Zivilrecht

Kaufrecht

Rücktritt

Nutzungsersatz/Wertersatz Verbraucher

Nutzungsersatz/Wertersatz Verbraucher

4. Juli 2025

16 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Neues Kaufrecht 2022

Studentin S kauft bei Tchibo (T) eine Kaffeemaschine für €200. Nachdem sie damit monatelang literweise Kaffee gekocht hat, erhitzt die Maschine wegen eines Herstellungsfehlers plötzlich kein Wasser mehr. S tritt wirksam zurück.

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Einordnung des Falls

Nutzungsersatz/Wertersatz Verbraucher

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S kann von T Rückzahlung des Kaufpreises verlangen (§ 346 Abs. 1 Alt. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Mit dem Rücktritt erlöschen die primären Leistungspflichten. Der Vertrag wandelt sich damit in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Soweit schon ein Leistungsaustausch stattgefunden hat, muss jede Partei die empfangenen Leistungen zurückgewähren (§ 346 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Die aus dem Rücktritt folgenden Pflichten müssen Zug um Zug erfüllt werden (§ 348 S. 1 BGB). T hat als Leistung der S die Kaufpreiszahlung erhalten.
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2. Der Verkäufer kann vom Käufer hinsichtlich des Gebrauchs der Kaufsache Herausgabe der gezogenen Nutzungen bzw. Wertersatz für diese verlangen (§ 346 Abs. 1 Alt. 2 BGB).

Ja!

Jede Partei muss die von ihr tatsächlich gezogenen Nutzungen herausgeben (§ 346 Abs. 1 Alt. 2 BGB). Zu den Nutzungen zählen dabei auch die Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB). Da die Gebrauchsvorteile aber nicht in natura herausgegeben werden können, muss der Käufer für diese Wertersatz leisten (§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). Die Höhe des Wertersatzes berechnet sich grundsätzlich nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung.S hat hier die Kaffeemaschine "monatelang" benutzt.

3. T kann von S Nutzungsersatz bzw. Wertersatz hierfür verlangen, obwohl S Verbraucherin ist.

Genau, so ist das!

Bei einer Nachlieferung müssen die Nutzungen vom Käufer herausgegeben werden (§ 439 Abs. 6 BGB), es sei denn, es handelt sich um einen Verbrauchsgüterkauf (§ 475 Abs. 3 S. 1 BGB). § 475 Abs. 3 S. 1 BGB erfasst aber nur die Nacherfüllung (§ 439 BGB) und nicht den Rücktritt, sodass S Nutzungsherausgabe bzw. Wertersatz leisten muss.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Helena

Helena

26.1.2022, 15:10:31

Wie berechnet sich in solchen Fällen eigentlich der

Wertersatz

? Wie viel ist 1 l Kaffee zum Beispiel wert?

VIC

Victor

27.1.2022, 13:39:57

Nach

287 ZPO

steht die Wertermittlung im Ermessen des Gerichts. Zur Ermittlung kann dann auch die eigene Erfahrung oder Angaben der Parteien herangezogen werden.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

27.1.2022, 19:20:34

Hallo ihr beiden, die Wertermittlung erfolgt in der Regel nach der zeitanteiligen linearen Wert

minderung

. D.h. das Gericht geht bei seiner Ermessensentscheidung von einer bestimmten Gesamtlebensdauer aus und berechnet hiernach anteilig den Nutzungswert. Geht man hier zB von einer Gesamtlebensdauer von 20 Monaten aus, so wäre der Nutzungswert eines einzelnen Monats €10 (200/20€). Bei 15 Monaten entspräche dies also €150

Nutzungsersatz

. Statt "Zeit" kommen auch andere Einheiten in Betracht (zB gefahrene Kilometer beim Auto). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DO

Dominic

13.8.2023, 10:36:57

Vielleicht könntet ihr als Vertiefung noch angeben, dass sich die Rechtsfolge "Erlöschen der gegenseitigen

Leistungspflichten

" ausnahmsweise nicht aus dem Gesetz ergibt, sondern aus der Umwandlung in ein Rückgewähr

schuld

verhältnis. Das ist also einer der wenigen Fälle, in denen in dem Obersatz, der in die Anspruch-erloschen Prüfung einleitet, keine Norm genannt werden muss.

wasabi

wasabi

23.4.2025, 13:59:08

Steht nicht genau das in § 346 I? "so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren" - das s.g. Rückgewähr

schuld

verhältnis

MLENA

MLena

12.3.2024, 09:59:40

Ich verstehe nicht, weshalb sie hier

Wertersatz

leisten muss: 439 VI verweist ja auf 346 und nach 346 I muss sie die gezogenen

Nutzungen

herausgeben. In einem der vorigen Fälle wurde aber gesagt, dass beim Rücktritt eine normale Verschlechterung aufgrund üblichen Gebrauchs gerade nicht ersetzt werden muss. Hier hat sie die Kaffeemaschine doch auch normal gebraucht?

paulmachtexamen

paulmachtexamen

30.5.2024, 21:58:36

Hier hat die S ja keine

Nacherfüllung

von T erhalten, sondern ist laut Sachverhalt wirksam zurückgetreten (zB weil T die

Frist zur Nacherfüllung

hat verstreichen lassen). Daher findet 439 auch keine Anwendung. Da es für den Rücktritt in 475 keine entsprechende Regelung gibt, muss S hier

Wertersatz

leisten.

paulmachtexamen

paulmachtexamen

30.5.2024, 22:22:06

S hat hier

Wertersatz

(nur) für die gezogenen

Nutzungen

(Kaffeekochen) zu zahlen. S muss aber nicht

Wertersatz

für die Verschlechterung der Sache nach 346 II 1 Nr. 3 aE zahlen, denn die Verschlechterung ist auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache zurückzuführen.

BAP

Bastian P.

15.6.2024, 17:43:18

Ich komme zu dem Ergebnis, dass die Pflicht zum

Wertersatz

entfällt. Gemäß 346 III Nr. 2 entfällt diese Pflicht zum

Wertersatz

, wenn der

Schaden

beim Verkäufer genauso aufgetreten wäre bzw. er diesen sogar zu verantworten hat. Das ist doch hier der Fall oder nicht?

Dogu

Dogu

20.8.2024, 10:51:02

@[Bastian P.](217587) Es geht hier nicht um Schäden, sondern Gebrauchsvorteile. Gerade die sind herauszugeben, weil der Verkäufer sie eben nicht hatte im Gegensatz zum Käufer.

GS99

GS99

27.5.2025, 11:48:49

Ich fasse hiermit den Beitrag von @[paulmachtexamen](210803) zusammen und führe sie etwas weiter aus. Wie @MLena richtig erkannt hat, ist

Wertersatz

bezüglich der Verschlechterung der Kaffeemaschine ausgeschlossen, da diese Verschlechterung lediglich auf die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme zurückzuführen ist (§346 II 1 Nr. 3 BGB). Jedoch hat S

Nutzungen

aus der Kaffeemaschiene erhalten (viel Kaffee gemacht) und diese wären nach §346 I Alt. 2 BGB herauszugeben. S kann aber natürlich nicht den gemachten Kaffee herausgeben (in natura), sodass stattdessen hierfür (nicht für die Verschlechterung der Kaffeemaschiene)

Wertersatz

zu leisten ist (§346 II 1 Nr. 1 BGB).

YODA

Yoda

23.2.2025, 12:46:27

Ich halte fest: der Unternehmer kann sich immer überlegen, ob er die Sache zurück +

Wertersatz

will. Dafür muss er einfach die

Nacherfüllung

endgültig verweigern. ?


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