Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Entstehung von Schuldverhältnissen

Gesetzliches Schuldverhältnis: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

Gesetzliches Schuldverhältnis: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

19. Mai 2025

19 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Omi O vermietet ihre Charlottenburger Wohnung an Schlitzohr S. Der Mietvertrag ist unwirksam, da O wegen ihrer Demenz geschäftsunfähig ist. Das weiß S auch. S vermietet die Wohnung an die Brüder Tick, Trick und Track für €2000 unter.

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Einordnung des Falls

Gesetzliches Schuldverhältnis: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. O kann die Mieteinnahmen nur von S verlangen, wenn zwischen ihr und S ein Vertrag bestand.

Nein!

Besteht ein Vertrag (=rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis), so besteht die Möglichkeit bei Verletzung der vertraglichen Pflichten statt Schadensersatz, die Herausgabe des Ersatzes vom Schuldner zu verlangen (§ 285). Aber auch ohne Vertrag ist eine Nutzungsherausgabe möglich, wenn ein gesetzliches Schuldverhältnis, wie zB das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (kurz: EBV), vorliegt. Viel Quatsch schreiben die Bearbeiter = 1) vertraglich, 2) Quasivertraglich (GoA/ vorvertragliche Schuldverhältnisse); 3) Sachenrechtlich (=dinglich), 4) Deliktische Ansprüche; 5) Bereicherungsrechtliche Ansprüche
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2. Bei Vorliegen eines Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses kann ein Anspruch auf Nutzungsherausgabe bestehen (§§ 987, 990 BGB).

Genau, so ist das!

Der Anspruch auf Nutzungsherausgabe setzt zunächst eine Vindikationslage (§ 985 BGB) voraus, das heißt (1) der Gläubiger muss Eigentümer sein, (2) der Schuldner Besitzer (§§ 854 Abs. 1, 868 BGB) und er darf (3) kein Recht zum Besitz haben. Weiter muss der Schuldner (4) Nutzungen aus der Sache ziehen (§ 987 Abs. 1 BGB) und (5) zum Zeitpunkt der Nutzungen verklagt (§ 987 Abs. 1 BGB) oder bösgläubig (§ 990 Abs. 1 BGB) sein.

3. O kann von S die Mieteinnahmen in Höhe von €2000 über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis herausverlangen (§§ 987, 990 BGB).

Ja, in der Tat!

O ist Eigentümerin der Wohnung und S hat als Vermieter von Tick, Trick und Track zumindest noch mittelbaren Besitz an dieser (§ 868 BGB). Mangels wirksamen Mietvertrags hat er kein Recht zum Besitz. Die Mieteinnahmen stellen Nutzungen dar (§§ 100 iVm. 99 Abs. 3, BGB). S wusste auch über Os Demenz Bescheid und war damit nicht in gutem Glauben, somit bösgläubig (vgl. § 932 Abs. 2 BGB). O kann die erlangten Einnahmen herausverlangen (§§ 987, 990 BGB). Näheres hierzu findet ihr im Kurs Sachenrecht in der Einheit Eigentümer-Besitzer-Verhältnisse.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

4.11.2021, 16:56:31

Freue mich schon auf mehr EBV-Fälle! (:

OPFE

Oliver Pfeiffer

13.12.2021, 16:10:47

Kann man den Fall nach der Bearbeitung abspeichern?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

13.12.2021, 17:34:45

Hallo Oliver, wenn Du die mittlere der drei Blasen (oben links) anklickst, dann erhälst Du die Möglichkeit den Fall in einer eigenen Playlist abzuspeichern. Dort kannst Du dann die verschiedenen Fälle sammeln. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

OPFE

Oliver Pfeiffer

13.12.2021, 18:30:17

Danke

Steen

Steen

10.5.2023, 23:17:50

Nach Rechtshängigkeit bedeutet, dass nur die Nutzungen herausverlangt werden können, die nach Beginn des gerichtlichen Verfahrens gezogen werden ? Oder wie genau ist das zu verstehen und ab welchem Zeitpunkt können die gezogenen Nutzungen herausverlangt werden ?

SE.

se.si.sc

11.5.2023, 09:00:14

Rechtshängigkeit bedeutet im ZivilR die Zustellung der

Klageschrift

an die Gegenseite, vgl

§ 261 ZPO

. "Beginn des gerichtlichen Verfahrens" wäre dafür etwas zu ungenau, klingt jedenfalls danach, als sei damit schon der Eingang der

Klageschrift

bei Gericht gemeint, was falsch wäre und "nur" die Anhängigkeit begründet. Und ja,

§ 987 BGB

sagt uns dazu, dass diejenigen Nutzungen herauszugeben sind, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit gezogen werden, also hier nach Zustellung der

Klageschrift

an den Besitzer.

Steen

Steen

16.5.2023, 00:25:41

Super! Vielen Dank für Antwort, hat mir sehr weitergeholfen :)

THEL

TheLama

26.5.2023, 15:23:04

EBV als SV?

THEL

TheLama

26.5.2023, 15:25:37

Oh, Mann kann seinen Beitrag nicht mehr bearbeiten? Versteht ihr ein EBV als gesetzliches sv? Würde ich demnach das SV aus EBV in der Prüfung vorziehen? Also in den quasivertraglichen Ansprüchen?(Vertragliche-quasi-Sachen-Delikt -berreicheurng)

Nora Mommsen

Nora Mommsen

27.5.2023, 08:51:24

Hallo TheLama, danke für deine Frage. Das EBV ist ein gesetzliches

Schuld

verhältnis. Allerdings sind nicht alle gesetzlichen

Schuld

verhältnisse sind quasivertraglichen Ansprüche. Vielmehr sind alle nicht-vertraglichen

Schuld

verhältnisse gesetzliche

Schuld

verhältnisse. Diese werden in die von dir benannten Gruppen unterteilt. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Mert oder Alf

Mert oder Alf

23.11.2023, 02:22:54

Worunter würde das EBV denn fallen? Also es ist kein vertragliches SV sondern ein gesetzliches SV aber hat Omi einen Anspruch aus dem

Bereicherungsrecht

oder aus welchem?

/Q

/qwas

23.1.2024, 10:54:16

Das EBV enthält eigene Anspruchsgrundlagen. Diese sind im Aufbau (VQSDB) unter S - sachenrechtliche Ansprüche zu prüfen. (Also auch vor dem

Bereicherungsrecht

, da manche EBV-Ansprüche das

Bereicherungsrecht

sperren.)

Mert oder Alf

Mert oder Alf

23.1.2024, 15:32:35

Sehr hilfreich danke dir🫶🏽

TI

Timurso

5.5.2025, 17:58:09

Frage 1 suggeriert, dass bei einem wirksamen Mietvertrag O die Mieteinnahmen von S herausverlangen könnte. Das ist jedoch nicht der Fall, weder über

§ 285 BGB

, noch sonst. Vergleiche das Standard-Examensproblem "

unberechtigte Untervermietung

".


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