Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Weitere Sekundäransprüche

Geringfügige Schutzpflichtverletzung ohne Abmahnung (§ 282 BGB)

Geringfügige Schutzpflichtverletzung ohne Abmahnung (§ 282 BGB)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A beauftragt M in ihrer Wohnung Parkett zu verlegen. In der Wohnung herrscht striktes Rauchverbot, was für Gewohnheitsraucherin M eine Qual ist. Obwohl M die Arbeiten sorgfältig ausführt, kündigt A ihr, als sie M nach einer vorherigen Abmahnung noch einmal beim Rauchen erwischt. A beauftragt Parkettleger P, der € 500 mehr verlangt .

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Einordnung des Falls

Geringfügige Schutzpflichtverletzung ohne Abmahnung (§ 282 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem M im Wohnzimmer geraucht hat, hat M ihre Schutzpflicht verletzt (§ 241 Abs. 2 BGB).

Ja!

Eine Pflichtverletzung ist jede objektive Abweichung des Verhaltens einer Partei des Schuldverhältnisses vom geschuldeten Pflichtenprogramm(vgl. § 241 BGB). Jede Partei ist über die geschuldeten vertraglichen Pflichten hinaus dazu verpflichtet, die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei bei der Leistungserbringung zu berücksichtigen (§ 241 Abs. 2 BGB). Indem M entgegen des Rauchverbotes in dem Wohnzimmer geraucht hat, hat sie gegen ihre vertraglichen Rücksichtsnahmepflichten verstoßen.
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2. M hat die Schutzpflichtverletzung zu vertreten gehabt.

Genau, so ist das!

Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, sofern keine strengere oder mildere Haftung (vertraglich oder gesetzlich) bestimmt ist oder sich aus den Umständen ergibt (§ 276 Abs. 1 BGB). Dabei gilt zugunsten des Gläubigers die (widerlegbare) Vermutung, dass der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hatte. (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). M hat vorsätzlich geraucht. Insoweit hat sie die Schutzpflichtverletzung zu vertreten gehabt und kann die Vermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht widerlegen.

3. Da M trotz vorheriger Abmahnung geraucht hat, war es A unzumutbar, Ms Leistung weiter entgegenzunehmen.

Nein, das trifft nicht zu!

Bei der Frage der Zumutbarkeit sind die Interessen des Gläubigers und des Schuldners gegeneinander abzuwägen. Wesentliche Gesichtspunkte sind: (1) die Schwere der Pflichtverletzung, (2) der Grad des Verschuldens und (3) die Wiederholungsgefahr. Eine Abmahnung ist nicht zwingend erforderlich. Gerade bei geringen Pflichtverletzungen ist ein sofortiges Verlangen von Schadensersatz in der Regel aber nicht gerechtfertigt.Im Hinblick auf Ms Abhängigkeit und der sonstigen guten Arbeit, führt hier selbst der Verstoß gegen die erste Abmahnung (noch) nicht zur Unzumutbarkeit.A.A. sehr gut vertretbar. Das Beispiel entstammt der Gesetzesbegründung aus dem Jahr 2001 (BT-Drs. 14/7052). Da seitdem der Nichtraucherschutz deutlich verstärkt wurde und M zum Rauchen auch rausgehen könnte, kann man auch die Unzumutbarkeit bejahen. Maßgeblich ist letztlich die Argumentation, nicht das Ergebnis.
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