Materielles Zivilrecht
Dingliche Ansprüche
Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Ersatz nützlicher Verwendungen (§ 996 BGB)
Schema: Ersatz nützlicher Verwendungen (§ 996 BGB)
17. November 2025
7 Kommentare
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Wie prüfst Du einen Anspruch eines gutgläubigen Besitzers auf Ersatz der von ihm getätigten nützlichen Verwendungen (§ 996 BGB)?
Vindikationslage zum Zeitpunkt der Verwendung
Eine Vindikationslage besteht, wenn der Eigentümer einen Vindikationsanspruch hat (§ 985 BGB).
Üblicherweise steigst Du in Deine Prüfung damit ein, dass Du klar stellst, für welche Aufwendungen der Besitzer Ersatz verlangt (ohne bereits zu werten, ob es sich hierbei um nützliche Verwendungen handelt) und zunächst prüfst, ob diese Aufwendungen überhaupt im Rahmen eines EBVs getätigt wurden. Ist dies nicht der Fall, kannst Du Dir die Beurteilung, ob es sich um nützliche Verwendungen handelt „sparen“. Im Einzelfall können klausurtaktische Gründe aber auch für eine andere Prüfungsreihenfolge sprechen. Vornahme einer nützlichen Verwendung
Hier bietet es sich an, zunächst zu prüfen, ob eine Verwendung vorliegt. Anschließend ist zu erörtern, ob diese Verwendung nützlich war.
Redlichkeit des Besitzers bei Vornahme der Verwendung
Der Besitzer darf zum Zeitpunkt der Verwendung weder bösgläubig noch verklagt sein.
Ob der Besitzer im Zeitpunkt der Verwendungen redlich war, prüfst Du üblicherweise nachdem Du festgestellt hast, dass nützliche Verwendungen i.R.e. EBVs getätigt wurden. Eine andere Prüfungsreihenfolge kann aber auch richtig und je nach Klausurkonstellation sinnvoll sein. Werterhöhung der Sache durch die Verwendung zum Zeitpunkt der Wiedererlangung
Dadurch wird dem Besitzer das Risiko der fehlgeschlagenen Verwendungen auferlegt. Die Werterhöhung ist nach h.M. objektiv zu bestimmen.
Die Werterhöhung prüfst Du üblicherweise zum Schluss. Eine andere Reihenfolge ist aber nicht zwingend falsch.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
yangbo
27.4.2023, 16:49:41
Also, ich finde es komisch, wenn man hier dazwischen den Besitzertypen prüft und dann quasi im weiteren Verlauf wieder auf die Nützlichkeit der
Verwendungeneingeht. Bei der Bestimmung der Nützlichkeit würde man trotz der Objektivität doch entweder auf den Besitzer oder den Eigentümer abstellen, oder? Wir hatten an der Uni eine Tendenz zur Besitzerperspektive hingehend als Ausgleich für die scharfe 985er-Rechtsfolge auf der Primärebene (also dann doch eher subjektiv) oder was ist mit der Objektivität gemeint?
benjaminmeister
1.3.2025, 18:55:04
Ich denke die hier gewählte Prüfungsreihenfolge lässt sich gut mit dem Wortlaut von § 996 rechtfertigen. Objektivität meint den objektiven Verkehrswert und schützt daher das Entschädigungsinteresse des Besitzenden. Dass der Eigentümer subjektiv keinen Vorteil aus dem nun höheren objektiven Verkehrswert der Sache zieht, weil er sie z.B. anders nutzt/verwertet, ist unerheblich.
benjaminmeister
16.4.2025, 17:06:19
Objektive Betrachtung ist vorteilhaft für den unrechtmäßigen Besitzer; meinem Verständnis nach würde man bei der subjektiven Betrachtung auf den Eigentümer abstellen, aber das ist gerade nicht hM Edit: Dazu die entsprechende JF-Aufgabe: https://applink.jurafuchs.de/5uwDGNChCSb
Sege
7.5.2025, 11:03:08
Macht es nicht Sinn, den Zeitpunkt der Verwendung schematisch erst anzusprechen, nachdem man festgestellt hat, dass überhaupt eine Verwendung vorliegt?
Leo Lee
28.7.2025, 13:48:24
Hallo Sege, vielen Dank für deine Frage. Ich vermute mal, dass du den allerersten Punkt "I.
Vindikationslagezum Zeitpunkt der Verwendung" meinst. Obwohl es bei Aufgabefragen streng genommen kein Richtig oder Falsch gibt, ist es hier in der Tat wichtig, diesen Punkt voranzustellen. Denn die
Vindikationslageist aufgrund der Stellung des 994 im Gesetz (985 ff.) eine Art Anwendbarkeitsfrage. Wenn also die
Vindikationslage(Eigentümer-Besitzer ohne Besitzrecht) nicht vorliegt, dann hat es erst recht keinen Sinn, die Verwendung zu prüfen. Wenn du das andersrum prüfst, kann das sein (obwohl zuzugeben ist, dass ein EBV meistens ohnehin vorliegen wird), dass du die Verwendung perfekt prüft, um am Ende festzustellen, dass ohnehin keine
Vindikationslagegegeben war. Dann hast du Zeit verschwendet und überflüssige Ausführungen gemacht (und überflüssig heißt in der Juristerei meistens leider falsch). Um einen Vergleich zu ziehen: Das wäre ungefähr so, als würdest du bei 280 I, 241 II erstmal die
Pflichtverletzungprüfen, ehe du das Vorliegen eines
Schuldverhältnisses untersuchst. Falls du was anderes gemeint haben solltest, freue ich mich auf eine kurze Rückmeldung :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Sege
28.7.2025, 14:29:36
@[Leo Lee](213375) Macht Sinn, danke! Wie würde man das dann in der Klausur formulieren? Spricht man schon beim feststellen der
Vindikationslagebzw. dem Zeitpunkt davon von einer „Verwendung“? Das hört sich irgendwie so an als ob man das Ergebnis des nächsten schematischen Punktes schon vorwegnimmt. Oder bezeichnet man das dann bis zum Punkt der Verwendung anders, wie z.B. „
Vindikationslageim Zeitpunkt des relevanten Ereignisses“?
