Was sind „Trauringe“ (§ 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO)?

7. Juni 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Zur Vollstreckung eines titulierten Zahlungsanspruchs ist Gerichtsvollzieherin G bei Studentin S zur Sachpfändung. Im Schmuck der S hat G mehrere wertvolle Ringe gefunden, die sie pfänden möchte: einen Ehering, einen Freundschaftsring und einen Verlobungsring. ‌

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Einordnung des Falls

Was sind „Trauringe“ (§ 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO)?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G darf S’ Ehering nicht pfänden (§ 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO).

Ja, in der Tat!

Nach § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO unterliegen Trauringe, Orden und Ehrenzeichen nicht der Pfändung. Mit Trauringen sind Eheringe gemeint. Der Ehering der S unterliegt nach § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO einem Pfändungsverbot.
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2. Auch der Freundschaftsring der S fällt unter das Pfändungsverbot des § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO.

Nein!

Nach § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO unterliegen Trauringe, Orden und Ehrenzeichen nicht der Pfändung. Nach § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO unterliegen nur Trauringe (Eheringe) einem Pfändungsverbot. Andere Ringe, wie beispielsweise Freundschaftsringe, dürfen dagegen gepfändet werden.

3. Ob auch ein Verlobungsring unter das Pfändungsverbot des § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO fällt, ist umstritten. Spricht der Wortlaut von § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO dafür, dass auch Verlobungsringe unter das Pfändungsverbot fallen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO unterliegen Trauringe, Orden und Ehrenzeichen nicht der Pfändung. Es ist umstritten, ob auch Verlobungsringe unter diese Vorschrift fallen. § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO, der auch bei der Neufassung von § 811 ZPO (zum 01.01.2022) nicht geändert wurde, erwähnt explizit nur Trauringe. Der Wortlaut von § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO spricht also dafür, dass das Pfändungsverbot nur für Trauringe (Eheringe) und nicht für Verlobungsringe gilt (h.M.). Auch in der Gesetzesbegründung zu § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO ist nur von „Trauringen“ die Rede. Zusätzlich lässt sich anführen, dass Art. 6 Abs. 1 GG, der durch § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO einfachgesetzlich ausgeformt wird, ausdrücklich nur die Ehe schützt. Wir zeigen Dir hier eine Reihe von Argumentationsmöglichkeiten auf. Aber keine Panik, Du musst Dir nicht alle Argumente im Detail merken. Bereits das Wortlautargument dürfte ausreichen. Achte darüber hinaus darauf, welche Argumente Dir in der Klausur „präsentiert“ werden und achte auf die richtige Schwerpunktsetzung: Halte Dich nicht zu lange bei § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO auf, wenn dies nicht im Sachverhalt angelegt ist!

4. Auch der Grundsatz der Formalisierung der Zwangsvollstreckung spricht dafür, dass man § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO wortwörtlich verstehen muss. Unterliegt S’ Verlobungsring damit einem Pfändungsverbot?

Nein, das trifft nicht zu!

Nach dem Grundsatz der Formalisierung der Zwangsvollstreckung ist das Zwangsvollstreckungsverfahren formalisiert. Dies bedeutet, dass das Vollstreckungsorgan stets nur prüfen muss, ob die rein formalen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung (Vollstreckungsvoraussetzungen) vorliegen und sich nicht mit inhaltlichen Fragen auseinandersetzen muss. Dies soll sicherstellen, dass ein titulierter Anspruch schnell und effizient durchgesetzt wird, indem das Vollstreckungsorgan nicht mit inhaltlichen Fragen „überfordert“ wird. Aus diesem Grundsatz folgt, dass das Vollstreckungsorgan die von ihm anzuwendenden formalen Gesetze wie § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO wortwörtlich zu verstehen hat, da ihm eine rechtliche Auslegung nicht zugemutet werden darf. Nach h.M. umfasst § 811 Abs. 1 Nr. 7 ZPO nur Ehe- und keine Verlobungsringe. G verstößt damit nicht gegen ein Pfändungsverbot, wenn sie S Verlobungsring pfändet.
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Eine Besprechung von:
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