Werklieferungs- und Werkverträge II

15. Januar 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Verbraucherin V beauftragt Unternehmerin U, ihr ein eigenes Videospiel nach ihren Vorstellungen zu fertigen. U überreicht V das Spiel. Zunächst ist V glücklich und bezahlt U. Nachdem V das Spiel aber drei Monate gespielt hat, hängt sich das Spiel plötzlich ständig auf.

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Einordnung des Falls

Werklieferungs- und Werkverträge II

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es liegt eine mangelhafte Werkleistung vor (vgl. § 633 Abs. 2 S. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

V und U haben einen Werkvertrag geschlossen. Das Werk (Videospiel) eignet sich weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 633 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB) noch für die gewöhnlich Verwendung (§ 633 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB).
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2. V hat das Spiel abgenommen (§ 640 BGB).

Ja!

Wegen der Gefahrtragungsregelung des § 644 BGB muss der Mangel bei Gefahrübergang vorliegen. Der Gefahrübergang geschieht mit der Abnahme des Werks (§ 644 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Abnahme ist die körperliche Entgegennahme des Werks zusammen mit einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Erklärung des Bestellers, dass er das Werk in der Hauptsache vertragsgemäß anerkenne. Zum Zeitpunkt der Übergabe des Videospiels war V noch zufrieden mit dem Videospiel. Sie hat es als vertragsgemäß angenommen.

3. V kann nicht beweisen, dass der Mangel des Videospiels bei der Abnahme schon bestand. Hat sie deswegen keine Chance, Gewährleistungsrechte gegen U durchzusetzen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Mit dem Gefahrenübergang geht im Werkvertragsrecht die Beweislast auf den Besteller über. Dann wäre tatsächlich eine (gerichtliche) Durchsetzung schwierig. Vorliegend ist das werkvertragliche Gewährleistungsrecht aber gar nicht anwendbar. Vielmehr ist § 650 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB einschlägig. Gemäß § 650 Abs. 2 S. 2 BGB gelten die Gewährleistungsrechte der Regelungen über digitale Produkte.

4. V hat einen Anspruch auf Nacherfüllung (§§ 327i Nr. 1, 327l BGB).

Ja, in der Tat!

Die Voraussetzungen der Nacherfüllung sind (1) die Bereitstellung eines (2) digitalen Produkts, welches (3) einen Mangel aufweist und (4) ein Nacherfüllungsverlangen des Verbrauchers. Die Nacherfüllung ist bei objektiver oder subjektiver Unmöglichkeit ausgeschlossen (§ 327l Abs. 2 S. 1 BGB). Das Videospiel stellt einen digitalen Inhalt dar. Da sich das Spiel ständig aufhängt, entspricht es nicht den objektiven Anforderungen i.S.d. § 327e Abs. 1 S. 1 Var. 2, Abs. 3 Nr. 1 BGB und ist daher mangelhaft.

5. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung der Mangelhaftigkeit ist der Zeitpunkt der Bereitstellung (§ 327e Abs. 1 S. 1, 327d BGB).

Ja!

Bei einer einmaligen Bereitstellung kommt es für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit auf den Zeitpunkt der Bereitstellung an.

6. Allerdings kann V nicht beweisen, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt der Bereitstellung vorlag. Hat V also auch nach dem Recht der digitalen Produkte keine Chance ihre Gewährleistungsrechte durchzusetzen?

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 327k BGB sieht eine Beweislastumkehr vor. Demnach muss der Verbraucher nicht beweisen, dass der Mangel bereits bei der Bereitstellung vorlag, wenn sich der Mangel innerhalb eines Jahres nach Bereitstellung (Abs. 1) oder während des Bereitstellungszeitraums (Abs. 2) zeigt. Vorliegend liegt ein Werkvertrag zugrunde. Anders als bei Dauerschuldverhältnissen ist daher auf den Bereitstellungspunkt und nicht -zeitraum abzustellen. Der Bereitstellungzeitpunkt ist der, an dem das digitale Produkt bei V ankommt. Der Mangel hat sich bei V innerhalb eines Jahres nach Bereitstellung gezeigt. Es findet eine Beweislastumkehr statt. Somit hat U zu beweisen, dass kein Mangel bei der Bereitstellung vorlag.
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