Öffentliches Recht

Grundrechte

Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG)

Grundfall 2b: Eingriff durch Gesetz (Art und Weise der Meinungskundgabe: Klarnamenpflicht)

Grundfall 2b: Eingriff durch Gesetz (Art und Weise der Meinungskundgabe: Klarnamenpflicht)

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Mehrheit im Bundestag sorgt sich um aufgeheizte Diskussionen auf Twitter. Deshalb beschließt der Bundestag ein Gesetz, das für deutsche Twitter-Nutzer hinsichtlich der Abgabe von Tweets die verpflichtende Angabe des echten Namens (Klarnamenpflicht) regelt.

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Einordnung des Falls

Grundfall 2b: Eingriff durch Gesetz (Art und Weise der Meinungskundgabe: Klarnamenpflicht)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Eingriff in die Meinungsfreiheit liegt vor, wenn die Meinungskundgabe durch Ge- oder Verbote der öffentlichen Gewalt beeinträchtigt wird.

Ja!

Nach dem modernen Eingriffsbegriff ist ein Eingriff jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht, unabhängig davon, ob diese Wirkung final oder unbeabsichtigt, unmittelbar oder mittelbar, rechtlich oder tatsächlich, mit oder ohne Zwang eintritt. Jede Maßnahme der öffentlichen Gewalt, die die Meinungsäußerung oder Meinungsverbreitung durch Ge- oder Verbote beeinträchtigt, stellt einen Eingriff in die Meinungsfreiheit dar. Dabei kann ein Eingriff in die Meinungsfreiheit durch Einzelakt, Urteil sowie Gesetz erfolgen. Entscheidend ist, dass der öffentlich-rechtlichen Maßnahme eine gegenwärtige Wirkung zukommt, welche die Meinungsfreiheit einengt.
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2. Die gesetzliche Regelung der Klarnamenpflicht für Tweets auf Twitter bezieht sich nicht auf den Inhalt der Meinungsäußerung. Beinhaltet sie trotzdem einen Eingriff in die Meinungsfreiheit?

Genau, so ist das!

Nach dem modernen Eingriffsbegriff ist ein Eingriff jedes staatliche Handeln, dass ein grundrechtlich geschütztes Verhalten ganz oder teilweise unmöglich macht. Eingriffe in die Meinungsfreiheit durch Gesetz sind in vielerlei Hinsicht denkbar. Dabei kann der Eingriff nicht nur in inhaltlichen Beschränkungen der Meinungsäußerung liegen - also bei Verkürzungen auf das, was inhaltlich geäußert werden darf. Vielmehr stellen auch staatliche Maßnahmen einen Eingriff dar, die die Art und Weise bzw. die Modalitäten der Meinungsäußerung durch Ge- oder Verbote beeinträchtigen. Denn auch sie sind geeignet, die Ausübung des durch Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gewährleisteten Freiheitsraums zu verkürzen.

3. Das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Klarnamenpflicht stellt einen Eingriff in die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) dar.

Ja, in der Tat!

Ein Eingriff in die Meinungsfreiheit liegt vor, wenn eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt die Meinungsäußerung oder Meinungsverbreitung durch Ge- oder Verbote beeinträchtigt Die Klarnamenpflicht stellt ein Gebot hinsichtlich der Art und Weise der Meinungskundgabe dar. Indem jeder Twitter-Nutzer durch staatliches Gebot gezwungen wird, seine Identität zu offenbaren, wird seine Möglichkeit, auch anonym auf Twitter seine Meinung zu äußern beschränkt. Dies verkürzt seinen grundrechtlich geschützten Freiheitsraum. Es ist eine Frage der Rechtfertigung, ob eine - viel diskutierte - Klarnamenpflicht in sozialen Netzwerken - verfassungsrechtlich tragfähig wäre. Der BGH hält eine Klarnamenpflicht, die ein soziales Netzwerk seinen Nutzerinnen vertraglich auferlegt, aus unionsrechtlichen Gründen für rechtswidrig (Urt. v. 27.01.2022, in der Jurafuchs-App hier!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

lw1

lw1

3.7.2023, 16:40:02

Es wäre toll, wenn zeitnah die Einheiten zur Rechtfertigung hochgeladen werden (auch iRd Art. 4), es handelt sich bei diesen Grundrechten um absolute Klausurklassiker und der Großteil der Punkte wird in der Rechtfertigung zu holen sein. Mir würden Kapitel hierzu sehr viel in meiner Vorbereitung bringen.

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

4.7.2023, 18:11:33

Hallo lw1, danke für Deinen Hinweis und Deinen Wunsch. Wir arbeiten bereits daran, die Einheiten zur Rechtfertigung nachzuziehen. Wir bitten Dich um noch ein kleines bisschen Geduld. Danke Dir! Herzliche Grüße – Wendelin für das Jurafuchs-Team


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