Commodum ex negotiatione (§ 285 BGB)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft von Hobbyradlerin R für €1.200 ein gebrauchtes Rennrad (Wert: €1.200). Bevor sie es abholen kann, verkauft R das Rad an Fahrradnarr F für €2.000. Er liebt das Rad und will es unter keinen Umständen mehr hergeben.
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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K kann von R Übergabe und Übereignung des Rennrades verlangen.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. K hat einen ersatzfähigen Vermögensschaden erlitten, den sie nach §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB von R verlangen kann.
Nein!
3. K könnte gegen R einen Anspruch auf Herausgabe der €2.000, wenn die Voraussetzungen des § 285 BGB vorliegen.
Genau, so ist das!
4. Eine Herausgabe der €2.000 ist ausgeschlossen, da R das Geld durch ihr eigenes Verhandlungsgeschick und nicht unmittelbar durch die Übereignung des Rades erlangt hat.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
ehemalige:r Nutzer:in
17.8.2023, 14:59:20
Die K hat doch sehr wohl einen Schaden erlitten. Sie hat 1.200€ bezahlt, ohne das Rad zu erhalten. Ohne das schädigende Ereignis wäre sie Besitzerin eines Rennrads geworden, also liegt doch eine Vermögenseinbuße vor? Oder missachte ich gerade das Abstraktionsprinzip?
Leo Lee
19.8.2023, 11:54:20
Hallo aleyna611, in der Tat wäre K hier Besitzerin des Rennrads geworden. Beachte allerdings, dass wir beim Schaden umfassend alle Positionen, die durch den Schaden entstehen und entfallen reinrechnen. D.h., das zwar K das Rad nicht mehr kriegt im Wert von 1.200 Euro. Allerdings ist sie eben nicht mehr verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen (§ 326 I BGB), wodurch sie wieder um 1.200 Euro "reicher" ist. Folglich ergibt sich a.E. für K +-0, weshalb letztlich kein Schaden entstanden ist :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
Reus04
30.8.2023, 16:19:18
Felix Steinke
10.11.2023, 15:10:47
Mit dem Ergebnis K hat 2 TEUR, F das Fahrrad und V hat nichts mehr, tue ich mich schwer. Geht der Fall ggf. noch weiter? V hat zwar die
Unmöglichkeitder
Übereignungdes Fahrrads an K zu vertreten, da V dem F das Fahrrad übereignet hat. Jedoch steht V nach Herausgabe des Ersatzes = 2 TEUR auch OHNE Fahrrad da. Kann V von K wiederum die ursprüngliche Gegenleistung des Kaufvertrages mit K iHv 1,2 TEUR verlangen? Dies setzt voraus, das der Anspruch auf die Gegenleistung noch besteht. Bin ich da mit 326 III Satz 1 richtig unterwegs?
Leo Lee
11.11.2023, 18:04:01
Hallo Felix Steinke, dein Ansatz ist völlig richtig. V hat die
Unmöglichkeitin der Tat zu vertreten, jedoch ist dieses Verschulden hier nur für 283 (der eben ein
Vertretenmüssenvors.) relevant. Da jedoch K keinen ersichtlichen Schaden hat (sie ist ohne Fahrrad genauso „reich/arm“ wie mit), scheidet 283 aus. Nun zu 285 – die V steht in der Tat ohne Fahrrad da, jedoch hätte sie dieses Rad ja ohnehin eigentlich an die K übereigenen müssen (die dann auch 1.200 gezahlt hat). Somit muss sie das
Geld, was sie von dem neuen Käufer (als Ersatz für das Rad, das eig. K kriegen sollte) erhalten hat, an die K rausgeben. Und genau wie du sagt muss die K dann weiterhin wegen § 326 III 1 die Gegenleistung erbringen (nur hat sie dann 800 Euro Profit gemacht). Kurzum: Du bist völlig richtig unterwegs! Hierzu kann ich vertiefend MüKo-BGB 9. Auflage, Ernst § 326 Rn. 94 f. empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Flohm
5.3.2024, 09:48:36
wieso bekommt K nicht nur 800€? müsste man die 2000€ nicht mit den 1200€ aufrechnen?
Nora Mommsen
5.3.2024, 10:42:14
Hallo Flohm, danke für deine Frage! Aus § 285 Abs. 2 BGB ergibt sich unmittelbar, dass der Anspruch zu mindern ist, wenn der Gläubiger von seinem Recht Schadensersatz zu verlangen Gebrauch macht. Dem Grunde nach besteht aber erstmal ein Anspruch auf das Surrogat i.H.v. 2000 €. Wir haben die entsprechende Klarstellung in der Antwort ergänzt. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Johannes Nebe
27.8.2024, 09:28:09
Ich denke eher, der Kaufpreis von 1200 EUR wird gem. § 326 III 1 BGB verrechnet (s. @[Leo Lee](213375) im Parallelthread). § 285 II BGB käme zur Anwendung, wenn es einen Schadensersatz gegeben hätte. Den gab es hier wegen des fehlenden Schadens aber nicht. Wenn ich damit richtigliege, wäre der Vertiefungshinweis auf § 285 II BGB im Kontext des Falles irreführend.
benjaminmeister
15.12.2024, 11:47:38
Ich würde hier beiden Vorpostern widersprechen. § 285 Abs. 2 BGB findet wie @[Johannes Nebe](174311) dargelegt hat, keine Anwendung. Aber auch eine Verrechnung der Ansprüche erfolgt nicht "gem. § 326 III 1". § 326 III 1 besagt nur, dass im Falle der Geltendmachung des Anspruchs von § 285 der Gegenleistungsanspruch bestehen bleibt. Eine Verrechnung bestimmt die Norm gerade nicht. Da das stellvertretende
commodumauch vom Wert her nicht unter dem Gegenleistungsanspruch liegt, findet auch § 326 III 2 keine Anwendung. Grundsätzlich bleibt K also zur Zahlung von 1200 € verpflichtet, während er Herausgabe der 2000 € verlangen kann. Eine Verrechnung würde ganz normal nach den Regeln der Aufrechnung gem. §§ 387 ff. BGB erfolgen. Einen Gedanken den ich dazu hatte war, dass die Gleichartigkeit der Leistungen zum Problem werden könnte. Denn gem. § 285 I hat K Anspruch auf HERAUSGABE des Ersatzes (eigentlich kein Zahlungsanspruch; V ist zur Herausgabe der 2000 € verpflichtet, aber eigentlich ja NICHT zur ZAHLUNG von 2000 €) während V noch eine Kaufpreiszahlungsanspruch (also zu einer Zahlung verpflichtet ist) hat. Das "Problem" scheint aber (richtigerweise) einfach übergangen und die Gleichartigkeit zielführend bejaht zu werden. Dazu Looschelders, SchuldR AT, § 32 Rn. 8, der unproblematisch die Aufrechnung bejaht: "K hat von V am 12.3. einen gebrauchten Pkw (Wert: 8.000 EUR) zum Preis von 7.500 EUR gekauft. Am 15.3. verkauft und übereignet V das
Fahrzeuggegen Zahlung von 9.000 EUR an D. K hat gegen V einen Anspruch auf Herausgabe der 9.000 EUR aus § 285. Bei Geltendmachung dieses Anspruchs muss er nach § 326 III zwar den Kaufpreis entrichten. Nach Aufrechnung bleibt aber eine Differenz von 1.500 EUR.".
Major Tom(as)
30.10.2024, 08:38:20
Liebes Jurafuchs-Team, Auch hier steht beim § 285-Anspruch wieder nur, dass die Person einen Anspruch "könnte". Vielleicht könnt ihr ja bei der nächsten Bearbeitung ein "haben/ zustehen" ergänzen :) Danke!
Christian Leupold-Wendling
30.10.2024, 08:45:35
Hallo Major Tom(as), vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Christian Leupold-Wendling, für das Jurafuchs-Team