Strafrecht
Strafprozessrecht
Die Verfahrensbeteiligten
Begründung der Beschuldigtenbestellung - Vernehmung als konkludenter Willensakt
Begründung der Beschuldigtenbestellung - Vernehmung als konkludenter Willensakt
20. Mai 2025
2 Kommentare
4,5 ★ (1.370 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Bs Frau und Tochter verschwinden spurlos. Die Polizei verdächtigt B des Mordes und vernimmt ihn. Sie halten ihm „Schwachstellen” seiner Aussage vor, die ihn „nur noch verdächtiger” machten und fordern ihn auf, den Fundort der Leichen zu verraten. Erst am Tag danach leitet die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen B ein.
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Einordnung des Falls
Begründung der Beschuldigtenbestellung - Vernehmung als konkludenter Willensakt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B ist Beschuldigter, wenn er Tatverdächtiger ist, gegen den die Strafverfolgungsorgane aufgrund eines Willensakts das Verfahren als Beschuldigten betreiben wollen.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Kann die Strafverfolgungsbehörde den Strafverfolgungswillen nur ausdrücklich dadurch äußern, dass sie ein Ermittlungsverfahren einleitet?
Nein, das trifft nicht zu!
3. Hatten die Strafverfolgungsbehörden ihren Strafverfolgungswillen zum Zeitpunkt von Bs Vernehmung bereits ausdrücklich geäußert?
Nein!
4. Der Strafverfolgungswille könnte sich aber hier daraus ergeben, dass die Polizei B vernommen hat.
Genau, so ist das!
5. Lässt sich hier aus der Vernehmung der Wille der Strafverfolgungsbehörden entnehmen, B als Beschuldigten zu behandeln?
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

lawlawland
8.4.2025, 14:46:15
Was genau ist dann der sog.
Inkulpationsaktder Strafverfolgungs
behörden? Umfasst der Begriff diesen
erforderlichen „Verfolgungswillen“ als Ganzes oder ist der
Inkulpationsaktnur das objektive Element, also das nach außen erkennbare Hervortreten des Willensakts?
Arno
11.4.2025, 14:25:35
Der
Inkulpationsaktist jedenfalls nicht "nur das objektive Element, das nach außen erkennbare Hervortreten des Willensakts". "[Dem sog. menschlichen
Inkulpationsakt] wohnt eine erhebliche subjektive Komponente inne, sodass ein Verdacht nicht objektiv, sondern nur aus Sicht des jeweils Ermittelnden – und damit eines konkreten Menschen – bestehen kann" (NZV 2023, 145 Rn. 16, beck-online). Allerdings ist, wenn man den Ausgangsfall des BGH nimmt, wiederum der subjektiver Wille der Strafverfolgungs
behördekeine notwendige Bedingung des die Be
schuldigteneigenschaft begründenden
Inkulpationsakt. "ist eine Ermittlungshandlung darauf gerichtet, den Vernommenen als Täter einer Straftat zu überführen, kommt es daher nicht mehr darauf an, wie der Ermittlungsbeamte sein Verhalten rechtlich bewertet" (BGH, Urteil vom 30.12.2014 – 2 StR 439/13, BeckRS 2015, 02134). Es genügt dann der sich in dem Führen des Ermittlungsverfahrens manifestierende Wille der Strafverfolgungs
behörde, um einen
Inkulpationsaktzu begründen. Man könnte demnach wohl zusammenfassen, dass a) objektive Anhaltspunkte für die Straftat alleine nicht genügen, sodass es b) für gewöhnlich einer menschlichen (subjektiven) Willensbetätigung eines Ermittelnden bedarf aber c) es auch genügt, dass aus den objektiven Umständen erkennbar ist, dass die Strafverfolgungs
behördeeinen Verdacht gegen den Betroffenen (dann: Be
schuldigter) hegt.