Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Sachbeschädigung (§ 303 StGB)

Sachbeschädigung (§ 303 StGB) durch Versenken eines Fahrrads

Sachbeschädigung (§ 303 StGB) durch Versenken eines Fahrrads

24. Januar 2025

14 Kommentare

4,6(18.081 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Nach einer Kneipentour beschließt T, sich den Heimweg zu erleichtern. Hierzu schnappt er sich das ungesicherte Fahrrad des O und fährt davon. Auf halben Weg kommen T Bedenken. Er versenkt das Fahrrad im Fluss. Schon bald beginnt es zu rosten.

Diesen Fall lösen 87,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Sachbeschädigung (§ 303 StGB) durch Versenken eines Fahrrads

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch das Versenken hat T das Fahrrad beschädigt (§ 303 Abs. 1 StGB).

Ja!

Die h. M. versteht unter Beschädigen jede Einwirkung auf eine Sache, die in einer Substanzverletzung besteht oder eine Brauchbarkeitsminderung zur Folge hat. T versenkt das Fahrrad in einem Fluss. Hierdurch wirkt er nicht auf die Sachsubstanz des Fahrrads ein. Das ist zunächst eine bloße Sachentziehung. Jedoch bleibt für § 303 StGB weiter Raum, wenn die Sache infolge der Entziehung weiteren Einflüssen ausgesetzt ist, die zwangsläufig zur Zerstörung oder Beschädigung der Sache führen. So liegt es hier, da davon auszugehen ist, dass das Fahrrad durch das Wasser Substanzverletzungen (z. B. Rostschäden) erleiden wird. T hat das Fahrrad beschädigt.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Durch das Versenken hat T das Fahrrad zerstört (§ 303 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Handlungsmodalität der Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB) ist das zerstören. Eine Sache ist zerstört, wenn sie auf Grund der Einwirkung in ihrer Existenz vernichtet oder so wesentlich beschädigt ist, dass sie ihre bestimmungsgemäße Brauchbarkeit völlig verloren hat. T hat das Fahrrad nicht in seiner Existenz zerstört oder derart beschädigt, dass es seine Brauchbarkeit völlig verloren hätte.

3. Das Fahrrad ist für T eine fremde Sache (§ 303 StGB).

Ja, in der Tat!

Taugliche Tatobjekte der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) sind fremde Sachen. Darunter fallen alle körperlichen Gegenstände, anders als beim Diebstahl sowohl bewegliche als auch unbewegliche. Fremd ist eine Sache, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht oder herrenlos ist. Das Fahrrad stellt einen körperlichen Gegenstand dar, welcher sich im Eigentum des O befindet. Es ist für T eine fremde Sache (§ 303 StGB).
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Real Thomas Fischer Fake 🐳

Real Thomas Fischer Fake 🐳

6.1.2020, 18:24:09

Weshalb stellt hier schon die Verbringung an den Meeresgrund eine Beschädigung dar? Es erscheint mir hier, als hätte die normale Abgrenzung zum Versuch zu erfolgen, sofern das Fahrrad noch nicht in seiner Sachsubstanz beeinträchtigt wurde. Daran ändert auch die "zwangsläufige" Beeinträchtigung nichts. Ob Zwangsläufigkeit hier vorliegt ist zudem zweifelhaft, da das Fahrrad rechtzeitig geborgen werden könnte.

OMA

Otto Mayer

12.1.2020, 20:22:40

Bei lebensnaher Sachverhaltsauslegung dürfte das Fahrrad sowohl Lichtelektronik als auch geölte Elemente haben, die durch das Versenken im Wasser mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beschädigt werden.

Henk

Henk

2.3.2020, 12:00:04

Ich stimme Dir grundsätzlich zu. Man hätte dazu etwas schreiben müssen. Ich stelle mir einfach vor, dass die chemische Reaktion (Oxidation/Rosten) bereits mit der Verbindung des Metalls/Fahrrad mit dem Wasser beginnt. Quasi, dass jeder Kontakt mit Wasser das Fahrrad weiter beschädigt (wohl etwas überzogen). In Abgrenzung zum Verlobungsring Fall oxidiert die Oberfläche des Fahrrads (bei vielen) halt. In der Klausur würde ich in diesem Fall aber eher auf den Sattel und die Elektronik abstellen, um sicher zu gehen.

Tigerwitsch

Tigerwitsch

19.4.2021, 19:19:30

Ich kann das Argument nachvollziehen, dass ein Fahrrad auf dem Flussgrund mit der Zeit in seiner Substanz beschädigt wird. Insofern müsste man jedoch - in Bezug auf den vorherigen Fall mit dem Verlobungsring oder dem Vogel - auch differenzieren, finde ich: 1) Sofern der Ring, aufgrund möglicher geringwertigen Materials (also kein Gold etc), durch das Meereswasser mit der Zeit in seiner Substanz beschädigt wird: § 303 StGB (+) 2) Ähnliches müsste mE für den Singvogel gelten: Wenn es sich um ein Luxustier handelt, welches stets gefüttert wurde und sich keine Nahrung selbst holen kann, würde es mit der Zeit verenden. Insofern § 303 StGB (+) aufgrund Zerstörung.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

20.4.2021, 18:40:40

Sehr schöner Punkt! Auch hier kommt es mal wieder auf den konkreten

Einzelfall

an. Zur Verdeutlichung haben wir nun noch in den Sachverhalt aufgenommen, dass es zu Rostschäden am Fahrrad kommt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Dogu

Dogu

11.2.2024, 13:33:51

@[Tigerwitsch](2840) Meiner Erinnerung nach existiert auch eine Entscheidung des RG, das sich bei der Frage der Sachbeschädigung auch damit auseinandergesetzt hat, ob der freigelassene Vogel heimisch war und damit auch selbstständig überlebensfähig oder durch die Freilassung vom Tode durch Verhungern bedroht war. Insofern ist Deinen Ausführungen beizupflichten!

DAV

David

25.6.2022, 09:13:13

Wie sieht es hier eigentlich mit der Strafbarkeit aus

§ 242 StGB

aus, wenn wir annehmen, dass T nicht von Anfang an vorhatte, das Fahrrad zu versenken (so wie ich den Fall auch verstehe). Wenn wir annehmen, dass er es ursprünglich mitnehmen wollte oder ähnliches, müsste doch daneben auch

§ 242 StGB

greifen, oder?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

7.7.2022, 11:32:02

Hallo David, da es für die Aneignung auch genügt, wenn der Täter die Sache nur kurzfristig gebrauchen und danach zerstören oder in einer Art preisgeben möchte, durch welche die Wiedererlangung durch den Eigentümer jedenfalls erschwert wird, ist der

§ 242 StGB

erfüllt. Da es in diesem Kapitel um die Sachbeschädigung geht, findest du weitere Einzelheiten dazu in den Aufgaben rund um den Diebstahl, insbesondere die Wegnahme und

Zueignungsabsicht

. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Lord Denning

Lord Denning

23.4.2024, 11:34:38

Liebes Jurafuchs-Team, häufig liest man, dass für die Sachbeschädigung § 303 I StGB eine „körperliche Einwirkung“ erforderlich ist. Eure Definition spricht jedoch nur von einer Einwirkung. Ist die weitere, oder die engere (körperliche) Definition nun vorzugswürdig? Besten Dank schon mal im Voraus.

Maximilian Puschmann

Maximilian Puschmann

27.5.2024, 12:48:57

Hallo Lord Denning, ich persönlich würde die "körperliche" Einwirkung mitnehmen, da dies der Definition des BGHs entspricht. Viele Grüße Max - für das Jurafuchs-Team

TI

Tinki

26.9.2024, 22:56:04

Das geht einem so schnell dann nicht mehr aus dem Kopf! Toll, danke!

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

11.10.2024, 08:18:38

Hallo Tinki, vielen Dank für dein Lob! Deine positive Rückmeldung motiviert uns, weiterhin unser Bestes zu geben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen