Angemessenheit der Frist II

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V eine Küche. Nach dem Einbau stellt K viele Mängel fest. Zur Behebung braucht man objektiv sechs Wochen. K bittet am 16.2. per E-Mail, die Mängel bis zum 27.3. (sechs Wochen) zu beseitigen. Da bis zum 16.3. nichts passiert ist, ruft sie V an und fordert nun Reparatur bis zum 23.03. Da V am 31.3. immer noch nicht angefangen hat, lässt K die Küche von U reparieren.

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Einordnung des Falls

Angemessenheit der Frist II

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Schadensersatzanspruch könnte sich vorliegend aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB ergeben.

Ja, in der Tat!

Der Anspruch setzt voraus, dass (1) ein Schuldverhältnis(=Kaufvertrag) besteht, (2) der Schuldner – trotz Möglichkeit – nicht ordnungsgemäß leistet (=Mangel) und (3) eine vom Gläubiger gesetzte, angemessene Nachfrist erfolglos abgelaufen ist. Ferner muss (4) der Schuldner seine Pflichtverletzung zu vertreten haben und schließlich (5) dem Gläubiger hierdurch ein Schaden entstanden sein.
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2. Zwischen K und V besteht ein Schuldverhältnis und V hat ihre Leistung nicht wie geschuldet erbracht.

Ja!

Zur Begründung eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses ist grundsätzlich ein Vertrag zwischen den Beteiligten notwendig (§ 311 Abs. 1 BGB).Nicht wie geschuldet ist die Leistung erbracht, wenn ihr Inhalt oder die Art ihrer Erbringung in irgendeiner Weise von dem abweicht, was Gesetz oder Parteivereinbarung festgelegt haben. K und V haben einen Kaufvertrag über die Küche geschlossen (§ 433 BGB). Ausweislich des Sachverhaltes hat die Küche zahlreiche Mängel, weswegen V die vereinbarte Leistung (mangelfreie Küche) nicht wie geschuldet erbracht (vgl.§ 434 BGB).

3. Die bloße Bitte des K stellt eine hinreichende Leistungsaufforderung und damit eine wirksame Fristsetzung dar.

Genau, so ist das!

Die Fristsetzung gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 BGB muss eine bestimmte und eindeutige Aufforderung zur Leistung enthalten. ein höfliches Drängen auf Vertragserfüllung oder die Aufforderung an den Schuldner, sich über seine Leistungsbereitschaft zu erklären, genügen nicht.Auch wenn K höflich um die Beseitigung der Mängel bittet, geht aus der Erklärung deutlich hervor, dass sie V hier zur Nacherfüllung auffordert. Kommt Dir das bekannt vor? Richtig, die Anforderungen an die Eindeutigkeit der Fristsetzung nach § 281 Abs. 1 S. 1 BGB sind identisch mit denen der Mahnung (§ 286 BGB). Wenn Du gelernten Stoff richtig verknüpfst, ersparst Du Dir doppelte Arbeit beim Lernen!

4. Die in der E-Mail gesetzte Frist von sechs Wochen ist angemessen.

Ja, in der Tat!

Die Fristsetzung ist angemessen i.S.d. § 281 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn sie so lang ist, dass der Schuldner die Leistung tatsächlich auch erbringen kann.Ausweislich des Sachverhaltes ist es objektiv möglich, die Mängel der Küche innerhalb eines Zeitraumes von sechs Wochen zu beheben (Reparatur bzw. Nachlieferung). Dies stellt insoweit eine angemessene Frist dar. Ist die Angemessenheit der Frist zwischen den Parteien streitig, wird in der Praxis in der Regel ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Gläubiger ist insoweit darlegungs- und beweisbelastet, da die Angemessenheit der gesetzten Frist eine Anspruchsvoraussetzung ist.

5. Da K durch den Anruf vom 16.3. die Frist auf den 23.3. verkürzt hat, fehlt es nunmehr an einer angemessenen Frist.

Nein!

Setzt der Gläubiger eine zu kurze Frist, so ist die Fristsetzung dadurch nicht unwirksam. Vielmehr tritt nach der ständigen Rechtsprechung an die Stelle der zu kurzen Frist, eine angemessene Nachfrist. Zwar war die Verkürzung der Frist auf den 23.3. objektiv unangemessen. Dies führt indes nicht zur Unwirksamkeit der Fristsetzung vom 16.2. Vielmehr wird die neue unangemessene Frist durch eine angemessene ersetzt. Da objektiv sechs Wochen für die Nacherfüllung angemessen sind, bleibt für den Ablauf der Frist der ursprünglich angesetzte 27.3. maßgeblich, der erfolglos abgelaufen ist. Auch die übrigen Voraussetzungen liegen vor, sodass im Ergebnis ein Schadensersatzanspruch nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB besteht.
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