Abwandlung: anfängliche Unmöglichkeit

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V hat das Examen bestanden und verkauft ihren individuell markierten und mit Fähnchen versehenen Habersack für €25 an K. Schon vor Vertragsschluss verbrennt die Gesetzessammlung bei einem Brand in Vs Wohnung.

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Einordnung des Falls

Abwandlung: anfängliche Unmöglichkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein wirksamer Kaufvertrag zwischen V und K besteht nur, wenn V die Erbringung seiner Leistung (Übergabe und Übereignung des Habersack) zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses möglich war.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Wirksamkeit eines Vertrags steht es nach § 311a Abs. 1 BGB nicht entgegen, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt.Anders war dies vor der Schuldrechtsmodernisierung 2002. Damals war der Vertrag nichtig (§ 306 BGB) und der Schuldner haftete allenfalls für den entstandenen Vertrauensschaden (=negatives Interesse).
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2. V ist nicht verpflichtet, K den Besitz und das Eigentum am Habersack zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB), soweit dies für ihn oder jedermann unmöglich ist (§ 275 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Die Leistungspflicht des Schuldners ist ausgeschlossen, wenn die Leistungserbringung unmöglich ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Unmöglichkeit liegt vor, wenn der Leistungspflicht ein dauerhaftes und unüberwindbares Hindernis entgegensteht. Es genügt, dass der Schuldner das Hindernis nicht überwinden kann (subjektive Unmöglichkeit). Erst recht liegt Unmöglichkeit aber vor, wenn dies für niemanden möglich ist (objektive Unmöglichkeit). Die Prüfung der Unmöglichkeit könnte man wie folgt einleiten: „Trotz des wirksamen Vertrages besteht nach § 275 Abs. 1 BGB kein Anspruch des K auf Übergabe und Übereignung des Habersacks, wenn V diese Leistung bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unmöglich war.“

3. Für die Frage, ob Vs Leistungspflicht durch Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) ausgeschlossen ist, kommt es darauf an, ob der Brand vor oder nach Abschluss des Vertrages erfolgt ist.

Nein!

Die Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB umfasst sowohl die anfängliche (bei Vertragsschluss bestehende) als auch die nachträgliche (nach Vertragsschluss eintretende) Unmöglichkeit.Im Hinblick auf den Ausschluss von Vs primärer Leistungspflicht ist es folglich egal, wann Unmöglichkeit eintritt. Die Pflicht ist in beiden Fällen ausgeschlossen.Unterschiede ergeben sich allerdings hinsichtlich eventueller Schadensersatzansprüche. Bei anfänglicher Unmöglichkeit resultiert der Anspruch aus § 311a Abs. 2 BGB, wohingegen bei nachträglicher Unmöglichkeit §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB einschlägig ist.
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