Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Entscheidungsgründe

Ursprüngliche, objektive, kumulative Klagehäufung 2 (für jeden einzelnen Antrag wäre AG zuständig, zusammen LG) (Fall)

Ursprüngliche, objektive, kumulative Klagehäufung 2 (für jeden einzelnen Antrag wäre AG zuständig, zusammen LG) (Fall)

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Kameramann K wurde von der Werbeagentur W zwei Mal für einen Videodreh engagiert. Als Vergütung waren jeweils €3.000 vereinbart. Obwohl W mit Ks Arbeit zufrieden war, weigert sie sich, K zu bezahlen. Daher erhebt K Klage beim örtlich zuständigen Landgericht auf Zahlung von €6.000. ‌

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Einordnung des Falls

Ursprüngliche, objektive, kumulative Klagehäufung 2 (für jeden einzelnen Antrag wäre AG zuständig, zusammen LG) (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da K nur einen einzigen Antrag auf Zahlung von €6.000 stellt, liegt keine objektive Klagehäufung vor.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine objektive Klagehäufung liegt vor, wenn der Kläger mehrere prozessuale Ansprüche (= Streitgegenstände) in einer Klage gegen denselben Beklagten geltend macht. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger für jeden einzelnen Anspruch einen eigenen Antrag stellt oder ob er mehrere prozessuale Ansprüche in einem Antrag verbindet. K verlangt die Vergütung für zwei unterschiedliche Aufträge. Er macht somit zwei prozessuale Ansprüche geltend. Es liegt eine objektive Klagehäufung vor.
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2. Für die Klage sind die Amtsgerichte sachlich zuständig.

Nein, das trifft nicht zu!

Für Streitigkeiten, deren Streitwert €5.000 übersteigt, sind die Landgerichte sachlich zuständig (§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG). Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche (= objektive Klagehäufung) werden hierbei zusammengerechnet (§ 5 HS 2 ZPO). K macht mehrere Ansprüche in einer Klage geltend. Zur Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwerts sind die Streitwerte beider Ansprüche zu addieren, sodass der Zuständigkeitsstreitwert bei €6.000 liegt (€3.000 + €3.000). Damit sind die Landgerichte für die Klage sachlich zuständig.

3. Eine objektive Klagehäufung (§ 260 ZPO) findet im Rahmen der Zulässigkeit der Klage grundsätzlich keine Erwähnung.

Ja!

Werden mehrere Ansprüche in einer Klage geltend gemacht und liegen die Voraussetzungen hierfür (§ 260 ZPO) nicht vor, so wird die Klage nicht als unzulässig abgewiesen, sondern es erfolgt eine Trennung der Prozesse durch das Gericht (§ 145 ZPO). Da also weiterhin ein Sachurteil ergehen kann, handelt es sich bei den Voraussetzungen einer objektiven Klagehäufung grundsätzlich nicht um Sachurteilsvoraussetzungen. Dementsprechend findet § 260 ZPO im Rahmen der Zulässigkeit grundsätzlich keine Erwähnung. ‌

4. Die objektive Klagehäufung (§ 260 ZPO) wird vorliegend ausnahmsweise bereits im Rahmen der Zulässigkeit erwähnt.

Genau, so ist das!

Eine objektive Klagehäufung (§ 260 ZPO) findet im Rahmen der Zulässigkeit der Klage grundsätzlich keine Erwähnung. Eine Ausnahme besteht dann, wenn erst die Addition der einzelnen Streitwerte nach § 5 HS 2 ZPO die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts begründet. Eine Zusammenrechnung findet streng genommen nämlich nur statt, wenn die Klagehäufung auch zulässig ist. § 260 ZPO wird dadurch indirekt zur echten Zulässigkeitsvoraussetzung (§ 5 ZPO i.V.m. § 260 ZPO). Die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts ergibt sich vorliegend erst aus der Addition der einzelnen Streitwerte.   Als Rechtsgrundlage für die Addition der Streitwerte ist somit nicht allein § 5 ZPO, sondern § 260 ZPO i.V.m. § 5 ZPO zu zitieren.

5. Die Voraussetzungen einer objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) sind vorliegend erfüllt.

Ja, in der Tat!

Nach § 260 ZPO ist eine objektive Klagehäufung zulässig, wenn (1) Parteiidentität besteht und für alle Ansprüche (2) das angerufene Gericht zuständig und (3) dieselbe Prozessart zulässig ist. (4) Darüber hinaus darf kein Verbindungsverbot bestehen. Zu 1: Parteiidentität liegt vor, wenn Kläger und Beklagter bei allen Ansprüchen identisch sind. Zu 2: Bei der Zuständigkeit des Gerichts ist sowohl die sachliche, als auch die örtliche Zuständigkeit für die Klage zu prüfen. Zu 3: Mit dem Begriff Prozessart ist die Verfahrensart, nicht jedoch die Klageart gemeint. Zu 4: Verbindungsverbote sind beispielsweise: § 578 Abs. 2 ZPO, § 126 Abs. 2 FamFG, § 179 Abs. 2 FamFG.  Bei beiden Ansprüchen ist K Kläger und W Beklagte. Ferner ist für alle Ansprüche das angerufene Landgericht sowohl örtlich, als auch sachlich zuständig und dieselbe Prozessart zulässig. Ein Verbindungsverbot ist nicht ersichtlich.
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