Parteivernehmung II

19. Februar 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K behauptet, dass er mit dem Mitarbeiter M der B-GmbH einen mündlichen Kaufvertrag über ein Sofa zu einem Preis von €3.000 geschlossen hat. B bestreitet dies und benennt M als Zeugen. Bei dem Kaufgespräch waren nur K und M anwesend.

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Einordnung des Falls

Parteivernehmung II

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zur streitigen Tatsache, ob und mit welchem Inhalt ein Kaufvertrag zwischen K und M geschlossen wurde, kann K keinerlei Zeugenbeweis anbieten.

Nein, das ist nicht der Fall!

Zeuge kann nur sein, wer nicht als Partei zu vernehmen ist. K ist selbst Partei und kann daher nicht Zeuge sein. Er könnte jedoch (threoretisch) M als Zeugen benennen, der bei dem Gespräch anwesend war. Handelt es sich statt des Mitarbeiters um den Geschäftsführer der GmbH, kann dieser als gesetzlicher Vertreter nicht selbst Zeuge sein. Es kommt allerdings allein auf den Zeitpunkt der Vernehmung an. Durch eine vorhergehende Abberufung des Geschäftsführers kann er durch die GmbH also möglicherweise doch als Zeuge eingeführt werden, worauf in den Zweckmäßigkeitserwägungen eingegangen werden kann.
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2. K kann allerdings nach § 447 ZPO beantragen, dass er selbst als Partei vernommen wird. Bietet dieser Beweisantritt Aussicht auf Erfolg?

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 447 ZPO kann das Gericht über eine streitige Tatsache auch die beweispflichtige Partei vernehmen, wenn eine Partei (1) es beantragt und (2) die andere Partei damit einverstanden ist. Es kann nicht damit gerechnet werden, dass B der Parteivernehmung des K zustimmt. Somit bietet ein solcher Beweisantritt keine Aussicht auf Erfolg.

3. K befindet sich daher -im Gegensatz zu B, der den M als Zeugen benennen kann- in einer Beweisnot. Der Grundsatz des fairen Prozesses und der Waffengleichheit gebietet folglich die Vernehmung des beweislosen K von Amts wegen (§ 448 ZPO).

Ja!

Nach § 448 ZPO kann das Gericht von Amts wegen die Vernehmung einer Partei anordnen. Dafür ist erforderlich, dass eine gewisse Anfangswahrscheinlichkeit für die Beweistatsache besteht (sog. Anbeweis). Für den Fall eines Vier-Augen-Gesprächs zwischen einer Partei und dem Mitarbeiter der anderen Partei wird das Ermessen des Gerichts für ein Vorgehen nach § 448 ZPO reduziert. Denn in diesen Fällen steht eine Partei beweislos da, während die andere Partei ihren Mitarbeiter als Zeuge benennen kann. Aus Gründen der Waffengleichheit (Art. 20 Abs. 3 iVm. Art. 3 Abs. 1 GG, Rechtsstaatsprinzip) und des fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 1 EMRK) ist somit eine Vernehmung der beweislosen Partei von Amts wegen geboten. K ist von Amts wegen als Zeuge nach § 448 ZPO zu vernehmen. Darauf sollte K das Gericht hinweisen und seine Vernehmung anregen.

4. Es ist für für K auch sinnvoll, M als Zeugen zu benennen.

Nein, das ist nicht der Fall!

M war zwar bei dem Gespräch anwesend, ist aber ein Mitarbeiter der B-GmbH. Daher steht er (typischerweise) auf der Gegenseite, sodass es nicht sinnvoll ist, ihn als Zeugen zu benennen. Dem K steht daher kein sinnvoller Zeugenbeweis zur Verfügung. Vor allem Schrifttum differenziert man hier sprachlich nicht immer sauber. Teilweise wird in dieser Konstellation, in der der Kläger nur einen auf der Gegenseite stehenden Zeugen anbieten kann, rein unter Zweckmäßigkeitsgesichtsaspekten davon gesprochen, dass er (überhaupt) „keinen Zeugenbeweis anbieten kann“ – gemeint ist inhaltlich aber „keinen sinnvollen (!) Zeugenbeweis“.
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