+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klägerin K hat Klage zum Landgericht erhoben. Beklagte B meint, das Verwaltungsgericht sei zuständig. Richterin R entscheidet rechtskräftig, dass das Landgericht zuständig ist. B erhebt nun negative Feststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht. Wie geht das VG mit Bs Klage um?

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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Verwaltungsgericht weist die Klage der B als unzulässig ab.

Ja, in der Tat!

Nach § 17a Abs. 1 GVG gilt: Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden. Dies soll Kompetenzkonflikte zulasten der Rechtsschutzsuchenden und die doppelte Befassung mehrerer Gerichte mit dem gleichen Streitgegenstand verhindern. Die Bindung des § 17a Abs. 1 GVG tritt auch ein, wenn ein anderes Gericht diese Entscheidung für fehlerhaft hält.
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2. Das Verwaltungsgericht weist die Klage der B als unbegründet ab.

Nein!

Die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit bzw. der anderweitigen Rechtshängigkeit ist keine Frage der Begründetheit.

3. Das Verwaltungsgericht entscheidet in der Sache über die Klage der B.

Nein, das ist nicht der Fall!

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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

🦊²

🦊²

8.4.2022, 17:38:32

Hey Hey, gibt es aber hierzu nicht noch eine Art Willkür Kontrolle, wenn das angerufene (zugewiesene) Gericht der Auffassung ist, nicht zuständig zu sein? Der Kompetenzkonflikt wird dann durch ein gemeinsames obersten Senat/Gericht/ entschieden?! Ich meine, damals in der VL etwas dazu gehört zu haben :-D Beste Grüße 🦊²

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

11.4.2022, 18:15:59

Hallo Fuchs², in der Theorie kann ausnahmsweise die Bindungswirkung entfallen. Dies wird aber in der Rechtsprechung extrem restriktiv gehandhabt und soll nur bei "extremen Verstößen" (vgl. BGH NJW 2003, 2990). Begründet wird dies insbesondere damit, dass § 17a Abs. 4 GVG eine entsprechende Beschwerdemöglichkeit vorsieht. Wird diese nicht genutzt und wird der Verweisungsbeschluss rechtskräftig, so muss das Gericht an das verwiesen wurde in der Regel in den sauren Apfel beißen und entscheiden - auch wenn es der Auffassung ist, eigentlich nicht zuständig zu sein. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

CO

Con

12.10.2024, 19:40:14

Hallo Lukas und Fuch^2, ich habe eine Rückfrage/Verständnisfrage. Habe ich euren Austausch richtig verstanden?: (1) Wenn ein Gericht den zu ihm bestrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt hat (§ 17a I GVG), gibt es dagegen kein Rechtsmittel außer die von Fuchs^2 angesprochene Willkürkontrolle für Extremfälle. (2) Der Verweisungsbeschluss nach § 17 II 3 GVG kann mit dem Rechtsmittel der Beschwerde angegriffen werden (vgl. § 17a IV GVG).

JI

Jimmy105

23.10.2024, 12:19:29

Folgende Aussage stimmt: "Die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit bzw. der anderweitigen

Rechtshängigkeit

ist keine Frage der

Begründetheit

." Normalerweise ist es nämlich eine Frage der Sachentscheidungsvoraussetzungen. Hier ist aber eine

negative Feststellungsklage

einschlägig. Es soll also festgestellt werden ob die fragliche Rechtsbeziehung besteht oder nicht und das ist eine materielle Frage. Deshalb imo auch in der

Begründetheit

zu verorten. Die Zuständigkeit des Landgerichts hat also nichts mit der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts zutun, wenn das Verwaltungsgericht beurteilen soll, ob das Landgericht Zuständig ist oder eben nicht. Im Ergebnis stimme ich der Lösung aber zu. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht wird wohl bereits an der evident nicht gegebenen

Klagebefugnis

scheitern, spätestens aber in der

Begründetheit

.

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

23.10.2024, 17:26:55

Danke für Deine Frage @[Jimmy105](252785), aber hier liegst Du leider falsch. Die Rechtswegszuständigkeit ist eine rein prozessrechtliche Frage. (Deshalb wird sie überwiegend auch vor der Zulässigkeit einer Klage geprüft.) Sie dient dazu, die gesetzlichen Zuständigkeiten der verschiedenen Rechtswege von einander verbindlich abzugrenzen. Doch wenn ein Gericht die Entscheidung getroffen hat, dass ein Gericht eines anderen Rechtswegs zuständig ist, und dann den Streit zur Entscheidung an das Gericht des zuständigen Rechtswegs verwiesen hat (§ 17a Abs. 2 S. 1 GVG), dann ist das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde, daran gebunden (§ 17a Abs. 2 S. 3 GVG). Man kann diese bindende Rechtswegsentscheidung nicht dadurch umgehen, dass man eine

negative Feststellungsklage

erhebt und die Frage der – verbindlich entschiedenen – Rechtswegzuständigkeit zu einer Frage umdeutet, die im Rahmen der

Begründetheit

zu klären wäre. Denn sonst ließe sich die Wirkung von § 17a Abs. 2 S. 3 GVG aushebeln, verbindliche Rechtswegzuweisungen zu erreichen und ein Rechtsweg-„Ping-Pong“ zu vermeiden. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

JI

Jimmy105

23.10.2024, 18:02:06

Wenn ich das richtig verstehe ist das maßgebliche Argument, dass bereits die Möglichkeit einer (offensichtlich unbegründeten) Klage eine Gefahr für §17a GVG wäre? Besteht dann gar keine Möglichkeit eine solche Gerichtsentscheidung zu beanstanden?


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