Fall: Beweislastumkehr, § 327k BGB

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V bestellt bei Unternehmer U eine CD. Als diese ankommt, spielt V sie rauf und runter. Nach zwei Monaten lässt sie sich jedoch nicht mehr abspielen, obwohl sie keine Kratzer hat. Als V den U kontaktiert, erwidert U, dass der Fehler der CD an ihr liege. Er könne da nichts machen.

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Einordnung des Falls

Fall: Beweislastumkehr, § 327k BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Bereitstellungszeitpunkt fällt auf den Vertragsschluss zwischen U und V (§ 327b Abs. 3 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Die CD selbst ist körperlicher Datenträger, der als Träger für digitale Inhalte dient (§ 327 Abs. 5 BGB), so dass die §§ 327 ff. BGB Anwendung finden. Allerdings mit der Ausnahme von § 327b BGB, der die Bereitstellung regelt. Stattdessen sind die allgemeinen Vorschriften für die Übergabe entscheidend (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB). Die digitalen Inhalte auf der CD werden bereitgestellt, wenn die CD an V übergeben wird. Die CD wurde nicht bei Bestellung, sondern erst mit der Lieferung an V übergeben.
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2. Die CD weicht zwei Monate nach der Bereitstellung von den objektiven Anforderungen ab (§ 327e BGB).

Ja!

Ein digitales Produkt weist einen Mangel auf, wenn es (1) den subjektiven oder objektiven Anforderungen oder den Anforderungen an die Integration nicht gerecht wird (§ 327e BGB) und dies (2) bereits zum Zeitpunkt der Bereitstellung vorlag. Die gelieferte CD lässt sich nach zwei Monaten nicht mehr abspielen. Die eignet sich also jedenfalls nicht mehr für die gewöhnliche Verwendung (§ 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB). Es liegt jedenfalls nach zwei Monaten ein Produktmangel vor.

3. V kann nicht beweisen, dass der Mangel schon bei der Bereitstellung vorlag. Hat V deshalb keine Chance ihre Gewährleistungsrechte vor Gericht geltend zu machen?

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 327k BGB sieht eine Beweislastumkehr vor. Demnach muss der Verbraucher das Vorliegen des Mangels nicht beweisen, wenn sich der Mangel innerhalb eines Jahres nach Bereitstellung (Abs. 1) oder während des Bereitstellungszeitraums (Abs. 2) zeigt. Vorliegend liegt ein Kaufvertrag zugrunde. Anders als bei Dauerschuldverhältnissen ist daher auf den Bereitstellungspunkt und nicht -zeitraum abzustellen. Maßgeblich ist also Abs. 1. Der Bereitstellungzeitpunkt ist also der, an dem das digitale Produkt bei V ankommt. Der Mangel hat sich bei V innerhalb eines Jahres nach Bereitstellung gezeigt. Es findet eine Beweislastumkehr statt. Somit hat U zu beweisen, dass der Mangel nicht vorliegt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

16.4.2024, 21:21:36

Wie ist das Merkmal der Dauerhaftifgkeit in § 327k Abs. 2 BGB zu verstehen? Wie wäre es beispielsweise mit einem nur für 24 Stunden digital „ausgeliehenen“ Film? Genügt die kurze Zeitspanne für die Dauerhaftigkeit?

MAG

Magnum

29.7.2024, 16:01:03

Nach meinem Verständnis wird die CD als digitaler Datenträger aber gerade nicht bereitgestellt, sondern übergeben, da gem. § 327 V gerade §§ 327b, 327c ausgesschlossen sind.

MAT

Matschegenga

30.9.2024, 14:33:38

Macht Sinn. Allerdings würde das zu dem Ergebnis führen, dass es bei Verbraucherkaufverträgen über körperliche Datenträger iSd § 327 V BGB keine Beweislastumjehr gäbe. Denn § 327k BGB setzt eine Bereitstellung voraus, und §

477 BGB

ist ausdrücklich ausgeschlossen gem. § 475a I BGB. Das erscheint mir nicht plausibel. Ich sehe das eher so: Wenn man nach dem

Wortlaut

des § 327 V BGB geht, so erfolgt auch bei solchen Verträgen eine "Bereitstellung von körperlichen Datenträgern", sodass im Rahmen des § 327k BGB darauf abgestellt werden könnte. Den Ausschluss von § 327b,§327c BGB deute ich so, dass etwa bzgl. Leistungsbewirkung und -erfolg allgemeines Schuldrecht anzuwenden sein soll: §§ 323/281 BGB finden dann etwa direkt Anwendung, wobei für die Leistungsbewirkung nicht auf die Bereitstellung iSd § 327b, sondern die allgemeinen Regelungen des KV gelten (Übergabe und

Übereignung

des Datenträgers iSd § 433 I 1 BGB). Das macht doch irgendwo auch Sinn, denn bei körperlichen Datenträgern dürfte die Bereitstellung des digitalen Produkts ohnehin nicht von der Übergabe des Datenträgers zu trennen sein.


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