Unzumutbarkeit ohne Abmahnung (§ 282 BGB)

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A beauftragt M, in ihrer Wohnung Parkett zu verlegen. Noch bevor M anfängt zu arbeiten, belästigt und beleidigt M den Ehemann (E) der A mit einer Reihe anzüglicher Kommentare. A geht dazwischen und wirft M raus. Sie beauftragt Parkettlegerin P, die €500 mehr verlangt.

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Einordnung des Falls

Unzumutbarkeit ohne Abmahnung (§ 282 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem M den E belästigt und beleidigt hat, hat M ihre Schutzpflicht verletzt (§ 241 Abs. 2 BGB).

Ja!

Eine Pflichtverletzung ist jede objektive Abweichung des Verhaltens einer Partei des Schuldverhältnisses vom geschuldeten Pflichtenprogramm(vgl. § 241 BGB). Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gebietet es dabei, das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) des Vertragspartners und der ihm nahestehenden Personen zu achten. Die anzüglichen Kommentare stellen eine Verletzung von Es allgemeinem Persönlichkeitsrecht dar und insoweit eine Schutzpflichtverletzung.
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2. M hat die Schutzpflichtverletzung zu vertreten gehabt.

Genau, so ist das!

Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, sofern keine strengere oder mildere Haftung (vertraglich oder gesetzlich) bestimmt ist oder sich aus den Umständen ergibt (§ 276 Abs. 1 BGB). Dabei gilt zugunsten des Gläubigers die (widerlegbare) Vermutung, dass der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hatte. (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). M hat E vorsätzlich belästigt und beleidigt. Sie kann die Vermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht widerlegen.

3. Da A die M nicht abgemahnt hat, war es ihr zumutbar, M weiterhin zu beschäftigen.

Nein, das trifft nicht zu!

Bei der Frage der Zumutbarkeit sind die Interessen des Gläubigers und des Schuldners gegeneinander abzuwägen. Wesentliche Gesichtspunkte sind: (1) die Schwere der Pflichtverletzung, (2) der Grad des Verschuldens und (3) die Wiederholungsgefahr. Eine Abmahnung ist nicht zwingend erforderlich, wenn bereits die einmalige Verletzung das Vertragsverhältnis nachhaltig und unwiederbringlich zerrüttet.M ist es unzumutbar, eine Handwerkerin zu beschäftigen, die ihren Ehemann belästigt und beleidigt. Da hierdurch das Vertragsverhältnis schwer beschädigt wird, ist auch eine vorherige Abmahnung nicht notwendig.Auch hier handelt es sich um eine Wertungsfrage, weshalb eine a.A. ebenfalls vertretbar ist.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

NAE3

nae3

20.8.2022, 08:49:36

Liebe den Sachverhalt

Nora Mommsen

Nora Mommsen

21.8.2022, 17:38:56

Danke für das Lob nae3! Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

QUIG

QuiGonTim

22.2.2024, 22:56:55

Mir kam zunächst der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in den Sinn. Das war wohl die völlig falsche Fährte. Dieser würde allenfalls dann relevant werden, wenn E (wohl aussichtslos) Schadenersatz wegen der erlittenen seelischen Schänden fordern würde. Richtig?


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