbann beschäftigt.