Klauselverfahren

1. Juli 2025

2 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Handwerkerin H hat gegen ihren Kunden K gerichtlich einen Zahlungstitel erstritten, den sie nun vollstrecken möchte. H konnte bereits in Erfahrung bringen, dass sie hierfür zunächst eine (einfache) Vollstreckungsklausel benötigt. ‌

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Einordnung des Falls

Klauselverfahren

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Vollstreckungsklausel ist die auf der Ausfertigung eines Urteils angebrachte Erklärung, die bescheinigt, dass aus dem Titel vollstreckt werden darf (vgl. § 725 ZPO).

Ja, in der Tat!

Eine Vollstreckungsklausel ist die Bescheinigung, dass die Zwangsvollstreckung aus einem Titel stattfinden darf. Nach § 725 ZPO hat eine Vollstreckungsklausel folgenden Wortlaut: „Vorstehende Ausfertigung wird dem [Bezeichnung der Partei] zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt“ und ist am Schluss der Ausfertigung eines Urteils beizufügen. Der Vollstreckungsgläubiger muss die so entstandene vollstreckbare Ausfertigung des Urteils (§ 724 Abs. 1 ZPO) muss dem Gerichtsvollzieher zusammen mit dem Vollstreckungsantrag/Vollstreckungsauftrag übergeben (§ 754 Abs. 1 ZPO). ‌
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2. H muss nichts weiter tun, damit ihr eine Vollstreckungsklausel erteilt wird.

Nein!

Eine Vollstreckungsklausel wird nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers im sog. Klauselverfahren erteilt. H muss die Vollstreckungsklausel beantragen. Das Antragserfordernis ist Ausdruck der im Zivilprozessrecht geltenden Dispositionsmaxime

3. H muss die Vollstreckungsklausel beim Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts, das das Urteil erlassen hat, beantragen (§ 724 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Genau, so ist das!

Es gibt zwei Arten von Vollstreckungsklauseln: einfache (§§ 724, 725 ZPO) und qualifizierte (§§ 726ff. ZPO). Im Regelfall bedarf es nur einer einfachen Vollstreckungsklausel. Eine solche wird nach § 724 Abs. 2 S. 1 ZPO vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs erteilt. H benötigt nur eine einfache Vollstreckungsklausel. Hierfür ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts, das das Urteil erlassen hat, zuständig.   Eine qualifizierte Vollstreckungsklausel ist erforderlich, wenn nach dem Inhalt des Vollstreckungstitels die Zwangsvollstreckung von einer Bedingung abhängt (§ 726 ZPO) oder wenn nicht der im Titel genannte Vollstreckungsgläubiger, sondern dessen Rechtsnachfolger vollstrecken möchte (titelumschreibende Klausel, §§ 727-729 ZPO). Für die Erteilung einer qualifizierten Vollstreckungsklausel ist der Rechtspfleger zuständig (§ 20 Abs. 1 Nr. 12 RPflG).

4. Im Klauselverfahren gibt es eigene Rechtsbehelfe (z.B. § 731 ZPO). Ist das Klauselverfahren ein unselbstständiger Bestandteil des Zwangsvollstreckungsverfahrens?

Nein, das trifft nicht zu!

Das Klauselverfahren gehört nicht zum Zwangsvollstreckungsverfahren, sondern findet als eine Art Zwischenverfahren zwischen dem Erkenntnis- und dem Zwangsvollstreckungsverfahren zur Vorbereitung der Zwangsvollstreckung statt. Denn die Zwangsvollstreckung darf erst beginnen, wenn bereits eine Klausel vorliegt (allgemeine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung). Als eigenständiges Verfahren hat das Klauselverfahren auch eigene Rechtsbehelfe: die Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO), die Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) und die Klauselgegenklage (§ 768 ZPO). Ferner sind nicht die Vollstreckungsorgane, sondern der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (§ 724 Abs. 2 S. 1 ZPO) oder der Rechtspfleger (§ 20 Abs. 1 Nr. 12 RPflG) für die Klauselerteilung zuständig.

5. Im Klauselverfahren wird geprüft, ob aus einem Titel vollstreckt werden darf. Ist dies grundsätzlich der Fall, wenn der Titel wirksam, vollstreckbar und vollstreckungsfähig ist?

Ja!

Eine einfache Vollstreckungsklausel darf erteilt werden, wenn die allgemeinen Voraussetzungen der Klauselerteilung vorliegen. Der Titel muss (1) wirksam und (2) vollstreckbar/vollstreckungsreif (formell rechtskräftig/vorläufig vollstreckbar) sein und (3) einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben. ‌

6. Die Vollstreckungsklausel bzw. das Klauselverfahren soll dem Vollstreckungsorgan eine erneute materielle Prüfung des titulierten Anspruchs (wie im Erkenntnisverfahren) ermöglichen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Vollstreckungsklausel bescheinigt dem Vollstreckungsorgan, dass aus dem Titel vollstreckt werden darf. Dies dient der Formalisierung der Zwangsvollstreckung. Denn das Vollstreckungsorgan darf sich auf diese Bescheinigung verlassen. Es muss selbst nur prüfen, ob eine Vollstreckungsklausel erteilt wurde, nicht dagegen, ob eine erteilte Vollstreckungsklausel auch hätte erteilt werden dürfen. Daneben dient die Vollstreckungsklausel auch dem Schutz des Vollstreckungsschuldners vor einer Mehrfachvollstreckung. Denn grundsätzlich darf immer nur eine Vollstreckungsklausel bzw. vollstreckbare Ausfertigung pro Titel erteilt werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

w.laura.l

w.laura.l

10.6.2025, 16:53:04

Ich finde es etwas umständlich, dass der Gläubiger erst eine Klausel beantragen muss, um dann die Zwangsvollstreckung beantragen zu können. Weiß jemand, weshalb im Antrag für die Zwangsvollstreckung nicht auch der Antrag zur Klauselerteilung enthalten ist?

SPA

sparfüchsin

10.6.2025, 23:23:28

Weil unterschiedliche Zuständigkeiten. Für die einfache Klausel Urkundsbeamter der Geschäftsstelle, für qualifizierte Klausel Rechtspfleger. Die Vollstreckung in Sachen übernimmt aber der Gerichtsvollzieher, die Vollstreckung in Grundstücke bspw das Vollstreckungsgericht.


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