Zivilrecht

Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

Die echte GoA – Rechtsfolgen

Verhältnis wirklicher Wille und objektives Interesse – „Unvernünftiges Geschäft“

Verhältnis wirklicher Wille und objektives Interesse – „Unvernünftiges Geschäft“

22. Februar 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B ist Briefmarkensammler. Seit langer Zeit sucht er verzweifelt nach der Briefmarke „Das Nilpferd“ und würde jeden Preis dafür bezahlen. Hiervon weiß auch sein Freund F, der ein Exemplar der Marke in einem Antiquariat für das Fünffache ihres Marktwerts sieht und für B kauft.

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Einordnung des Falls

Verhältnis wirklicher Wille und objektives Interesse – „Unvernünftiges Geschäft“

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Tatbestand einer echten GoA (§ 677 BGB) liegt vor. Entsprach die Geschäftsführung auch Bs wirklichen Willen (§ 683 S. 1 BGB)?

Ja, in der Tat!

Nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB hat der Geschäftsführer einer berechtigten GoA einen Anspruch auf Ersatz derjenigen Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Eine GoA ist nach § 683 S. 1 BGB berechtigt, wenn sie dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. B sucht verzweifelt nach der Briefmarke „Das Nilpferd“ und würde nahezu jeden Preis dafür bezahlen. Dieser wirkliche Wille des B ist – jedenfalls konkludent – nach außen getreten, denn F wusste davon. Den Tatbestand des § 677 BGB haben wir in dieser Fallkonstallation im Einführungsfall ausführlicher geprüft.
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2. Da der Kauf der Briefmarke für das Fünffache ihres Marktwertes nicht objektiv vorteilhaft ist und nützlich ist, könnte die Geschäftsführung dem objektiven Interesse widersprechen.

Ja!

Grundsätzlich muss nach § 683 S. 1 BGB die Geschäftsführung sowohl dem Interesse als auch dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprechen. Sofern die Geschäftsbesorgung jedoch dem tatsächlich geäußerten Willen des Geschäftsherrn entspricht, ist nur dieser für die Frage der Berechtigung nach § 683 S. 1 BGB entscheidend. Die Vorschrift wird in diesem Fall teleologisch reduziert. Denn Sinn und Zweck der GoA ist es nicht, „unvernünftige“ Geschäfte des Geschäftsherrn zu vermeiden. Wenn der Geschäftsherr ein solches Geschäft ausdrücklich möchte, gibt es keinen Grund, warum der Geschäftsführer hierfür keinen Ersatz verlangen sollen könnte. Der individuelle Wille genießt den Vorrang vor bloß objektiven Interessen. Hier hat B – zumindest konkludent – geäußert, dass er die Briefmarke unbedingt haben möchte und bereit ist, jeden Preis dafür zu zahlen. Dass dies nicht objektiv vorteilhaft und nützlich ist und damit dem objektiven Interesse widerspricht, ist somit unerheblich. Maßgeblich ist vorliegend allein der tatsächlich geäußerte Wille des B.

3. Kann F das Geld, das er für den Kauf der Briefmarke ausgegeben hat, nun von B ersetzt verlangen?

Genau, so ist das!

Nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB hat der Geschäftsführer einer berechtigten GoA einen Anspruch auf Ersatz derjenigen Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Das für den Kauf der Marke ausgegebene Geld war eine Aufwendung, die F für erforderlich halten durfte. F hat somit einen Anspruch gegen B auf Erstattung des Geldes, das er für den Kauf der Briefmarke ausgegeben hat (§§ 677, 683 S. 1, 670 BGB). Im Gegenzug kann B die Herausgabe der Briefmarke von F verlangen (§§ 681 S. 2, 667 BGB). Dazu später mehr!
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