Beschädigung eines Autos durch Luft-Ablassen der Reifen?
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T will sich bei P rächen. Er will sich aber nicht strafbar machen wegen Sachbeschädigung. Statt dem P die Reifen aufzustechen, öffnet T stattdessen die Ventile und lässt die Luft ab.
Einordnung des Falls
Beschädigung eines Autos durch Luft-Ablassen der Reifen?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Nach § 303 Abs. 1 StGB ist es strafbar, wenn man eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, es sei denn man ist dazu berechtigt (z.B. als Eigentümer der Sache).
Genau, so ist das!
2. Indem T die Luft aus den Autoreifen gelassen hat, hat er das Auto des P "beschädigt" (§ 303 Abs. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
3. T dachte, das Luft-Ablassen sei nicht strafbar. Er hat deshalb ohne Vorsatz gehandelt.
Nein!
4. Für eine Sachbeschädigung erhält der Täter eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis maximal zwei Jahre.
Genau, so ist das!
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Juristenfuchs
31.3.2020, 08:24:00
Das Beispiel passt nicht ganz: „[…] eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, es sei denn man ist dazu berechtigt (z.B.Eigentümer der Sache)“ Für den Eigentümer ist die Sache jedoch schon nicht fremd.
gelöscht
31.3.2020, 08:42:29
Ebend - weil eine Sache dem Eigentümer aufgrund seiner Eigentümereigenschaft nicht fremd ist, ist er zur Einwirkung auf sein Eigentum berechtigt. Das beinhaltet auch die Zerstörung. Oder was meinst du genau 🤔?
Tr(u)mpeltier
31.3.2020, 10:09:09
Was Juristenfuchs zu Recht anmerkt, ist, dass das Merkmal der Berechtigung andere Konstellationen ausschließen soll. Hier geht es primär darum, dass der Eigentümer einem Dritten erlaubt, sein Eigentum zu beschädigen oder zu zerstören. Natürlich ist auch der Eigentümer dazu berechtigt, dies müsste aber nicht gesondert in der Definition aufgeführt werden, da der (Allein-) Eigentümer bereits durch das Merkmal fremd als tauglicher Täter ausscheidet.
Juristenfuchs
31.3.2020, 10:14:48
@Tr(u)mpleiter: genau darauf wollte ich hinaus. Ist der Schädiger nämlich Eigentümer und ist ihm die Sache daher nicht fremd, liegt schon dem Grunde nach keine Sachbeschädigung vor. Genau, auch ich verstehe es so, dass die Berechtigung auf die Konstellation der Einwilligung zugeschnitten ist.
LisaMarie20
25.1.2021, 14:22:32
In unseren Unterlagen wurde dieses Beispiel besprochen. Jedoch wurde auch sie Ansicht vertreten dass es „einfach“ sei, die Reifen wieder mit Luft zu befüllen, die Brauchbarkeit also nicht erheblich beeinträchtigt wäre und demnach keine Sachbeschädigung vorliegen würde. Ist das eine Einzelfallentscheidung?
Tr(u)mpeltier junior
25.1.2021, 16:21:08
Hi Lisa, das ist tatsächlich ein wenig vom Sachverhalt abhängig. Geht es zB um ein Fahrrad, das ggfs sogar noch eine Pumpe an der lenkerstange befestigt hat oder lasse ich die Luft am autoreifen heraus, während das auto an der Tankstelle neben einer entsprechenden Anlage zum aufpumpen steht, dann dürfte eine Beschädigung eher zu verneinen sein. Der "Schaden" ist sehr leicht zu beseitigen. Anders dagegen, wenn das Auto vor deiner Haustür steht und dir eine solch unkomplizierte Maßnahme nicht zur Verfügung steht. Auf den letztgenannten Fall dürfte der Sachverhalt abzielen.
ehemalige:r Nutzer:in
21.10.2022, 21:31:32
Zur Situation passt doch auch der § 303 Abs. 2 StGB. T hat das Erscheinungsbild erheblich geändert. Spielt der Paragraph in der Situation noch eine Rolle?
![Lukas_Mengestu](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__x133cq1so0il85q8i03wkixhy.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Lukas_Mengestu
26.10.2022, 18:35:34
Hallo M_, aufgrund des im Strafrecht geltenden Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG) ist es hier besonders wichtig, nicht über den Wortlaut der entsprechenden Norm hinauszugehen. Durch das Herauslassen der Luft ändert sich an dem Erscheinungsbild des Wagens bzw. des Reifens erst einmal nichts. Tatbestandlich erfasst werden vielmehr Fälle der Verunreinigung des Bemalens, Besprühens, Beschmierens, Überklebens... Insofern wäre hier nur auf § 303 Abs. 1 StGB abzustellen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Paula_schr
1.2.2024, 19:29:23
„Durch vollständiges Ablassen der Luft des am Fahrzeug montierten Reifens, kann das Metallgewebe im Reifen zerstört werden, dies ist auch nach Wiederbefüllung, auch wenn der Reifen die Luft hält, nicht festzustellen. Der Reifen muss aus Sicherheitsgründen ersetzt werden.“, hat mir mein Freund gerade als Input gegeben. Kann mir jemand sagen wie damit rechtlich umgegangen wird, sowohl im strafrecht als auch im Zivilrecht?
Leo Lee
3.2.2024, 14:07:59
Hallo Paula_schr, vielen Dank für den Input und deine sehr gute Frage! Wenn es in der Tat so sein sollte, dass unser Täter die Luft vollständig ablässt, sodass das Metallgewebe zerstört wird und deshalb ersetzt werden muss, würde in der Tat entweder Zerstörung (wenn Metallgewebe völlig unbrauchbar wird) oder Beschädigung (Brauchbarkeit nicht unerheblich beeinträchtigt wird) vorliegen. Zivilrechtlich würde ein Anspruch aus §§ 823 I, 823 II i.V.m. 303 I StGB und auch 1004 BGB in Betracht kommen (und wenn der Besitz betroffen ist auch die Normen der 858 ff. und 1007) :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo