Aufstiftung 2

4. Juli 2025

5 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Ganove T hat wieder einmal Probleme mit dem Kunden O. O hatte erneut die Rechnungen nicht bezahlt. T möchte das mit einer Ohrfeige regeln. Seine Freundin A hat Zweifel an der Wirkung einer Ohrfeige und rät T, O einen Faustschlag in die Magengrube zu verpassen. Dem kommt T nach.

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Einordnung des Falls

Aufstiftung 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat sich wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) strafbar gemacht, indem er O mit der Faust geschlagen hat.

Ja, in der Tat!

Eine Körperverletzung (§ 223 StGB) setzt entweder eine (1) körperliche Misshandlung oder eine (2) Gesundheitsschädigung voraus. Indem T dem O einen Faustschlag verpasst hat, hat er O übel und unangemessen behandelt und ihn somit körperlich misshandelt.
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2. A hat sich nach der Unwertsteigerungstheorie wegen einer Anstiftung zur Körperverletzung (§§ 223, 26 StGB) strafbar gemacht, indem sie T zu einem Faustschlag riet.

Nein!

Nach der von der Rspr. und einem Teil der Literatur vertretenen Unwertsteigerungstheorie ist eine Anstiftung zur Tat möglich, wenn schon innerhalb eines Tatbestands der Unrechtsgehalt wesentlich erhöht wird. Dies bemisst sich nach normativen Kriterien (z.B. gefährliche Ausführungshandlung). Ein Faustschlag in die Magengrube ist per se nicht wesentlich gefährlicher als eine Ohrfeige. Um eine wesentliche Unrechtserhöhung annehmen zu können, bräuchte es mehr Informationen. A hat sich aber wegen psychischer Beihilfe (§ 27 StGB) strafbar gemacht.

3. A hat sich nach der Theorie vom sog. analytischen Trennungsprinzip wegen einer Anstiftung zur Körperverletzung (§§ 223, 26 StGB) strafbar gemacht, indem sie T zu einem Faustschlag riet.

Nein, das ist nicht der Fall!

Diese Ansicht geht von der Überlegung aus, dass der Täter bezüglich des Grunddeliktes bereits fest entschlossen (omnimodo facturus) und eine Anstiftung zu einem „Mehr“ nur dann möglich ist, wenn dieser Teil auch eigenständig strafbar ist (ein aliud darstellt). Ist dies nicht der Fall, kann sich aber eine Strafbarkeit wegen psychischer Beihilfe (§ 27 StGB) ergeben.A hat T nicht zu einem eigenständigen Tatbestand angestiftet. Sie hätte sich hiernach aber wegen psychischer Beihilfe (§ 27 StGB) strafbar gemacht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

I-m-possible

I-m-possible

1.7.2022, 10:21:26

Sehe ich das richtig, dass als Auffangstrafbarkeit immer die

psychische Beihilfe

, §27, strafbar ist?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.7.2022, 13:18:34

Hallo I-m-possible, soweit man mit der hM genügen lässt, dass ein Bestärken zur Tat eine hinreichende Förderungshandlung darstellt, so ist regelmäßig eine

psychische Beihilfe

zu bejahen, wenn die Schwelle des Bestimmens zur Tat nicht erreicht ist. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team

VALA

Vanilla Latte

3.4.2025, 03:22:10

Aber wieso? Er war doch schon fest entschlossen.

Inkognito

Inkognito

16.4.2025, 11:17:50

Sollte diese Ansicht nun mal aus einem Original-Urteil kommen müssen wir diese Ansicht wohl als existend Hinnehmen, jedoch finde ich die Idee, dass ein Faustschlag in die Magengrube einer Ohrfeige vom Unrechtsgehalt her gleichzustellen ist, äußerst skurril. Alleine im Bezug auf Möglichkeiten der Verletzung liegt meiner Ansicht nach ein beträchtlicher Unterschied vor.

WAYA

WayanMajere

6.5.2025, 14:54:00

Ich kann den Gedanken nachvollziehen, so lange man von einer alltäglichen Ohrfeige ausgeht. Dies dürfte bei einem benannten Ganoven, der sein Geld will, aber nicht der Fall sein. Der Schlag dürfte wesentlich hartr ausfallen als eine "haushaltsübliche" Ohrfeige. Hier sehe ich auch einen Unterschied in der Verletzungs

gefahr

, aber halte die Ohrfeige für gefährlicher. Diese kann, wenn sie tatsächlich das Ohr trifft, das Trommelfell zerstören und den Gleichgewichtssinn erheblich durcheinander bringen. Ohrfeigen finden sich entsprechend in viele traditionellen Kampfkünsten und auch historischen Beschreibungen (wie zB der osmanischen Schelle mit der Pferde zu Boden gehauen worden sein sollen.) Auf der anderen Seite ist ein Schlag in die Magengrube - solange es kein Milz- oder Leberhaken ist - nicht wirklich geeignet, mehr als erhebliche Schmerzen hervorzurufen.


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