Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Versuch und Rücktritt

Streitstand: Tatmittler hat bereits unmittelbar zur Tat angesetzt

Streitstand: Tatmittler hat bereits unmittelbar zur Tat angesetzt

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem
Streitstand

T plant mit D, wie diese gemeinsam den O erschrecken können. Dazu soll D auf den O mit einer Spielzeugwaffe schießen. T überreicht dem D jedoch eine echte Waffe, was dieser nicht erkennt. Als D auf O schießt, blockiert diese.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Streitstand: Tatmittler hat bereits unmittelbar zur Tat angesetzt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist der Versuch eines Totschlages (§ 212 Abs. 1 StGB) strafbar?

Ja, in der Tat!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Totschlag ist ein Verbrechen und daher bereits im Versuch strafbar (§§ 212 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB).
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2. Hat T „Tatentschluss“ bezüglich eines Totschlages?

Ja!

Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Dabei wird zur bloßen Tatgeneigtheit abgegrenzt. T ist entschlossen den O zu töten beziehungsweise töten zu lassen.

3. Hat T „Tatentschluss“, die Tat durch D zu begehen?

Genau, so ist das!

Tatentschluss liegt vor, wenn der Täter Vorsatz in Bezug auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale hat. Daher ist im Tatentschluss die Vorstellung des Täters mit den Theorien über die Täterschafts und Teilnahmetheorien zu prüfen. Nach herrschender Ansicht ist daher auf die Tatherrschaft abzustellen und ob sich der Täter eine Situation vorstellt, die, würde sie zutreffen, eine Tatherrschaft begründen würde.T stellt sich vor, den D als doloses Werkzeug zu nutzen und verschweigt die Wahrheit. Tatentschluss in Bezug auf die mittelbare Täterschaft liegt daher vor.

4. Hat T nach der Einzellösung „unmittelbar angesetzt“?

Ja!

Ein unmittelbares Ansetzen des mittelbaren Täters liegt nach der Einzellösung bereits dann vor, wenn der Täter begonnen hat, auf den Tatmittler einzuwirken. Bereits durch die Übergabe der Waffe hat T erstmalig auf D eingewirkt und damit nach der Einzellösung unmittelbar angesetzt.

5. Hat T nach der Entlassungstheorie (modifizierte Einzellösung) „unmittelbar angesetzt“?

Genau, so ist das!

Ein unmittelbares Ansetzen des mittelbaren Täters liegt nach der Entlassungsheorie vor, wenn er den Tatmittler aus seiner Einflusssphäre entlässt und er den Eintritt der Tathandlung für sicher hält. Indem T den D aus seiner Einflusssphäre entlassen hat, in dem Wissen, dass dieser mit der geladenen Waffe auf O schießen werde, hat T nach der Entlassungstheorie unmittelbar angesetzt.

6. Hat T nach der Gesamtlösung „unmittelbar angesetzt“?

Ja, in der Tat!

Ein unmittelbares Ansetzen des mittelbaren Täters liegt nach der Gesamtlösung dann vor, wenn der Tatmittler selbst unmittelbar zur Tat ansetzt. Indem D auf O schießt, hat er selbst unmittelbar zur Tat angesetzt und nach der Gesamtlösung damit auch T.

7. Bedarf es vorliegend eines Streitentscheides?

Nein!

Ein Streitentscheid erfolgt immer nur dann, wenn die verschiedenen Theorien zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Da alle Theorien zum selben Ergebnis kommen, bedarf es keines Streitentscheides. Den Streit hier zu führen, würde eine falsche Schwerpunktsetzung darstellen und bedeutet wichtige Bearbeitungszeit zu verschwenden! Zudem stellt eine unsaubere Streitdarstellung auch eine potentielle Fehlerquelle dar, durch die man eine unnötige Angriffsfläche schafft.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EVA

evanici

28.8.2023, 14:51:53

Ich verstehe nicht ganz, warum man wie bei dem vergleichbaren Streit bei § 25 II die Begriffe Einzel- und Gesamtlösung verwendet. Bzgl. der Einzellösung verstehe ich es noch, aber was genau wird mit dem Begriff "gesamt" beabsichtigt? Bei § 25 II wäre es ja die Situation, dass, wenn einer ansetzt, quasi alle Mittäter ansetzen, das ist hier ja nicht so wirklich übertragbar. Warum wählt man dann trotzdem die gleichen Begriffe?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

28.8.2023, 16:01:51

Hallo evanici, danke für deine Frage. Ich kann die Verwirrung durchaus verstehen, sind doch die Ausgangslagen durchaus sehr unterschiedlich. Die Bezeichnungen haben wir uns auch nicht ausgedacht, sondern sind die üblichen Namen der Ansätze in der Literatur. Daran orientieren wir uns bei Jurafuchs natürlich. Ein Anhaltspunkt zum Lernen könnte die Idee der "Bewerungseinheit" geben - werden m

ehre

re Personen (auf einer oder m

ehre

ren Beteiligungsebenen) einheitlich gewertet und sozusagen zusammengerechnet. Letztlich entscheidend in einer Klausur ist aber natürlich nicht der Titel. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

28.8.2023, 17:16:48

Danke, „Bewertungseinheit“ ist super! 😍😍😍


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