§ 81a – Brechmittel
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Kleindealer D schluckt vor seiner Festnahme schnell ein Tütchen mit 0,5g Cannabis. Da sich die Drogen im Magen des D befinden, ordnet die Staatsanwaltschaft die Verabreichung von Brechmitteln an. D weigert sich, das Mittel selbst zu schlucken. Die einzige Möglichkeit ist daher die Verabreichung mittels einer Magensonde.
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Einordnung des Falls
§ 81a – Brechmittel
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. D ist verpflichtet, das Brechmittel zu schlucken.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ermächtigungsgrundlage für die Verabreichung der Magensonde ist hier § 102 StPO.
Nein!
3. Die zwangsweise Verabreichung der Magensonde wäre hier unverhältnismäßig.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jose
26.1.2022, 15:47:28
Laut Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist die Verabreichung von Brechmittel Folter, die nach Art. 3 EMRK verboten ist. In Deutschland wurde auch nach dem Urteil des EGMR Brechmittel eingesetzt, wobei mindestens zwei Personen (Schwarze Asylbewerber) gestorben sind. Olaf Scholz ordnete damals in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister die Verabreichung von Brechmitteln an, obwohl dies durch den EGMR schon verboten worden war.
Matschegenga
13.2.2022, 09:41:24
Auch wenn Olaf Scholz in diversen Fällen seine Windbeuteligkeit unter Beweis stellen durfte, würde ich fairerweise hinterfragen: Bist du sicher, dass das "vom EGMR schon verboten" war? Scholz hat die Methode als Innensenator 2001 zugelassen. Ich hab den Eindruck, das EGMR-Urteil kam erst 2006, und zwar wahrscheinlich auch unter dem Einfluss der 2 Todesfälle, die du genannt hast? Ich könnte mich irren. Die Tode und die dadurch entfachte Diskussion über die Methode fielen auch in die Legislaturperiode der CDU/FDP/Schill-Koalition, da hätte Scholz natürlich nichts mehr ändern können.
James Morgan McGill
11.11.2022, 12:20:03
Leitet sich der nemo-tenetur-Grundsatz nicht aus §§ 136 I 2, 243 V 1 StPO bzw. aus Art. 2 I GG iVm Art. 1 I GG ab? Bei der ersten Antwortmöglichkeit wird auf Art. 103 II GG verwiesen. Diese Vorschrift betrifft meines Wissens jedoch den Grundsatz „nulla poena sine lege“.
Nora Mommsen
12.11.2022, 12:55:12
Hallo James Morgan McGill, danke dir für den Hinweis. Es ist in der Tat so, dass sich der nemo-tenetur Grundsatz aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG herleitet und an verschiedenen Stellen einfach gesetzlichen Niederschlag gefunden hat. So zum Beispiel in den von dir angesprochenen §§ 136 Abs. 1 S. 2, 243 Abs. 5 S. 1 StPO. Wir haben die Aufgabe dahingehend angepasst. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team