Landesrecht (im Aufbau)

Polizei- und Ordnungsrecht Rheinland-Pfalz

Polizeiliche Generalklausel (§ 9 Abs. 1 S. 1 POG)

Öffentliche Sicherheit Vertiefung: Schutzgut der Unverletzlichkeit subjektiver Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen (Fall 2)

Öffentliche Sicherheit Vertiefung: Schutzgut der Unverletzlichkeit subjektiver Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen (Fall 2)

12. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Studentin S ist leidenschaftliche Raucherin. Als sie vor der Uni raucht, fordert Polizist P sie auf, mit dem ungesunden Rauchen aufzuhören, schließlich stelle das ja eine Gefahr für ihre Gesundheit dar.

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Einordnung des Falls

Öffentliche Sicherheit Vertiefung: Schutzgut der Unverletzlichkeit subjektiver Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen (Fall 2)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit umfasst die subjektiven Rechte und Rechtsgüter Einzelner.

Genau, so ist das!

Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit umfasst die (1) Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, (2) den Schutz der subjektiven Rechte und Rechtsgüter Einzelner und (3) den Bestand des Staates, der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt. Zum Teil wird diskutiert, ob daneben auch Kollektivrechtsgüter wie z.B. die Volksgesundheit in das Schutzgut einbezogen wird. Da jedoch ebenso gut auf den Schutz von Individualrechtsgütern abgestellt werden kann, wird überwiegend kein praktischer Bedarf für eine solche Erweiterung gesehen. Hiergegen spricht außerdem, das diejenigen Landespolizeigesetze, die eine Legaldefinition der öffentlichen Sicherheit enthalten, lediglich subjektive Rechte und Rechtsgüter nennen.
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2. Die Gesundheit der S ist ein ihr zustehendes subjektives Recht und damit grundsätzlich auch ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit.

Ja, in der Tat!

Zu den subjektiven Rechten und Rechtsgütern Einzelner zählen das Leben, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum und die Ehre, aber auch sonstige private Rechte. Einige dieser Rechte und Rechtsgüter sind auch grundrechtlich geschützt. Die Gesundheit der S ist somit ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit. Die Gesundheit ist als körperliche Unversehrtheit sogar grundrechtlich gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG geschützt. Nochmal zur Wiederholung: Durch den Schutz grundrechtlich geschützter Rechtsgüter im Rahmen des Polizei- und Ordnungsrechts wird zugleich der staatliche Schutzauftrag (Schutzpflichten) erfüllt.

3. Die freiwillige Selbstgefährdung privater Rechte oder Rechtsgüter durch den Rechtsgutsträger führt zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit.

Nein!

Neben dem in den Grundrechten verbürgtem Schutzauftrag für verfassungsrechtlich verbürgte Rechtsgüter schützt Art. 2 Abs. 1 GG die Selbstbestimmung und damit die Freiheit der Rechtsgutsträger, sich freiwillig bestimmten Gefahren für die Gesundheit oder das Leben auszusetzen. Ist ein Sachverhalt durch das Selbstbestimmungsrecht grundrechtlich geschützt wird, besteht keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Dieser grundrechtliche Schutz verlangt jedoch einen freien Willen. Das setzt voraus, dass der Rechtsgutsträger die Gefahren der Handlung erkennt. Außerdem müssen die Gefahren ausschließlich den Handelnden treffen, Dritte dürfen nicht gefährdet werden. Selbstmordversuche können dennoch polizeilich verhindert werden, da man davon ausgehen kann, dass sich der Selbstmörder in einem die freie Willensbetätigung ausschließenden Zustand befindet.

4. Das Rauchen der S betrifft ihre Gesundheit und damit das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die von dem Rauchen der S ausgehende Gefahr für ihre eigene Gesundheit betrifft nur dann die öffentliche Sicherheit, wenn ihr Verhalten nicht vom Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 GG geschützt wird. Dies ist der Fall, wenn die Selbstgefährdung von einem freien Willen getragen ist und die Gefahren ausschließlich sie selbst treffen. Die S raucht freiwillig und gefährdet hierdurch ausschließlich ihre eigene Gesundheit. Ihr Verhalten ist somit vom Selbstbestimmungsrecht geschützt. Die öffentliche Sicherheit ist nicht betroffen.
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