Strafrecht

Strafprozessrecht

Besondere Verfahren

Strafbefehlsverfahren - Sinn, Voraussetzungen, richterliche Entscheidung

Strafbefehlsverfahren - Sinn, Voraussetzungen, richterliche Entscheidung

5. Dezember 2024

4,8(5.924 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Klassisches Klausurproblem

T ist hinreichend verdächtig, einen Rituals-Adventskalender gestohlen zu haben. Die Staatsanwältin S hat in der Weihnachtszeit mehr als genug zu tun und hält, wegen der erwarteten Geldstrafe von 15 Tagessätzen, eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich.

Diesen Fall lösen 91,1 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Strafbefehlsverfahren - Sinn, Voraussetzungen, richterliche Entscheidung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S könnte einen Strafbefehl beantragen, um sich die Hauptverhandlung zu ersparen.

Genau, so ist das!

Das Strafverfahren dient bei einfach gelagerten Fällen mit geringer Schuldschwere (Bagatellstraftaten) dem Zweck der Prozessökonomie und der Einsparung von Kosten. Es ist ein summarisches Verfahren: Entschieden wird nach Aktenlage, es findet keine Hauptverhandlung statt, das Verfahren ist rein schriftlich, nicht öffentlich und ohne Beteiligung von Laienrichtern und ohne, dass immer ein Verteidiger notwendig wäre.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die Voraussetzungen für einen Strafbefehl lägen vor.

Ja, in der Tat!

(1) S müsste den Strafbefehl beantragen (§ 407 Abs. 1 StPO). (2) Das Amtsgericht (Strafrichter) ist zuständig (§ 407 Abs. 1 S. 1 StPO). (3) T ist hinreichend verdächtig (§ 407 Abs. 1 S. 4, 170 Abs. 1 StPO). (4) Bei dem Diebstahl handelt es sich um ein Vergehen (§ 407 Abs. 1 S. 1 StPO, § 12 StGB). (5) Die Geldstrafe ist eine zulässige Sanktion (§ 407 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StPO). Die Voraussetzungen liegen vor, S könnte einen Strafbefehl beantragen.

3. Der Richter erlässt grundsätzlich den Strafbefehl, wenn er ebenfalls hinreichenden Tatverdacht bejaht.

Ja!

Ebenso wie bei der Anklageerhebung (§ 170 Abs. 1 StPO) ist das Gericht nicht an die Beurteilung der Staatsanwaltschaft gebunden, sondern zu einer eigenen Bewertung und Beurteilung berechtigt und verpflichtet. Bestehen insgesamt keine Bedenken gegen den Strafbefehlsantrag, so muss der Richter den Strafbefehl erlassen (§ 408 Abs. 3 S. 1). Der Richter kann den Erlass des Strafbefehls aber auch aus den gleichen Gründen ablehnen, mit denen das Gericht im Normalfall den Erlass eines Eröffnungsbeschlusses ablehnt, etwa mangels hinreichenden Tatverdachts (§ 408 Abs. 2 S. 1 StPO).
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Isabell

Isabell

6.1.2021, 14:27:29

Keine Lust auf eine Hauptverhandlung zu haben ist kein zulässiger Grund für den Erlass eines Strafbefehls. Die Durchführung der Hauptverhandlung muss als entbehrlich angesehen werden dürfen. Andernfalls würde man wenigstens dem Anspruch auf ein faires Verfahren nicht genügen. Mag sein, dass "keine Lust zu haben" in der Praxis ausreicht. Aber hier geht es um die gesetzlichen Anforderungen. Zumal es äußerst unwahrscheinlich ist, dass S selbst die Sitzungsvertretung machen würde.

t o m m y

t o m m y

6.1.2021, 15:25:14

ja, das ist zur verdeutlichung überspitzt. nach Nr. 175 III 1 RiStBV soll der strafbefehl allerdings allgemein erste wahl sein, wenn nicht die durchfuehrung einer HV aus besonderen gruenden

geboten

erscheint

Isabell

Isabell

6.1.2021, 15:33:37

Auch Überspitzungen müssen in der Sache richtig sein. Sonst kehrt sich der eigentlich verfolgte Zweck der Lernerleichterung ins Gegenteil um. Den Schaden, den diese Antwort in der Prüfung anrichten würde, kann man nicht wieder einfangen.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

7.1.2021, 18:55:49

Hallo ihr beiden, tommy, du hast unsere Intention richtig erkannt. ;) Allerdings hast du Recht Isabell, das ist hier zu vereinfacht. Wir haben den Sachverhalt entsprechend des § 407 StPO angepasst.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen