Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Schuld

Krankhafte seelische Störungen (§ 20 StGB)

Definition: Krankhafte seelische Störungen (§ 20 StGB)

24. November 2024

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Was versteht man unter einer „krankhaften seelischen Störung“ (§ 20 StGB)?

Krankhafte seelische Störungen sind Geisteskrankheiten, deren körperliche Ursachen nachgewiesen sind (zB Paralyse = exogene Psychose) oder postuliert werden (zB Schizophrenie = endogene Psychose).

Die Prüfung der (verminderten) Schuldunfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) erfolgt zweistufig: (1) Zunächst muss einer der vier im Gesetz genannten biologischen Befunde vorliegen (Krankhaft seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Intelligenzminderung, schwere seelische Störung). (2) Zu prüfen ist, dann ob der Täter wegen des Befunds psychisch unfähig war, also entweder in seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt war. Die praktisch wichtigste Fallgruppe exogener Psychosen sind die akuten Intoxikationspsychosen infolge Zufuhr von Rauschmitteln, Medikamenten oder Giften. Nach anderer Auffassung unterfallen diese den tiefgreifenden Bewusstseinsstörungen (§ 20 Var. 2 StGB). Der BGH hat die Frage offen gelassen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Dogu

Dogu

5.8.2024, 20:09:25

Irresein ist aber nicht wirklicher medizinischer oder zeitgenössischer juristischer Sprachgebrauch oder? Auch ist mir nicht ganz klar, wieso die Psychose auf eine körperliche Ursache zurückgeführt werden muss. Wichtiger ist doch, dass sie von außen als schwerwiegende Erkrankung erkennbar ist. Die Wissenschaft steht doch noch ganz am Anfang der Erkenntnis im Bereich Neurobiologie. Ob jede Depression eine biologische Ursache hat, ist mehr als fraglich.

AS

as.mzkw

17.9.2024, 13:58:27

Ich stoße mich ebenfalls sehr an dem Begriff "Irresein“.

AG

agi

23.9.2024, 16:49:21

Bipolare Störung wäre eine bessere Wortwahl

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

28.9.2024, 22:26:29

Hallo @[Dogu](137074), ob die Bezeichnung "Irresein" noch dem zeitgenössischen medizinischen oder juristischen Sprachgebrauch entspricht, kann ich nicht beurteilen (vermutlich eher nicht mehr). Die Formulierung findet sich aber zB immer noch genau so bei Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl 2023, § 20 Rn 5; Kindhäuser/Hilgendorf, StGB, 9. Aufl 2022, § 20 Rn 6 Fn 5 und Dölling/Duttge/König/Rössner/Verrel/Linke, StGB, 4. Aufl 2017, § 20 Rn 6, wenn auch mit Bezug zu einer BGH-Entscheidung aus 2001, in der sie selbst nicht auftaucht (BGH NJW 2001, 1435). Wir haben den Begriff vorerst aus der Aufgabe entfernt und nennen dort jetzt nur noch die Schizophrenie. Worauf das Kriterium der organischen Ursache zurückzuführen ist, kann ich mangels entsprechender biologischer oder medizinischer Fachkenntnisse ebenfalls nicht beurteilen. In der Kommentarliteratur scheint das aber weitestgehend nach wie vor vorausgesetzt zu werden (s zB BeckOK-StGB/Eschelbach, 62. Ed, Stand 1.8.24, § 20 Rn 12 mwN). Es scheint mir so, dass das StrafR hier mit einer möglicherweise veralteten und nicht nur deshalb durchaus kritikwürdigen Vorstellung arbeitet (in diese Richtung zB Fischer, StGB, 70. Aufl 2023, § 20 Rn 8; Schönke/Schröder/Perron/Weißer, StGB, 30. Aufl 2019, § 20 Rn 6). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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