Öffentliches Recht
Examensrelevante Rechtsprechung ÖR
Entscheidungen von 2022
Unzuverlässigkeit wegen des Mitführens von Waffen im Pkw? (VGH München, Beschl. v. 07.02.2022 - 24 CS 21.2636)
Unzuverlässigkeit wegen des Mitführens von Waffen im Pkw? (VGH München, Beschl. v. 07.02.2022 - 24 CS 21.2636)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A, der Jäger ist, besitzt verschiedene Waffenbesitzkarten und -erlaubnisse. Nachdem er bei Abrissarbeiten erlaubnispflichtige, mit Munition gefüllte Waffen fand, transportierte er diese unverschlossen auf dem Rücksitz seines Pkw zur Polizei.
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Einordnung des Falls
Unzuverlässigkeit wegen des Mitführens von Waffen im Pkw? (VGH München, Beschl. v. 07.02.2022 - 24 CS 21.2636)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Daraufhin widerruft die zuständige Behörde seine waffenrechtlichen Erlaubnisse wegen Unzuverlässigkeit. Die Verfügung ist sofort vollziehbar. Ist hiergegen der Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO statthaft?
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO ist begründet, wenn das Aussetzungsinteresse des A das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt.
Ja, in der Tat!
3. Kommt als Rechtsgrundlage für den Widerruf der Waffenbesitzkarten bzw. der Mitbenutzungserlaubnisse des A § 49 VwVfG in Betracht?
Nein!
4. Als Versagungsgrund ist hier § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG (erforderliche Zuverlässigkeit) einschlägig.
Genau, so ist das!
5. Hat A gegen § 13 Abs. 6 S. 1 WaffG verstoßen?
Ja, in der Tat!
6. Der Verstoß gegen § 13 Abs. 6 WaffG war auch gröblich.
Ja!
7. Ändert sich an der Bewertung etwas dadurch, dass die Staatsanwaltschaft ein gegen A eingeleitetes Strafverfahren nach § 153 StPO eingestellt hat?
Nein, das ist nicht der Fall!
8. § 5 Abs. 2 WaffG begründet lediglich eine Vermutung der fehlenden Zuverlässigkeit, die auch ausgeräumt werden kann.
Ja, in der Tat!
9. Das Gericht muss im Eilrechtsschutz eindeutig feststellen, ob der für sofort vollziehbar erklärte Verwaltungsakt rechtswidrig ist.
Nein!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Rubinho
12.12.2023, 11:31:15
liebes jura-Fuchs Team, warum ist hier nicht para 5 Abs 1 Nr 2 buchst. b WaffG relevant (Versagung für denjenigen, der mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahrt)?
Omnimodo fährt Tourbus
21.12.2023, 21:52:41
Weil der Sachverhalt nichts dazu sagt, ob hier Tatsachen vorliegen, die einen unsachgemäßen Umgang erwarten lassen. Achte immer auf den Sachverhalt. Er hat hier Waffen gefunden und diese zur Polizei gebracht. Daraus lässt sich nicht schließen, dass er deswegen nicht sorgfältig mit Waffen und Munition umgehen wird. Mit „was wäre wenn?“ kommst du auf die falsche Fährte. Sachverhalt sagt dazu nichts, dann sag du auch nichts dazu. Sachverhalt spricht den Tatbestand explizit an „…der A hat damit gezeigt, er wird in Zukunft nicht sachgemäß mit Waffen umgehen…“, dann kannst du darauf eingehen.
Max
20.1.2024, 12:29:05
In der einen Vertiefung ist von präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (wie Baugenehmigung) die Rede, aber handelt es sich angesichts von 2 III WaffG nicht vielmehr um ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt?
kerberos 🦦
20.2.2024, 08:39:13
Hey! Nach Jürgensen/Blanc (GSZ 2023, 131) handelt es sich nach § 4 I WaffG um einen präventiven Erlaubnisvorbehalt aufgrund der Gefährlichkeit von Waffen. Bei Vorliegen der erheblichen Voraussetzungen ist die Waffen
behördezur Erteilung der Erlaubnis verpflichtet. LG
MischaM
31.1.2024, 15:05:02
Nach meiner Bewertung regelt 13 Abs. 6 WaffG lediglich den Umgang mit JAGDwaffen. Umgang mit „anderen“ Waffen dürfte von dieser Norm nicht erfasst sein. Wieso wird im vorliegenden Fall dennoch ein Verstoß gegen die o.g. Vorschrift angenommen? Der Sachverhalt trifft keine Aussage zu der Art der gefunden Waffen. Vielen Dank für Eure Antwort!
professorhaehnchen
20.2.2024, 22:15:45
Vielleicht lässt sich das im Wege eines Erst-Recht-Schlusses klären? Wenn die spezielleren Jagdwaffen nicht außerhalb der genannten Orte geführt werden dürfen, und es sind ja nur Waffen zur Jagdausübung impliziert, dann dürfen erst recht keine anderweitigen, nicht nur Jagd bestimmten Waffen offen transportiert werden.
Wendelin Neubert
22.2.2024, 10:44:45
Vielen Dank für Eure Fragen und Diskussion, @[MischaM](135044) und @[professorhaehnchen](237781)! Nach § 13 Abs. 6 WaffG darf ein Jäger Jagdwaffen zur Jagdausübung ohne Erlaubnis führen. Wie Du richtig schreibst @[MischaM](135044) ist der Umgang mit anderen Waffen als Jagdwaffen von dieser besonderen (Ausnahme-) Befugnis nicht erfasst. Im Umkehrschluss (oder vielleicht auch im Erst-Recht-Schluss, liebe @[professorhaehnchen](237781)) ist es Jägern nach § 13 Abs. 6 WaffG verboten, andere Waffen als Jagdwaffen außerhalb der eigenen Wohnung, den Geschäftsräumen, des eigenen befriedeten Besitztums oder einer Schießstätte zu führen. Der VGH München erklärt diesen Schluss nicht gesondert, er hält sich hieran gar nicht auf. Wir haben unsere Darstellung im Hinweistext aber auf Eure Diskussion hin nochmal ergänzt, damit die Anwendung von § 13 Abs. 6 WaffG im vorliegenden Fall noch klarer wird. Hoffe das hilft! Beste Grüße – Wendelin für das Jurafuchs-Team