Erklärung gelangt auf eine Weise in den Machtbereich des Empfängers, mit der dieser nicht rechnen muss.


[...Wird geladen]

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Klassisches Klausurproblem

E will das ihm vor längerer Zeit von seinem Freund A unterbreitete Kaufangebot über seine Briefmarkensammlung annehmen. E legt eine Annahmeerklärung auf den Schreibtisch des A, ohne dass dies vereinbart war oder A damit rechnen muss. Im Papiergewusel übersieht A den Brief.

Einordnung des Falls

Erklärung gelangt auf eine Weise in den Machtbereich des Empfängers, mit der dieser nicht rechnen muss.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Empfangsbedürftige WE werden wirksam mit Zugang (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Zugang (Phase 3) liegt bei verkörperten WE vor, wenn die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass er von ihr Kenntnis nehmen kann und wenn unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.

2. Die Annahmeerklärung wird wirksam, wenn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge damit zu rechnen ist, dass A den Schreibtisch aufräumt und davon Kenntnis nehmen wird.

Nein!

Ob und wann zu erwarten ist, dass der Empfänger die Erklärung zur Kenntnis nimmt, hängt davon ab, ob sie auf eine Weise in seinen Machtbereich gelangt, mit der er rechnen muss. Ist das zu verneinen, kann von ihm kein Verhalten entsprechend dem „gewöhnlichen Verlauf der Dinge“ erwartet werden.Hier musste A nicht damit rechnen, dass E die Erklärung auf dem Schreibtisch ablegt.

3. Die Annahmeerklärung wird wirksam, wenn A den Brief als an ihn gerichtet tatsächlich wahrnimmt und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge damit zu rechnen ist, dass er ihn alsbald lesen wird.

Genau, so ist das!

Auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge kommt es erst dann an, wenn der Empfänger die Erklärung tatsächlich bemerkt und als an ihn gerichtete Erklärung wahrnimmt. Dann kann nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erwartet werden, dass er die Erklärung alsbald zur Kenntnis nimmt.Spätestens wird die Annahmeerklärung also wirksam, wenn A den Brief liest und damit tatsächlich Kenntnis nimmt.

Jurafuchs kostenlos testen


Mirko

Mirko

8.4.2020, 23:09:13

„Vor längerer Zeit“ unklar definiert. Könnte das Angebot nicht schon verfallen sein, zum Schutz des Erklärenden?

GEL

gelöscht

9.4.2020, 07:00:50

Hi - hier kommt es erkennbar nicht darauf an, wann das Angebot an E erging, sondern ob A damit rechnen musste, dass das Angebot angenommen auf seinem Schreibtisch landen würde. Grundsätzlich hast du natürlich Recht, dass das Zeitmoment und die Form eine wichtige Rolle spielen.

Mirko

Mirko

9.4.2020, 12:30:46

Alles klar, danke dir!

Kind als Schaden

Kind als Schaden

8.4.2024, 13:12:37

Am Ende der Aufgabe heißt es in der grünen Subsumption, dass "spätestens" mit der Kenntnisnahme der Zugang vorliegt. Es müsste aber "frühestens" oder "erst" heißen an dieser Stelle, da bei der Frage zuvor zutreffend festgestellt wurde, dass die Erklärung nicht derart in den Machtbereich gelangt ist, dass der Empfänger damit rechnen muss und somit "erst", also "frühestens" mit der tatsächlichen Kenntnisnahme, der Zugang vorliegt.

TI

Timurso

9.4.2024, 09:16:19

Das stimmt so nicht. Über der von dir genannten Subsumtion wird erläutert, dass der Zugang nicht erst mit tatsächlicher Kenntnisnahme des Inhalts des Briefes (also der Willenserklärung selbst), sondern dann, wenn nach Kenntnisnahme des Briefes selbst (also des Vorhandenseins einer Willenserklärung) mit der Kenntnisnahme objektiv zu rechnen ist. Insofern ist die Formulierung korrekt.

Kind als Schaden

Kind als Schaden

13.4.2024, 14:22:25

Ich versuche mich nochmal genauer auszudrücken: Wenn Juristen das Wort "spätestens" verwenden, dann drücken sie normalerweise damit aus, dass eine Prüfungsvoraussetzung auch schon vorher innerhalb der Prüfreihenfolge vorgelegen haben könnte, man dies aber nicht prüft, WEIL "spätestens" mit bla bla, xy vorliegt. Hier gibt es aber ja keinen früheren möglichen Zeitpunkt im Aufbau, bei dem der Zugang vorliegen könnte. Also ist die Verwendung des Wortes spätestens zumindest irreführend/falsch/wie auch immer. Das ist sicherlich nur ein kleiner Fehler und man könnte "spätestens" auch ersatzlos streichen. Hoffe es wird jetzt klar, wo ich das Problem sehe :)

Kind als Schaden

Kind als Schaden

13.4.2024, 14:27:06

*Bei meinem ersten Kommentar hast du zutreffend erkannt, dass ich statt objektiv zu erwartender Kenntnisnahme "tatsächliche Kenntnisnahme" geschrieben haben. Darum geht es mir aber nicht.

TI

Timurso

13.4.2024, 14:42:46

Letzteres ist aber der entscheidende Unterschied. Der Zugang liegt frühestens mit erwarteter Kenntnisnahme (des Inhalts nach Kenntnisnahme der Tatsache, dass es eine Erklärung gibt) und spätestens mit tatsächlicher Kenntnisnahme (des Inhalts der Erklärung) vor. Nichts anderes steht in der Lösung. Die erwartete Kenntnisnahme muss nicht geprüft werden, da wir die tatsächliche Kenntnisnahme haben. Die Verwendung von "spätestens" ist daher nicht falsch. Nochmal anders formuliert: A sieht, dass da ein Brief dür ihn liegt. Er entscheidet sich dann bewusst, ihn nicht zu lesen. Dadurch geht die Erklärung nach 1-2 Tagen zu, da dann mit dem Lesen durch A zu rechnen ist. Wenn er den Brief jetzt zwei Wochen später tatsächlich liest, geht spätestens dann die Erklärung zu, eine Prüfung, wann mit dem Lesen zu rechnen gewesen wäre, erübrigt sich. Daher "spätestens".

Kind als Schaden

Kind als Schaden

14.4.2024, 00:35:46

Jetzt verstehe ich das Problem: Es findet eine Unterscheidung statt zwischen Kenntnis EINER Erklärung und Kenntnis des Erklärungsinhalts. Insoweit stimmt dann die Lösung. Allerdings ist dann wiederum der Aufgabentext nicht eindeutig; "tatsächlich wahrnimmt" soll ungleich "lesen" sein. Das Problem ist aber: "Tatsächlich wahrnehmem" wird oft als Synonym für "gelesen haben" verwendet.

Kind als Schaden

Kind als Schaden

14.4.2024, 00:37:00

Auf jeden Fall eine Kleinigkeit und Danke für die Hilfe


© Jurafuchs 2024