Strafrecht

BT 5: Verkehrsdelikte

Gefährdung des Straßenverkehrs, § 315c StGB

§ 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB: Tatbeteiligung & fremder Pkw als Tatmittel

§ 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB: Tatbeteiligung & fremder Pkw als Tatmittel

12. Juni 2025

11 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Wohl wissend, dass er eine BAK von 2,0‰ aufweist, fährt T mit dem Pkw des O durch die Stadt. Hierzu hatte ihn sein Beifahrer B vorsätzlich angestiftet. T verliert die Kontrolle und kollidiert mit einem Steinhaufen.

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Einordnung des Falls

§ 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB: Tatbeteiligung & fremder Pkw als Tatmittel

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat ein Fahrzeug im Straßenverkehr trotz alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit geführt (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a Var. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Fahruntüchtigkeit liegt vor, wenn der Fahrzeugführer nicht fähig ist, eine längere Strecke so zu steuern, dass er den Anforderungen des Straßenverkehrs so gewachsen ist, wie es von einem durchschnittlichen Fahrzeugführer zu erwarten ist. T war mit einer BAK von mehr als 1,1‰ im Fahrtzeitpunkt nach gesicherten verkehrsmedizinischen Erkenntnissen unwiderlegbar nicht in der Lage, den Pkw sicher zu führen. T war damit absolut fahruntüchtig (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a Var. 1 StGB). T hat den Pkw des O unter Beherrschung der dafür erforderlichen technischen Funktionen bewegt, mithin ein Fahrzeug geführt. Dies geschah auch im öffentlichen Verkehrsraum und damit im Straßenverkehr.
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2. Es bestand eine „konkrete Gefahr“ (§ 315c Abs. 1 StGB) für B als taugliches Gefährdungsopfer.

Nein!

§ 315c Abs. 1 StGB setzt eine konkrete Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert voraus. Ein anderer ist nach h.M. jeder von der Person des Täters verschiedene lebende Mensch, der nicht Tatbeteiligter ist. Zur Begründung verweist die h.M. darauf, dass Tatbeteiligte auf der Seite des Täters und nicht stellvertretend für die Allgemeinheit stünden (quivis ex populo). Da B Anstifter zu der Tat des T ist, scheidet er nach h.M. als Gefährdungsopfer aus. Da eine solche Restriktion im Wortlaut keine Stütze findet und in den §§ 212, 222, 223, 229 StGB auch Tatbeteiligte geschützt werden, ist eine andere Ansicht gut vertretbar.

3. Es bestand eine „konkrete Gefahr“ (§ 315c Abs. 1 StGB) für den Pkw des O als taugliches Gefährdungsobjekt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Fremde Sache von bedeutendem Wert ist jede täterfremde Sache, die einen bedeutenden Verkehrswert hat, der mindestens in dieser Höhe durch die Tat verringert worden ist oder verringert zu werden drohte. Nach h.M. scheidet der vom Täter geführte Pkw als Gefährdungsobjekt aus, da er als Mittel der Fremdgefährdung nicht zugleich Objekt dieser Gefährdung sein kann. Überdies darf der Zufall, ob der Pkw dem Täter gehört, nicht über die Anwendbarkeit des § 315c StGB entscheiden. Der für T fremde Pkw des O mag zwar in wirtschaftlich bedeutendem Maße gefährdet gewesen sein. Als von T geführter Pkw scheidet er jedoch aus.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

L.G

L.Goldstyn

1.8.2024, 16:14:49

Ein sehr wichtiger Fall, vielen Dank!

Foxxy

Foxxy

2.8.2024, 15:33:37

Hallo, vielen Dank für dein Lob! Deine positive Rückmeldung motiviert uns, weiterhin unser Bestes zu geben. Beste Grüße, Foxxy, für das Jurafuchs-Team

LALA

Lalala

10.11.2024, 10:18:17

Hii 😇 erst einmal ein riesen Lob an eure Aufgaben und die App an sich! Ihr seid wirklich top! Ich hätte eine Frage bzgl. „eigener“ Sachen im Rahmen der Straßenverkehrsdelikte. Es ist ja mittlerweile so gut wie komplett anerkannt, dass tätereigene KFZ keine tauglichen Schadensgegenstände sind. Wie wäre das denn zu behandeln, wenn das KFZ geleast wäre? Oder nicht komplett im Alleineigentum des Täters steht? Oder wenn es z.B. an eine Bank sicherungsübereignet wurde? Vielen Dank schon mal im Voraus!

CO

Consti

27.11.2024, 11:37:51

Hi, wie auf der letzten Seite der Aufgabe beschrieben scheidet nach h.M. der vom Täter geführte Pkw als Gefährdungsobjekt aus, da er als Mittel der Fremdgefährdung nicht zugleich Objekt dieser Gefährdung sein kann. Es kommt also gerade nicht auf die Eigentumslage im Hinblick auf das Auto an weil der Zufall, ob der Pkw dem Täter gehört, nicht über die Anwendbarkeit des

§ 315c StGB

entscheiden darf.

LOU

louisaamaria

28.11.2024, 08:57:54

Auch bei Leasing und

Sicherungseigentum

scheidet das vom Täter geführte Fahrzeu als mögliches Gefährdungsobjekt aus, vgl. BeckOK StGB, §

315 c StGB

Rn. 68

AN

annsophie.mzkw

22.11.2024, 02:08:09

Wie bzw. wo prüfe ich das denn? Ich muss ja zwangsläufig mit dem Tatnächsten, also dem Fahrer beginnen. Prüfe ich dann die

Beteiligte

neigenschaft des Beifahrers im Gefahrerfolg, also quasi inzident bevor ich überhaupt die Haupttat bejaht habe? Das verwirrt mich sehr.

Kai

Kai

27.5.2025, 16:03:46

Hey @[annsophie.mzkw](244917), ich würde es tatsächlich genau so machen. Du kommst bei der Prüfung des Tatnächsten zur Frage der konkreten Gefährdung. Da prüfst du, ob überhaupt eine konkrete Gefährdung vorlag und wenn ja, bezogen auf was bzw. wen. In Fällen, in denen zusätzlich noch eine andere Person konkret gefährdet wurde, kannst du auf diese Abstellen und die konkrete Gefährdung bejahen. Den Streit kannst du noch ansprechen, aber bist im Ergebnis jedenfalls bei konkreter Gefährdung (+). Wenn nur der

Beteiligte

gefährdet ist, kann du erst kurz bejahen, dass die Gefährdung vorlag, dann aber infrage stellen, ob dieser als

Beteiligte

r überhaupt geeignetes Gefährdungsobjekt ist. Dann würde ich den Streit aufmachen und im Rahmen dieses Streits prüfen, ob die Person wirklich

Beteiligte

r ist. Ist sie es nicht, ist der Streit unerheblich, weil beide Lösungen zum gleichen Ergebnis kommen. Ist die Person wirklich

Beteiligte

r, stellst du fest, dass die Ansichten zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen und führst einen Streitentscheid. Danach kannst du die Prüfung des Tatnächsten fortsetzen. Klingt zwar erstmal etwas verschachtelt, ist mE aber der einfachste Weg. Stell dir die Alternative vor: Wenn die den

Beteiligte

n zuerst prüfen würdest, müsstest du inzident prüfen, ob eine beteiligungsfähige Haupttat vorliegt. Dann müsstest du den Tatnächsten inzident in diese Prüfung einbauen. Das wäre nochmal komplizierter, insb. weil die

Beteiligte

neigenschaft ja relevant für die Strafbarkeit des Tatnächsten ist - dadurch hättest du am Ende einen Zirkelschluss. Außerdem dürfte in solchen Fällen die Beteiligung keine größeren Probleme beinhalten - meistens dürfte es eine simple Anstiftung im Sinne eines "fahr uns nach Hause" sein.

Sege

Sege

16.5.2025, 10:48:53

Ich meine mich erinnern zu können, dass die hM etwaige Mittäter in den Brandstiftungsdelikten auch als „andere Menschen“ im Sinne der Vorschriften bezeichnet.

Was m

acht die Situation hier anders, dass man das hier ablehnt? Ich hab den Fall hierzu rausgesucht: https://applink.jurafuchs.de/z9FB4azDpTb


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