Doppelkausalität

21. November 2024

4,8(6.636 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Fischfreund F hat einen Fischteich, der mit Wasser eines Bachs bespeist wird. Die Gemeinden G1 und G2 leiten jeweils schädliches Abwasser in den Bach, das so auch den Teich des F verdirbt. Alle Fische sterben. Jede der beiden Ursachen hätte ausgereicht, um das Fischsterben auszulösen.

Diesen Fall lösen 70,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Doppelkausalität

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach der (unmodifizierten) Äquivalenztheorie ist durch G1 ein Schaden bei F kausal entstanden.

Nein!

Die Vermögenslage des F wäre auch dann um den Wert der Fische gemindert, wenn G1 nicht das Abwasser in den Bach geleitet und dadurch das Eigentum des F verletzt hätte. Denn dann hätte jedenfalls G2 den Schaden herbeigeführt. Daher würde es an der äquivalenten Kausalität jeweils hinsichtlich G1 und G2 fehlen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Weil die Schädigungen durch G1 und G2 jeweils für sich kausal gewesen wären, haften beide.

Genau, so ist das!

Wenn zwei Beiträge für den Eintritt desselben Erfolgs vorliegen und jeder für sich alleine ausreichend gewesen wäre, spricht man von Doppelkausalität. Die Äquivalenztheorie wird im Fall der Doppelkausalität modifiziert: Haben zwei Ereignisse den Schaden herbeigeführt, von denen jedes auch allein den Schaden verursacht hätte, so sind beide äquivalent kausal (Doppelkausalität). Denn sonst könnte der eingetretene Schaden auf keine der tatsächlich wirksam gewordenen Ursachen zurückgeführt werden. BGH: Es sei im Haftungsrecht anerkannt, dass in derartigen Fällen, in denen mehrere Ereignisse den Schaden herbeigeführt haben, von denen jedes für sich allein den gesamten Schaden verursacht hätte, sämtliche Ereignisse als rechtlich ursächlich zu behandeln seien.

3. F kann bei der Doppelkausalität nur einen von beiden Schädigern in Anspruch nehmen.

Nein, das trifft nicht zu!

Bei der Doppelkausalität haben beide Schädiger den Schaden rechtlich verursacht. Sie haften deshalb als Gesamtschuldner nach § 840 Abs. 1 BGB (Haftungseinheit).
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DIAA

Diaa

8.9.2024, 21:42:11

Ich verstehe nicht so ganz, was das Endergebnis ist... Also weder G1 noch G2 sind voneinander getrennt kausal für den entstandenen Schaden, aber beide zusammen doch, obwohl jene Handlung allein für die Herbeiführung gereicht hätte? Denn bei der ersten Frage, womit nach der äquivalenten Kausalität der G1 gefragt wurde, war die Antwort "Nein".

TI

Timurso

8.9.2024, 23:06:07

Eigentlich fasst du es ganz gut zusammen, ja. Der Fall ist wie bei der alternativen Kausalität im Strafrecht. Beide Handlungen hätten für sich ausgereicht, daher sind sie nach der conditio-sine-qua-non-Formel nicht kausal. Diese wird infolgedessen modifiziert, sodass sie doch beide kausal sind, da alles andere zu unbilligen und unlogischen Ergebnissen führen würde.

DIAA

Diaa

9.9.2024, 07:34:31

Danke!

LELEE

Leo Lee

9.9.2024, 12:56:24

Hallo Diaa, vielen Dank für die sehr gute Frage! Du hast das richtig verstanden! Wenn wir nach der reinen CSQN-Formel gehen, dann scheiden die Beiträge jeweils aus, denn hätte der G2 nicht kontaminiert, hätte es G1 getan und die Fische wären gestorben (weil ein Beitrag ausgereicht hätte) und andersrum. Und weil die "reine" CSQN-Formel juristisch nicht ausreicht, bedienen wir uns eines Kunstgriffs und sagen: Ok, zwar scheiden die Beiträge nach der CSQN aus, allerdings sagen wir einfach, dass sie deshalb zusammen haften müssen, weil sie es zusammen getan haben und jeder ebendiesen Erfolgen herbeigeführt haben könnte! Dann haben wir auch nicht das Problem, dass jeder mit dem Finger auf den anderen zeigen kann. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom Müko-BGB 9. Auflage, Wagner § 840 Rn. 1 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen