Zivilrecht

Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

Die echte GoA – Sonderfälle

Öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Geschäftsführers/Verwaltungsträger als Geschäftsführer – Anspruch auf Ersatz?

Öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Geschäftsführers/Verwaltungsträger als Geschäftsführer – Anspruch auf Ersatz?

31. Mai 2025

3 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Durch Funkenflug verursacht eine Bahn auf der Strecke zwischen Kassel und Frankfurt einen Waldbrand. Die Gemeinde G lässt den Brand durch ihre Freiwillige Feuerwehr löschen. G verlangt von der Deutschen Bahn B Ersatz der Löschkosten.

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Einordnung des Falls

Öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Geschäftsführers/Verwaltungsträger als Geschäftsführer – Anspruch auf Ersatz?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Liegen die Voraussetzungen einer echten GoA (§ 677 BGB) vor?

Ja!

Eine Geschäftsführung ohne Auftrag liegt gemäß § 677 BGB vor, wenn jemand (der Geschäftsführer) ein Geschäft für einen anderen (den Geschäftsherrn) besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Zu prüfen ist also:(1) Geschäftsbesorgung,(2) Fremdheit des Geschäfts,(3) Fremdgeschäftsführungswille,(4) Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung.G hat hier ein Geschäft -zumindest auch - für einen anderen (die B) besorgt (auch-fremdes Geschäft). Dabei wird der Fremdgeschäftsführungswille (nach dem BGH) widerleglich vermutet. Auch lag der Geschäftsführung mangels bestehender rechtlicher Beziehung zwischen G und B kein Auftrag oder sonstige Berechtigung zugrunde. Somit sind die Voraussetzungen der echten GoA (§ 677 BGB) gegeben. Das eine GoA in diesem Fall vorliegt, haben wir zuvor hier genauer dargelegt.
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2. Grundsätzlich kann der Geschäftsführer, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und Willen des Geschäftsherrn entspricht, Ersatz seiner Aufwendungen verlangen (§ 683 S. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht, also ein Fall der berechtigten GoA vorliegt, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen (§§ 677, 683 S. 1, 670 BGB). Wann ein solcher Fall der berechtigten GoA vorliegt und wann die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse oder wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht, wirst Du noch ausführlich in einem der nächsten Kapitel erfahren.

3. Da es dem Willen und Interesse der B entspricht, dass das von ihr verursachte Feuer durch G gelöscht wird, liegt eine berechtigte GoA vor. Bestünde daher grundsätzlich tatbestandlich ein Anspruch der G gegen B auf Ersatz der Löschkosten?

Ja, in der Tat!

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Aufwendungsersatzanspruchs nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB liegen hier vor. Grundsätzlich wäre ein Aufwendungsersatz tatbestandlich erfüllt.

4. Ist es für Gs Anspruch aus GoA ohne Bedeutung, ob Gs Kostenerstattungsanspruch bereits nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften abschließend geregelt ist?

Nein!

Nach Ansicht des BGH sei für Ansprüche aus GoA kein Raum, wenn Maßnahmen der Gefahrenabwehr schon aufgrund öffentlich-rechtlicher Kostenvorschriften zu erstatten sind. Auch wenn ein Aufwendungsersatzanspruch des kraft öffentlichen Rechts verpflichteten Geschäftsführers gegen den Geschäftsherrn aus GoA tatbestandlich erfüllt sei, werde ein solcher Anspruch verdrängt, sofern öffentlich-rechtliche Vorschriften die Kostenfolge einer Handlung abschließend regeln. Die Literatur lehnt - wie der BGH - im Ergebnis einen Aufwendungsersatz des kraft öffentlichen Rechts verpflichteten Geschäftsführers aus GoA ab. Allerdings mit anderer Begründung. Nach der h.L. fehle es bereits an dem Fremdgeschäftsführungswillen. In diesem Fall existieren keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die die Kostenfolge abschließend regeln. In der Klausur würdest Du auf eine solche Regelung gestoßen werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juraddicted

Juraddicted

14.2.2025, 00:24:11

unter welchen Punkt würde ich die Kostenerstattung aufgreifen, den Streit darstellen und ablehnen? vielen Dank :)

LELEE

Leo Lee

14.2.2025, 03:59:51

Hallo Juraddicted, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Da dieser Problemkreis das auch-

fremd

e Geschäft betrifft, würde man ihn beim TBM der "

Fremd

heit" (also unm. nach dem Geschäft) prüfen. Hierzu kann ich i.Ü. die sehr übersichtliche Darstellung von AS Bayern sehr empfehlen (findest du hier: https://www.as-bayern.de/html/img/pool/1_NLPe_11-05-23_GoA.pdf) :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Juraddicted

Juraddicted

27.2.2025, 15:48:16

Super, ich danke Dir- auch für die Übersicht! :)


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