Zivilrecht

Werkrecht

Charakteristik und Abgrenzung

Abgrenzung zum Geschäftsbesorgungsvertrag, § 675

Abgrenzung zum Geschäftsbesorgungsvertrag, § 675

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B möchte sein Vermögen in Aktien investieren. B schließt mit dem Vermögensberater U einen Vertrag. U soll ihm einen „guten Mix“ an Aktien kaufen.

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Einordnung des Falls

Abgrenzung zum Geschäftsbesorgungsvertrag, § 675

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch einen Werkvertrag verpflichtet sich der Unternehmer, dem Besteller gegen Entgelt ein Werk herzustellen oder einen sonstigen Erfolg herbeizuführen (§ 631 BGB).

Ja!

Beim Werkvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen (=synallagmatischen) Vertrag. Der Unternehmer (=Schuldner) verpflichtet sich dabei, ein Werk herzustellen; der Besteller (=Gläubiger) verpflichtet sich, die Vergütung zu zahlen (§ 631 Abs. 1 BGB). Beim Werk kann es sich um die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder jeden anderen durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführenden Erfolg handeln (§ 631 Abs. 2 BGB).
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2. U schuldet lediglich ein Tätigwerden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ob U einen Erfolg schuldet, muss durch Auslegung ermittelt werden (§§ 133, 157 BGB). U soll dem B einen „guten Mix“ an Aktien kaufen. Es genügt also nicht, wenn U lange überlegt und sich schlussendlich nicht entscheiden kann. U muss vielmehr einen Erfolg, ein fertiges Aktienportfolio, herbeiführen.

3. Wenn der Vertrag eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag kann es sich um einen Dienst- oder Werkvertrag handeln, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§ 675 Abs. 1 BGB). In Abgrenzung zu einem Auftrag ist dieser entgeltlich. Auf ihn finden zusätzlich bestimmte Vorschriften aus dem Auftragsrecht ergänzende Anwendung. Es handelt sich dabei also nicht um einen eigenständigen Vertragstypus, sondern lediglich um eine Variante des Dienst- oder Werkvertrages.

4. Eine Geschäftsbesorgung im Sinne des § 675 BGB ist jede (1) selbständige Tätigkeit (2) wirtschaftlicher Art zur (3) Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen.

Ja!

Damit ist dieser Begriff enger als der Begriff der Geschäftsbesorgung im Auftragsrecht nach § 662 BGB („jede fremdbezogene Tätigkeit“). Eine selbständige Tätigkeit setzt eigenverantwortliche Überlegungen und Willensbildung des Geschäftsbesorgers voraus. Eine Tätigkeit ist wirtschaftlicher Art, wenn sie sich unmittelbar auf das Vermögen des Geschäftsherrn bezieht (etwa Bankgeschäfte oder Steuerberatung). Fremde Vermögensinteressen wahrt, wer Tätigkeiten übernimmt, für die ursprünglich der Geschäftsherr selbst in Wahrnehmung seiner Vermögensinteressen zu sorgen hatte. Deshalb ist meist ein Tätigwerden im Rechtsverkehr für den anderen erforderlich, etwa durch Vollmacht und Verfügungsbefugnis.

5. U ist selbständig tätig.

Genau, so ist das!

Eine selbständige Tätigkeit setzt eigenverantwortliche Überlegungen und Willensbildung des Geschäftsbesorgers voraus. Abhängige Verhältnisse (wie bei einem Arbeitsvertrag) sind daher nicht selbständig.U soll eigenständig die besten Geldanlagen ausarbeiten. Er muss sich überlegen, welche Aktien und Wertpapiere er kaufen soll. Dabei untersteht er nicht den Weisungen des B.

6. U’s Tätigkeit ist wirtschaftlicher Art.

Ja, in der Tat!

Wirtschaftlicher Art ist eine Tätigkeit, wenn sie sich unmittelbar auf das Vermögen des Geschäftsherrn bezieht. Dies ist etwa bei einem Vertrag mit einem Arzt oder Erzieher nicht der Fall.U soll sich um die Geldanlage des B kümmern. Wie B sein Geld anlegen soll, bezieht sich unmittelbar auf dessen Vermögen.

7. U wahrt nur eigene Vermögensinteressen anstatt die des B.

Nein!

Fremde Vermögensinteressen wahrt, wer Tätigkeiten übernimmt, für die ursprünglich der Geschäftsherr selbst in Wahrnehmung seiner Vermögensinteressen zu sorgen hatte. Deshalb ist meist ein Tätigwerden im Rechtsverkehr für den anderen erforderlich.Es ist ursprünglich B’s Angelegenheit, sich um die Anlage seines Vermögens zu kümmern. Es ist auch B’s Interesse, dass sein eigenes Vermögen gut angelegt wird. Um für B Aktien zu kaufen, muss U auch für diesen im Rechtsverkehr tätig werden. Zwar ist es durch den Vertrag auch in U’s Interesse, dass B’s Vermögen ordentlich angelegt wird. Das steht der Wahrung fremder Vermögensinteressen aber nicht entgegen.

8. Der Vertrag zwischen U und B hat eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand.

Genau, so ist das!

U’s Tätigkeit ist selbständig, wirtschaftlicher Art und er wahrt die Vermögensinteressen des B. Zusätzlich zum Werkvertragsrecht finden daher bestimmte Normen des Auftragsrechts Anwendung (§ 675 Abs. 1 BGB).
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