Öffentliches Recht
Staatsorganisations-Recht
Gesetzgebungskompetenzen
geschriebene Gesetzgebungskompetenzen des Bundes (Art. 70ff. GG)
Schema: geschriebene Gesetzgebungskompetenzen des Bundes (Art. 70ff. GG)
7. März 2025
8 Kommentare
4,7 ★ (34.216 mal geöffnet in Jurafuchs)
Wie prüfst Du die geschriebenen Gesetzgebungskompetenzen des Bundes (Art. 70-74 GG)?
Herausarbeitung des Prüfungsgegenstands
Dieser Schritt stellt eine gedankliche Vorprüfung für die Gesetzgebungskompetenzen dar.
Aufspaltung von unverzahnten Regelungen
Ohne diesen Schritt könnte der Gesetzgeber eine kompetenzrechtlich problematische Regelung in einem größeren Regelungskomplex verstecken und so den anderen politischen Akteuren „unterjubeln“ (Telos). Daher ist nach dem Grundsatz der Spezialität für jede einzelne Regelung separat zu prüfen, ob und welcher Kompetenztitel einschlägig ist. Inhaltlich unzusammenhängende Regelungen sind an dieser Stelle voneinander zu trennen. Insbesondere Aufzählungen (vgl. nur § 1 Abs. 1 BNichtrSchG) sind ein Indiz für eine Mehrzahl an Regelungen. Sind in einer Klausur mehrere Regelungen zu prüfen, sind regelmäßig auch unterschiedliche Gesetzgebungskompetenzen einschlägig. Verbindung von verzahnten Regelungen
Mehrere Regelungen sind zu einem Prüfungsgegenstand zusammenzuführen, wenn eine Teilregelung mit einer Regelung oder einem Regelungskomplex derart eng verzahnt ist, dass sie als Teil der Schwerpunktregelung erscheint. Dann kommt es für die Zuordnung zu einem Kompetenztitel darauf an, wo der Schwerpunkt des Regelungskomplexes liegt.
Zuordnung des Prüfungsgegenstands zu einem Kompetenztitel
Die Zuordnung einer Regelung zu einem Kompetenztitel erfolgt anhand (1) des Normzwecks, (2) des Regelungsgegenstandes sowie der (3) Wirkungen und (4) Adressaten der Regelung (5) unter Berücksichtigung der Verfassungstradition. Die folgenden Prüfungsschritte kannst Du sauber mit der Struktur der Gutachtentechnik prüfen, um richtig Pluspunkte bei Deiner Korrektorin zu sammeln. Vor Allem solltest Du die Zuordnung zu einem Kompetenztitel solltest Du in einem sauberen Obersatz ankündigen. Auslegung des gewählten Kompetenztitels
Der Kompetenztitel muss sodann mithilfe der allgemeinen Auslegungskriterien (Wortsinn, Systematik, Telos und Historie) ausgelegt werden. Ist eine Definition in Rechtsprechung und Literatur etabliert, kann diese hier auch zugrundegelegt werden. Das BVerfG misst der historisch-genetischen Auslegung und damit insbesondere der Verfassungstradition („Staatspraxis“) im Rahmen der Gesetzgebungskompetenzen eine besondere Bedeutung bei. In der Prüfungssituation werden entsprechende Kenntnisse aber regelmäßig nicht erwartet. Dieser Schritt ist auf der Ebene der Definition in der Gutachtentechnik anzusiedeln. Insbesondere der systematische Vergleich verschiedener Kompetenztitel zeichnet Dich hier methodisch aus. Subsumtion des Prüfungsgegenstands unter den Kompetenztitel
Darauf folgt die Subsumtion des Prüfungsgegenstands unter den ausgelegten Kompetenztitel. Die bisherige Prüfung solltest Du mit einem Ergebnissatz abschließen.
Prüfung der Voraussetzungen des Kompetenztyps
Anschließend musst Du noch die Voraussetzungen des jeweils einschlägigen Kompetenztyps (Art. 71 GG oder Art. 72 Abs. 1-3 GG) prüfen. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, fehlt es an einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Am Ende Deiner Prüfung der Voraussetzungen des Kompetenztyps stellst Du das Ergebnis der Prüfung der Gesetzgebungskompetenzen fest.
Fundstellen
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DeliktusMaximus
14.4.2023, 03:30:06
Könnt ihr bitte das Kapitel zum Staatsorganisationsrecht etwas kleinschrittiger etwas weniger abstrakt gestalten? Ich weiß, dass das viel verlangt ist, in den anderen Kapiteln ist euch das allerdings auch gut gelungen.

Nora Mommsen
4.10.2023, 14:33:56
Hallo DeliktusMaximus, danke für deine Rückmeldung. Auch wenn die Antwort von uns jetzt sehr spät kommt, nehmen wir das Feedback mit und prüfen nochmal wie wir das Kapitel überarbeiten können. Es ist unser Ziel, dass alle Kapitel so hilfreich sind! Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Diaa
4.10.2023, 12:57:08
Sorry, aber Staatsorgan war nie mein Gebiet, deshalb muss ich paar, auch wenn dumme, Fragen stellen: Was besagen die Prüfungspunkte 1 und 2 bzw. was sind die sogenannten verzahnten und unverzahnten Regelungen? Was ist ein Kompetenztitel und was ist ein Kompetenztyp?

Nora Mommsen
4.10.2023, 14:48:43
Hallo Diaa, genau dafür ist das Forum gedacht. Um mal die Fragen stellen zu können, für die in den Vorlesungen vielleicht kein Raum ist. Ein Kompetenztitel ist eine Norm, die entweder den Bund oder das Land im Fall des Staatsorganisationsrechts, berechtigen Gesetze zu erlassen. Das ist quasi die staatsorganisationsrechtliche Parallele zu einer
Ermächtigungsgrundlage, die der Polizei erlaubt, eine bestimmte Handlung vorzunehmen. Der Kompetenztyp zeigt auf, wie und in welchem Umfang die Gesetzgebungskompetenz gegeben ist. Es gibt zum Beispiel
ausschließliche Gesetzgebungskompetenzen des Bundes, da dürfen die Länder nur dann tätig werden, wenn sie vom Bund ausdrücklich dazu ermächtigt werden. Es gibt konkurrierende Kompetenzen, es gibt Bedarfs und Kernkompetenzen und einiges mehr. Letztere beschreiben inhaltliche Anforderungen, die gewahrt sein müssen, damit eine Norm kompetenzgemäß erlassen wird. Mit verzahnten und unverzagten Reglungen ist Folgendes gemeint: Oft werden in einer Norm direkt mehrere Aspekte geregelt, die eng miteinander zusammenhängen. Unverzahnte Regelungen stehen zwar zusammen, hängen aber nicht inhaltlich zusammen sondern wurden nur "bei Gelegenheit" gleichzeitig erlassen. Dann kann ich relativ einfach für jeden Aspekt einzeln die Kompetenz zur Gesetzgebung prüfen. Wenn ich an eine Norm denke, die verschiedene Aspekte miteinander vereint ist das schwieriger. Nehmen wir als Beispiel eine Tierfarm. Es werden neue Anforderungen an die bauliche
Beschaffenheiterlassen und zwar unterschiedliche Aspekte aus unterschiedlichen Gründen. Aus Tierwohlgründen muss eine bestimmte Größe eingehalten sein, aus baurechtlichen Gründen darf das
Gebäudeeine gewisse Größe nicht überschreiten und aus Gesundheitsschutzgründen für die Mitarbeiter (Arbeitsschutz) muss eine Sicherheit durch Vorrichtungen gewährleistet sein, falls es mal zu einem Tumult zwischen den Tieren kommt. Zusätzlich dürfen aber nur bestimmte Lüftungssysteme eingebaut werden aus Pandemieschutzgründen, denn Krankheitserreger sollen sich nicht aus der Farm in die angrenzende Bebauung über die Luft übertragen. Dann sind das vier verschiedene Gründe, die in vier verschiedenen Kompetenztiteln im Grundgesetz angelegt sind. Dann muss ich für jede einzelne prüfen, ob das durch den konkreten Gesetzgeber (Bund oder Land) zulässig war. Das ist dann eine verzahnte Regelung. Es ist im Prinzip nur "eine Regelung", die verschiedene Aspekte vereint. Ich hoffe das hilft dir weiter! Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Diaa
4.10.2023, 17:27:19
Vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort @[
Nora Mommsen](178057) !! Das ergibt jetzt mehr Sinn.

Sege
3.2.2025, 17:34:16
sarah.studies
16.1.2025, 13:14:16
Da in der Erklärung unter dem Prüfungspunkt I. steht, dass es sich hi
erbei um eine gedankliche Prüfung handelt, habe ich mich gefragt, ob das bedeutet, dass ich erst ab dem II. Prüfungspunkt anfange zu schreiben, wenn ich mich in einer Klausur befinde?
Leo Lee
17.1.2025, 04:13:31
Hallo Sarahs.studies, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage und WILLKOMMEN bei Jurafuchs! Du hast völlig Recht. Bei gedanklichen Vorprüfungspunkten erstellst du (im Kopf) eine Skizze und überlegst dir, was überhaupt problematisch bzw. Prüfungsgegenstand ist (dh., du filterst erstmal, welcher Kompetenztitel überhaupt einschlägig sein könnte). Und erst ab II. fängst du an, runterzuschreiben :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo