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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der wegen Vergewaltigung angeklagte K wird freigesprochen. In den Urteilsgründen wird dazu ausgeführt, der Freispruch erfolge aus Mangel an Beweisen. K fühlt sich durch diesen Freispruch „2. Klasse“ beschwert. Er will einen Freispruch wegen erwiesener Unschuld und legt Berufung ein.

Einordnung des Falls

Zulässigkeit Berufung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Beschuldigte sind selbst befugt, Berufung einzulegen.

Ja, in der Tat!

Voraussetzung für die Einlegung von Rechtsmitteln ist die Anfechtungsberechtigung. Zur Einlegung von Rechtsmitteln sind befugt: (1) die Staatsanwaltschaft, auch zu Gunsten des Beschuldigten (§ 296 StPO), (2) der Beschuldigte (§ 296 Abs. 1 StPO), (3) der Verteidiger, aber nicht gegen den Willen des Beschuldigten (§ 297 StPO). Daneben kommen im Einzelfall noch der gesetzliche Vertreter (§ 298 StPO), der Privatkläger und der Nebenkläger (§§ 400f. StPO) in Betracht. K ist als Beschuldigter grundsätzlich anfechtungsberechtigt.

2. K müsste beschwert sein.

Ja!

Weitere Zulässigkeitsvoraussetzung ist das Vorliegen einer Beschwer. Die Staatsanwaltschaft ist immer beschwert, wenn sie geltend macht, die Entscheidung sei unrichtig. Denn sie ist zur Wahrung des Rechts und der Objektivität verpflichtet. Der Beschuldigte ist beschwert, wenn die Entscheidung zu seinem Nachteil ergangen ist.

3. K ist beschwert.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Beschwer kann sich grundsätzlich nur aus dem Urteilstenor und nicht aus den Urteilsgründen ergeben. Der Angeklagte kann daher ein freisprechendes Urteil nicht deshalb angreifen, weil er sich durch die Gründe beschwert fühlt. Eine Ausnahme vom Erfordernis der Tenorbeschwer gilt aber dann, wenn das Gericht in den Urteilsgründen zum Ausdruck bringt, eigentlich von der Schuld des Angeklagten überzeugt zu sein.K ist durch den freisprechenden Tenor nicht beschwert. Seine Berufung ist deshalb nach § 322 StPO als unzulässig zu verwerfen.

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dario.b

dario.b

10.7.2024, 11:22:13

Interessant ist aber auch, dass der EGMR sich bereits zu der Frage der Rechtmäßigkeit solcher "Freisprüche 2. Klasse" eingelassen hat (Cleve v. Deutschland, Entscheidung vom 15.01.2015 auf Individualbeschwerde Nr. 48144/00; https://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-150309 ). Der EGMR hat darauf hingewiesen, dass eine dem Tenor widersprechende Schuldfeststellung wie sie das LG Münster getroffen hat gegen die Unschuldsvermutung verstößt: "So geht die Kammer im Ergebnis davon aus, dass das von der Zeugin geschilderte Kerngeschehen einen realen Hintergrund hat, nämlich dass es tatsächlich zu sexuellen Übergriffen des Angeklagten zu Lasten seiner Tochter in seinem Auto gekommen ist. Die Taten ließen sich aber dennoch weder ihrer Intensität noch ihrer zeitlichen Einordnung nach in einer für eine Verurteilung hinreichenden Art und Weise konkretisieren. Die Inkonstanzen in den Aussagen der Zeugin waren so gravierend, dass konkrete Feststellungen nicht getroffen werden konnten."


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