Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Versuch und Rücktritt

Beendeter oder unbeendet Versuch: Quasikausalität

Beendeter oder unbeendet Versuch: Quasikausalität

14. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Mutter T sieht ihren Sohn S in der Mitte des Badesees ertrinken. Dabei will sie ihm nicht helfen, obwohl sie davon ausgeht, dass sie ihn retten könnte und nimmt seinen Tod billigend in Kauf. Kurz darauf bereut sie das und versucht S zu retten. Sie wirft ihm ein Seil zu, was sie für ausreichend hält. Ins Wasser möchte sie nicht gehen. Es war jedoch von vornherein für T unmöglich, S zu retten, sodass er verstirbt.

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Einordnung des Falls

Beendeter oder unbeendet Versuch: Quasikausalität

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es liegt ein vollendeter Totschlag vor.

Nein!

Quasi-Kausalität liegt vor, wenn die unterlassene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele. S wäre auch gestorben, wenn T ins Wasser gegangen wäre, um ihn zu retten. Es fehlt an der Quasi-Kausalität, sodass kein vollendeter Totschlag durch Unterlassen (§§ 212 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB) vorliegt.
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2. Es liegt ein Versuch vor.

Genau, so ist das!

T hatte Tatentschluss hinsichtlich der Quasi-Kausalität, weil sie davon ausgegangen ist, dass sie ihren Sohn hätte retten können. Geht man bei einem unmittelbaren Ansetzen wie die herrschende Meinung davon aus, dass eine konkrete Gefährdung erforderlich ist, dann ist bei Ertrinkenden die Gefahr bereits dann konkret, wenn diese beginnen zu ertrinken und keine sofortige Rettungsmöglichkeit gegeben ist. Eine andere Ansicht ist aber auch vertretbar. Wenn Du das unmittelbare Ansetzen ablehnst, dann ist der Tatentschluss vor dem unmittelbaren Ansetzen entfallen und es liegt kein Versuch vor. In der Klausur wäre dies nicht zu empfehlen, da der Schwerpunkt erkennbar an einer anderen Stelle liegt.

3. Es liegt ein Fehlschlag vor.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Versuch gilt dann als fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, ohne eine völlig neue Kausalkette in Gang zu setzen. Beim Unterlassen stellt sich jedoch die Problematik, dass der Täter den Erfolg sehr häufig durch aktives Tun trotzdem noch zur Vollendung bringen kann. Da T weiterhin davon ausgeht, dass ihr Sohn ohne Hilfe ertrinken würde, liegt kein Fehlschlag vor.

4. Es kommt auf die Abgrenzung zwischen dem unbeendeten und beendeten Versuch an.

Ja!

Bei einem untauglichen subjektiv unbeendeten Versuch ist es ausreichend, wenn der Täter nicht weiterhandelt. Bei einem untauglichen subjektiv beendeten Versuch ist jedoch ein ernsthaftes Bemühen (§ 24 Abs. 1 S. 2 StGB) erforderlich. Auch hier besteht beim Unterlassen natürlich das Problem, dass der Täter eine Handlung vornehmen muss. Es lässt sich jedoch vertreten, dass bei einem unbeendeten Versuch in dem Sinne, dass die ursprüngliche Handlung nach Vorstellung des Täters ausreichend ist, weiterhin nur die ursprüngliche Rettungshandlung erforderlich ist und kein ernsthaftes Bemühen, wonach möglicherweise höhere Anforderungen gestellt werden. Es kommt vor allem darauf an, dass Du das Problem erkennst, darstellst und gut argumentierst. Hier kannst Du jedoch die Abgrenzung der herrschenden Literatur nutzen: Der Versuch ist solange unbeendet, wie der Täter davon ausgeht, dass die ursprüngliche Rettungshandlung ausreicht.
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