Schema: Allgemeine Leistungsklage - Begründetheit
Die Verpflichtungsklage ist eine spezielle Form der allgemeinen Leistungsklage. Die Begründetheitsprüfung beider Klagearten ist also identisch! Wie prüfst Du die Begründetheit der allgemeinen Leistungsklage nach dem sog. „Anspruchsaufbau” ?
Anspruchsgrundlage
Bei der allgemeinen Leistungklage prüfst Du, was Du auch bei der Verpflichtungsklage prüfst. Der einzige Unterschied besteht darin, dass der Kläger eine tatsächliche Leistung und nicht den Erlass eines Verwaltungsakts begehrt. Begehrt der Kläger eine Leistung der Verwaltung, bedarf es zunächst einer passenden Anspruchsgrundlage, d.h. einer Norm, aus der der Kläger ein subjektives Recht gegenüber der Behörde auf Erlass des Verwaltungsakts ableiten kann. Diese ist zu Beginn des Anspruchsaufbaus zu identifizieren. Anspruchsgrundlagen finden sich vor allem in Vorschriften des besonderen Verwaltungsrechts. In der Klausur wirst Du in der Regel einen Hinweis darauf finden, in welchem Gesetz Du nachgucken musst. Manchmal musst Du die konkrete Anspruchsgrundlage aber selbst finden. Damit wird Deine Fähigkeit geprüft, mit fremden Normen umzugehen. Tatbestand
Nach der Identifikation der einschlägigen Anspruchsgrundlage beginnst Du mit der Prüfung, ob der Tatbestand der Anspruchsgrundlage auch erfüllt ist, also ob die Voraussetzungen gegeben sind, damit die Anspruchsgrundlage erfüllt ist und der Kläger sich auf sie berufen kann. Jede Anspruchsgrundlage hat - wie auch jede Ermächtigungsgrundlage - einen Tatbestand und eine Rechtsfolge. Führe Dir diese Normstruktur immer vor Augen und arbeite so juristisch sorgfältig. Nur weil der Tatbestand gegeben ist, heißt es noch nicht, dass feststeht, was die Rechtsfolge im jeweiligen Fall ist. Formelle Tatbestandsvoraussetzungen
Liegt eine Anspruchsgrundlage vor, prüfst Du im zweiten Schritt zunächst, ob die formellen Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage gegeben sind. Die zu verpflichtende Behörde muss sachlich, örtlich und instanziell zuständig sein. Lies die Anspruchsgrundlage genau und ggf. die Normen „drumherum“. Materielle Tatbestandsvoraussetzungen
Prüfungsschwerpunkt liegt regelmäßig darin, die materiellen Tatbestandsvoraussetzungen der Anspruchsgrundlage zu prüfen. Gehe hier strukturiert vor (orientiere Dich an der jeweiligen Anspruchsgrundlage) und argumentiere mit den Angaben im Sachverhalt. Voraussetzungen, die Du unproblematisch bejahen kannst, führst Du nur knapp aus. Sind Voraussetzungen strittig, argumentierst Du ausführlicher.
Rechtsfolge
Liegen die Voraussetzungen einer Anspruchsgrundlage vor, ist zu prüfen, welche Rechtsfolge an das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft ist. Das ist entscheidend dafür, ob ein Vornahmeurteil (vgl. § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO) oder lediglich ein Bescheidungsurteil (vgl. § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO) ergehen kann. Mangels eigener Regelungen zur allgemeinen Leistungsklage findet der Rechtsgedanke aus § 113 Abs. 5 VwGO Anwendung bzw. wird die Norm teilweise sogar analog auf die allgemeine Leistungsklage angewendet. Mache in der Klausur deutlich, dass Du die Norm nicht direkt anwendest. Ist die Rechtsfolge einer Anspruchsgrundlage eine gebundene Entscheidung der Behörde, liegt Spruchreife i.S.v. § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO vor. Eine gebundene Entscheidung bedeutet, dass die Behörde die begehrte Leistung erteilen muss, wenn die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage erfüllt sind. In diesen Fällen verpflichtet das Gericht die Behörde dazu, den konkreten Verwaltungsakt zu erlassen (= Vornahmeurteil). Liegt keine Spruchreife vor, etwa weil der Behörde Ermessen für die Entscheidung eingeräumt wird, kann in der Regel nur ein Bescheidungsurteil ergehen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
as.mzkw
26.8.2024, 11:11:48
§ 113 V VwGO regelt bereits seinem Wortlaut nach nur die Rechtsfolge für den Fall, dass es sich um eine Verpflichtungsklage handelt. Der Normverweis ist meinem Verständnis nach insofern unpräzise bzw. eigentlich schon falsch bezogen auf die
allgemeine Leistungsklage.
Linne_Karlotta_
26.8.2024, 17:09:56
Hallo @[as.mzkw](244917), danke für Deinen Hinweis. Du hast Recht: § 113 Abs. 5 VwGO bezieht sich ausdrücklich nur auf die Verpflichtungsklage. Aus diesem Grund steht in dieser Aufgabe auch das „vgl.“: Die Norm wird hier nicht direkt angewandt, sie wird lediglich als Stütze des allgemeinen Rechtsgedankens, dass eine Verpflichtung zur Leistung nur dann ausgesprochen werden kann, wenn Spruchreife besteht, herangezogen. Da die
allgemeine Leistungsklagenicht normiert ist, können aus den Normen zur Verpflichtungsklage Grundsätze abgeleitet werden, die für die
allgemeine Leistungsklagegenauso gelten müssen. So ist es auch mit dem allgemeinen Rechtsgedanken zur Spruchreife aus § 113 Abs. 5 S. 1 bzw. S. 2 VwGO. Diese wird daher üblicherweise auch im Zusammenhang mit der allgemeinen
Leistungsklagezitiert (siehe z.B. Schmidt, Verwaltungsprozessrecht, 21.A. 2024, RdNr. 790ff.) bzw. sogar für analog anwendbar erklärt (Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19.A. 2019, RdNr. 1394; Kopp/Schenke, VwGO, 26.A. 2020, § 113 RdNr. 2). In der Klausur kannst Du das genau so machen. Wichtig ist, dass Du aufzeigst, dass und warum § 113 VwGO nicht direkt anwendbar ist, warum aber eine entsprechende Anwendung geboten ist. Ich hoffe, ich konnte Dir damit weiterhelfen. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team