Bestimmtheit der Fristsetzung

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V einen elektrischen Rollstuhl. Dieser hat einen mangelhaften Motor. K forderte V zur „umgehenden Beseitigung“ auf und kündigte an, den Rollstuhl sonst anderweitig reparieren zu lassen. V meldete sich nicht, sodass K nach vier Wochen die Reparatur für €500 von H vornehmen lässt.

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Einordnung des Falls

Bestimmtheit der Fristsetzung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Schadensersatzanspruch könnte sich vorliegend direkt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB ergeben.

Nein, das trifft nicht zu!

Handelt es sich bei der Pflichtverletzung um eine Schlechtleistung in Form eines Sachmangels, so verdrängen die besonderen Vorschriften des Kaufmängelgewährleistungsrechts ab dem Zeitpunkt des Gefahrenübergangs (§ 446 Abs. 1 BGB) die allgemeinen Vorschriften zum Schadensersatz. Die allgemeinen Regelungen kommen also nur über den Verweis in § 437 Nr. 3 BGB zur Anwendung. Bedeutsam ist dies im Hinblick auf die Verjährung. Denn im Kaufrecht ist die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren auf zwei Jahre verkürzt (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB).Vergiss also nie, die Verweisungsnorm mitzuzitieren: §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB).
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2. Ein Schadensersatzanspruch könnte sich vorliegend aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB ergeben.

Ja!

Der Anspruch setzt voraus, dass (1) ein Schuldverhältnis(=Kaufvertrag) besteht, (2) der Schuldner - trotz Möglichkeit - nicht ordnungsgemäß leistet (=Mangel bzw. unterlassene Beseitigung) und (3) eine vom Gläubiger gesetzte, angemessene Nachfrist erfolglos abgelaufen ist. Ferner muss (4) der Schuldner seine Pflichtverletzung zu vertreten haben und schließlich (5) dem Gläubiger hierdurch ein Schaden entstanden sein.

3. Zwischen K und V besteht ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis.

Genau, so ist das!

Zur Begründung eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses ist grundsätzlich ein Vertrag zwischen den Beteiligten notwendig (§ 311 Abs. 1 BGB). K und V haben einen Kaufvertrag über den Rollstuhl geschlossen (§ 433 BGB).

4. V hat ihre Leistung wie geschuldet erbracht.

Nein, das trifft nicht zu!

Nicht wie geschuldet ist die Leistung erbracht, wenn ihr Inhalt oder die Art ihrer Erbringung in irgendeiner Weise von dem abweicht, was Gesetz oder Parteivereinbarung festgelegt haben. Ausweislich des Sachverhaltes ist der Motor mangelhaft und damit der Rollstuhl nicht wie geschuldet erbracht. Sofern in einer Klausur nähere Angaben zur Art des Mangels vorliegen, so ist sauber unter den zum 1.1.2022 geänderten Mangelbegriff des § 434 Abs. 1 BGB zu subsumieren. Hier dürfte es an der üblichen Beschaffenheit des Rollstuhls fehlen (§ 434 Abs. 3 Nr. 2a BGB nF).

5. Für eine Fristsetzung nach § 281 Abs. 1 BGB muss der Gläubiger einen konkreten Zeitraum für die Erbringung der Leistung benennen.

Nein!

So hatte noch das Berufungsgericht argumentiert und ein Teil der Literatur. BGH: Auf die Benennung eines konkreten Zeitraumes komme es nicht an. Dem Wortlaut des Gesetzes lasse sich nicht entnehmen, dass die Frist nach dem Kalender bestimmt sein muss oder in konkreten Zeiteinheiten anzugeben ist. Dies zeige auch der Vergleich mit § 286 Abs. 2 Nr. 1, 2 BGB, wo eine gesonderte Normierung vorliegt (Systematik. Auch der Zweck der Fristsetzung erfordere dies nicht. Dem Schuldner soll mit der Fristsetzung vor Augen geführt werden, dass ihm hierfür eine zeitliche Grenze gesetzt ist. Dieser Zweck werde bereits durch die Aufforderung, innerhalb „angemessener Frist”, „unverzüglich” oder „umgehend” zu leisten, hinreichend erfüllt, da hierdurch der Zeitraum zumindest bestimmbar sei.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

27.7.2022, 18:37:06

Müsste

§ 434 BGB

hier nicht in jedem Fall Anwendung finden? § 437 Nr. 3 BGB ist doch erst bei vorliegen einer mangelhaften Sache anwendbar. Ob eine Sache mangelhaft ist, bestimmt sich nach den §§ 434 ff. BGB.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.8.2022, 13:31:43

Hallo QuiGonTim, in der Tat ist hier für die Schlechtleistung/den Mangel auf

§ 434 BGB

abzustellen. In der Verweisungskette muss die Norm indes nicht gesondert aufgeführt werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

SI

silasowicz

4.8.2023, 19:12:53

Ich glaube es muss bei dem Verjährungsverweis § 438 I Nr. 3 heißen, nicht Nr. 2...

DIAA

Diaa

6.8.2023, 17:25:00

Wieso wird hier eine "nicht wie geschuldete" und nicht eine "Schlechtleistung" angenommen? Oder sind die beiden Synonyme füreinander?

DAV

David.

6.8.2023, 20:33:09

Ja, diese sind Synonyme füreinander


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