Nutzungsersatz/Wertersatz Verbraucher
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Studentin S kauft bei Tchibo (T) eine Kaffeemaschine für €200. Nachdem sie damit monatelang literweise Kaffee gekocht hat, erhitzt die Maschine wegen eines Herstellungsfehlers plötzlich kein Wasser mehr. S tritt wirksam zurück.
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Einordnung des Falls
Nutzungsersatz/Wertersatz Verbraucher
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S kann von T Rückzahlung des Kaufpreises verlangen (§ 346 Abs. 1 Alt. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
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2. Der Verkäufer kann vom Käufer hinsichtlich des Gebrauchs der Kaufsache Herausgabe der gezogenen Nutzungen bzw. Wertersatz für diese verlangen (§ 346 Abs. 1 Alt. 2 BGB).
Ja!
3. T kann von S Nutzungsersatz bzw. Wertersatz hierfür verlangen, obwohl S Verbraucherin ist.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Helena
26.1.2022, 15:10:31
Wie berechnet sich in solchen Fällen eigentlich der Wertersatz? Wie viel ist 1 l Kaffee zum Beispiel wert?
Victor
27.1.2022, 13:39:57
Nach 287 ZPO steht die Wertermittlung im Ermessen des Gerichts. Zur Ermittlung kann dann auch die eigene Erfahrung oder Angaben der Parteien herangezogen werden.
Lukas_Mengestu
27.1.2022, 19:20:34
Hallo ihr beiden, die Wertermittlung erfolgt in der Regel nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung. D.h. das Gericht geht bei seiner Ermessensentscheidung von einer bestimmten Gesamtlebensdauer aus und berechnet hiernach anteilig den Nutzungswert. Geht man hier zB von einer Gesamtlebensdauer von 20 Monaten aus, so wäre der Nutzungswert eines einzelnen Monats €10 (200/20€). Bei 15 Monaten entspräche dies also €150
Nutzungsersatz. Statt "Zeit" kommen auch andere Einheiten in Betracht (zB gefahrene Kilometer beim Auto). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Dominic
13.8.2023, 10:36:57
Vielleicht könntet ihr als Vertiefung noch angeben, dass sich die Rechtsfolge "Erlöschen der gegenseitigen Leistungspflichten" ausnahmsweise nicht aus dem Gesetz ergibt, sondern aus der Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis. Das ist also einer der wenigen Fälle, in denen in dem Obersatz, der in die Anspruch-erloschen Prüfung einleitet, keine Norm genannt werden muss.
MLena
12.3.2024, 09:59:40
Ich verstehe nicht, weshalb sie hier Wertersatz leisten muss: 439 VI verweist ja auf 346 und nach 346 I muss sie die gezogenen Nutzungen herausgeben. In einem der vorigen Fälle wurde aber gesagt, dass beim Rücktritt eine normale Verschlechterung aufgrund üblichen Gebrauchs gerade nicht ersetzt werden muss. Hier hat sie die Kaffeemaschine doch auch normal gebraucht?
paulmachtexamen
30.5.2024, 21:58:36
Hier hat die S ja keine Nacherfüllung von T erhalten, sondern ist laut Sachverhalt wirksam zurückgetreten (zB weil T die Frist zur Nacherfüllung hat verstreichen lassen). Daher findet 439 auch keine Anwendung. Da es für den Rücktritt in 475 keine entsprechende Regelung gibt, muss S hier Wertersatz leisten.
paulmachtexamen
30.5.2024, 22:22:06
S hat hier Wertersatz (nur) für die gezogenen Nutzungen (Kaffeekochen) zu zahlen. S muss aber nicht Wertersatz für die Verschlechterung der Sache nach 346 II 1 Nr. 3 aE zahlen, denn die Verschlechterung ist auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache zurückzuführen.
Bastian P.
15.6.2024, 17:43:18
Ich komme zu dem Ergebnis, dass die Pflicht zum Wertersatz entfällt. Gemäß 346 III Nr. 2 entfällt diese Pflicht zum Wertersatz, wenn der Schaden beim Verkäufer genauso aufgetreten wäre bzw. er diesen sogar zu verantworten hat. Das ist doch hier der Fall oder nicht?
Dogu
20.8.2024, 10:51:02
@[Bastian P.](217587) Es geht hier nicht um Schäden, sondern Gebrauchsvorteile. Gerade die sind herauszugeben, weil der Verkäufer sie eben nicht hatte im Gegensatz zum Käufer.