Parteivernehmung II
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K behauptet, dass er mit dem Mitarbeiter M der B-GmbH einen mündlichen Kaufvertrag über ein Sofa zu einem Preis von € 3.000 geschlossen hat. B bestreitet dies und benennt M als Zeugen. Bei dem Kaufgespräch waren nur K und M anwesend.
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Einordnung des Falls
Parteivernehmung II
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Zur streitigen Tatsache, ob und mit welchem Inhalt ein Kaufvertrag zwischen K und M geschlossen wurde, kann K keinen Zeugenbeweis anbieten.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. K kann allerdings nach § 447 ZPO beantragen, dass er selbst als Partei vernommen wird. Bietet dieser Beweisantritt Aussicht auf Erfolg?
Nein, das trifft nicht zu!
3. K befindet sich daher -im Gegensatz zu B, der den M als Zeugen benennen kann- in einer Beweisnot. Der Grundsatz des fairen Prozesses und der Waffengleichheit gebietet folglich die Vernehmung des beweislosen K von Amts wegen (§ 448 ZPO).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
finnjh
13.8.2024, 15:45:12
Alternativ ist es für das Gericht auch möglich, die benachteiligte Partei lediglich nach § 141 ZPO anzuhören; BGH NJW 2003, 3636: "Dem Grundsatz der Waffengleichheit kann auch dadurch genügt werden, dass die durch ihre prozessuale Stellung bei der Aufklärung des Vier-Augen-Gesprächs benachteiligte Partei nach § 141 ZPO persönlich angehört wird. Das Gericht ist nicht gehindert, einer solchen Parteierklärung den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen zu geben."
Sinan
4.10.2024, 15:42:55
Ihr schreibt: "Zur streitigen Tatsache, ob und mit welchem Inhalt ein Kaufvertrag zwischen K und M geschlossen wurde, kann K keinen Zeugenbeweis anbieten." Die Antwort "Ja" verstehe ich nicht. Nur weil es nicht zweckmäßig ist, den M zu benennen ist es doch möglich. Und danach wurde gefragt. Ob die Tatsache, dass M Mitarbeiter der B-GmbH ist, es erwarten lässt, dass er entgegen seiner strafbewehrten Wahrheitspflicht aussagen würde, steht m.E. nochmal auf einem anderen Blatt. Könnt ihr mich erhellen? Danke! :)
Sebastian Schmitt
27.10.2024, 21:49:49
Hallo @[Sinan](238322), Du hast völlig Recht, dass diese Formulierung aus den von Dir genannten Gründen etwas unsauber ist. Sie ist allerdings dennoch in der Praxis recht verbreitet, vermutlich weil die Frage dort deutlich mehr aus dem reinen Zweckmäßigkeitsblickwinkel betrachtet wird. Sie findet sich (in unserem Fall vergleichbaren Fällen) wortgleich zB in Unterlagen der Kaiser-Seminare (https://www.kaiserseminare.com/fileadmin/media/user_upload/Zivilprozessrecht_Die_persoenliche_Anhoerung_der_Parteien.pdf, S 1), bei BeckOGK-BGB/Buck-Heeb/Lang, Stand 1.8.2024, § 675 Rn 657 oder auch in einem Beschluss des BVerfG, wenn auch dort nur in den "Gründen I."/der Sachverhaltsdarstellung (BVerfG NJW 2008, 2170, 2170). Wir möchten die Formulierung deshalb trotz Deiner berechtigten Kritik gerne beibehalten, auch um Euch für den in der Praxis verbreiteten Sprachgebrauch zu sensibilisieren. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team