Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Fahrlässige Tötung, § 222 StGB
Fahrlässige Tötung (§ 222 StGB)
Schema: Fahrlässige Tötung (§ 222 StGB)
16. Februar 2025
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Wie prüfst Du die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB)?
Tatbestandsmäßigkeit
Tod eines anderen Menschen
Tatobjekt ist ein anderer Mensch. Der Taterfolg (= Tod) meint das Ende der Hirntätigkeit (Hirntod).
Kausale Handlung
Nach der Feststellung, dass ein anderer Mensch tot ist, prüfst Du die Tathandlung und ob diese kausal für den Tod ist. Hier gelten die allgemeinen Grundsätze zur Kausalität.
Objektive Sorgfaltspflichtverletzung
Nach der Rspr. und h.L. setzt die Verwirklichung eines Fahrlässigkeitsdelikts zentral voraus, dass der Täter eine objektive Sorgfaltspflicht verletzt. Wann eine Sorgfaltspflichtverletzung vorliegt, ergibt sich allerdings nicht aus der verletzten Strafnorm selbst, sondern muss aus externen Quellen bestimmt werden. Als Quellen in Betracht kommen sog. Sondernormen, Standards und Gepflogenheiten bestimmter Verkehrskreise sowie der allgemeine Sorgfaltsmaßstab des Durchschnittsbürgers.
Objektive Zurechnung
Ebenso wie bei Vorsatzdelikten muss auch bei Fahrlässigkeitsdelikten der Taterfolg dem Täter objektiv zurechenbar sein. Besonders bedeutsam sind dabei die Fallgruppen des Pflichtwidrigkeits- und Schutzzweckzusammenhangs.
Schutzzweckzusammenhang
Bei Fahrlässigkeitsdelikten muss im Rahmen der objektiven Zurechnung auch ein Schutzzweckzusammenhang bestehen. Dieser ist nur gegeben, wenn der Erfolgseintritt innerhalb des Schutzzwecks der verletzten Sorgfaltspflicht liegt. Das ist nicht der Fall, wenn die verletzte Sorgfaltspflicht nicht aufgestellt ist, um die konkrete Erfolgsverursachung zu verhindern.
Fälle hierzu findest Du hier. Pflichtwidrigkeitszusammenhang
Bei Fahrlässigkeitsdelikten muss im Rahmen der objektiven Zurechnung auch ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang bestehen. Dieser ist nach der Vermeidbarkeitstheorie gegeben, wenn der konkrete Erfolg bei pflichtgemäßen Alternativverhalten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermeidbar gewesen wäre.
Fälle hierzu findest Du hier.
Objektive Vorhersehbarkeit
Nach h.M. setzt eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit voraus, dass die Tatbestandsverwirklichung objektiv vorhersehbar war. Danach müssen der Erfolgseintritt sowie Kausalverlauf für einen Durchschnittsmenschen des jeweiligen Verkehrskreises absehbar gewesen sein. Dabei ist eine konkrete Wahrscheinlichkeitsbeurteilung vorzunehmen. Die generelle Möglichkeit theoretischer Entwicklungen reicht nicht aus.
Rechtswidrigkeit
Im Rahmen der Rechtswidrigkeit gibt es keine Besonderheiten zu beachten.
Fälle zur Prüfung der Schuld bei Fahrlässigkeitsdelikten findest Du hier. Allgemeine Entschuldigungsgründe
Auch bei Fahrlässigkeitsdelikten prüfst Du zunächst das Vorliegen allgemeiner Entschuldigungsgründe.
Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Vorhersehbarkeit
Neben den allgemeinen Entschuldigungsgründen musst Du im Rahmen der Schuld auch die subjektive Sorgfaltspflichtverletzung und subjektive Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts prüfen. Danach sind individuell geringere Fähigkeiten oder Kenntnisse bzw. die individuell verringerte Möglichkeit der Erfolgsvoraussicht zu berücksichtigen. Dabei können beispielsweise intellektuelle oder körperliche Mängel, mangelndes Erfahrungswissen oder Reaktionsvermögen, Affekt- oder Erregungszustände in Betracht kommen.
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