Leistungs- und Schutzpflichten allgemein I (§ 241 I, II BGB)

23. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B will seine Wohnung neu tapezieren lassen. Damit beauftragt er Malermeisterin U für €1.000. Nach Abschluss der Arbeiten stellt sich heraus, dass U statt der Blümchen- eine Sternentapete verwendet. Zudem hat sie das italienisches Ledersofa (Wert: €6.000) mit Kleister befleckt, da sie vergessen hatte, es abzudecken.

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Einordnung des Falls

Leistungs- und Schutzpflichten allgemein I (§ 241 I, II BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. U hat durch das Tapezieren der Wohnung mit der Sternentapete ihre Leistungspflicht erfüllt.

Nein!

Leistungspflicht ist die vertragliche Verpflichtung des Schuldners zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen (§ 241 Abs. 1 S. 2 BGB), das der Veränderung der bestehenden Güterordnung dient. Der Anspruch des Gläubigers erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird (§ 362 Abs. 1 BGB).U schuldete das Tapezieren mit der Blümchentapete. Indem sie mit der Sternentapete tapeziert hat, hat sie ihre Leistungspflicht nicht erfüllt.
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2. Durch die mangelhafte Leistung ist das Äquivalenzinteresse des B gestört.

Genau, so ist das!

Aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folgt, dass nach den Vorstellungen beider Parteien Leistung und Gegenleistung gleichwertig (äquivalent) sind. Sofern der Schuldner seine Leistungspflicht verletzt, ist diese Gleichwertigkeit und damit das Äquivalenzinteresse des Gläubigers gestört.B hat U €1.000 für die Vornahme der Tapezierarbeiten gezahlt. Da er diese nicht wie gewollt erhalten hat, ist sein Äquivalenzinteresse gestört. Bei nicht vertragsgemäßer Werkleistung kann der Gläubiger die Abnahme verweigern (vgl. § 640 BGB).

3. Der Schutz des Ledersofas unterfällt Us Leistungspflicht.

Nein, das trifft nicht zu!

Leistungspflicht ist die vertragliche Verpflichtung des Schuldners zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen (§ 241 Abs. 1 S. 2 BGB), das der Veränderung der bestehenden Güterordnung dient. Schutzpflicht bezeichnet die Pflicht jeder Partei die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei bei der Leistungserbringung zu berücksichtigen Der genaue Inhalt ist im Einzelfall im Wege der Auslegung zu ermitteln.Us Verpflichtung, das Eigentum des B zu schützen, betrifft unmittelbar den Leistungsaustausch und stellt insoweit eine Schutzpflicht dar.

4. U hat ihre Schutzpflicht verletzt, indem sie vergessen hat das Sofa abzudecken.

Ja!

Schutzpflichtbezeichnet die Pflicht jeder Partei, die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei bei der Leistungserbringung zu berücksichtigen. Der genaue Inhalt ist im Einzelfall im Wege der Auslegung zu ermitteln. Bei Durchführung von Arbeiten ist der Schuldner verpflichtet durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass andere Einrichtungsgegenstände nicht befleckt werden.U hat vergessen, das Sofa mit einer Plane abzudecken und dadurch ihre Schutzpflicht verletzt.Anknüpfungspunkt ist die (unterlassene) Handlung, nicht dagegen der eingetretene Verletzungserfolg (Beschädigung des Sofas). Dieser wird erst auf Ebene des Schadens relevant!

5. B könnte gegen U einen Schadensersatzanspruch haben, da U durch die fehlende Abdeckung des Sofas eine Schutzpflicht verletzt hat (§§280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Ein (quasi-) vertraglicher Schadensersatzanspruch setzt neben dem Bestehen eines Schuldverhältnisses, immer eine Pflichtverletzung voraus (§ 280 Abs. 1 BGB). Dabei kann ein Anspruch sowohl bei Verletzung von Leistungspflichten, als auch bei Verletzung von Schutzpflichten bestehen. U und B haben einen Werkvertrag geschlossen. Indem sie das Ledersofa nicht abgedeckt hat, hat U ihre geschuldete Schutzpflicht verletzt. Im Übrigen müsste U die Schutzpflichtverletzung auch zu vertreten haben.
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