Provozierte Aufwendungen

13. Juli 2025

13 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Lehrer L fährt mit seinem Rad zur Schule. Repetitor R überholt und touchiert L fahrlässig, sodass L stürzt. L fordert Schadensersatz von R. Als R darauf nicht reagiert, mandatiert L das gesamte Team der Großkanzlei Fuchspartners für €50.000. Nach anwaltlichen Schreiben zahlt R Schmerzensgeld.

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Einordnung des Falls

Provozierte Aufwendungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. L verlangt zusätzlich Schadensersatz in Höhe von €50.000 von R für die Anwaltskosten. Sind Schäden freiwillige Vermögenseinbußen?

Nein, das trifft nicht zu!

Schäden sind alle unfreiwilligen Einbußen, die jemand infolge eines bestimmten Ereignisses an materiellen oder immateriellen Gütern erleidet. Im Gegensatz dazu sind Aufwendungen freiwillige Vermögensopfer.
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2. L ist der Ansicht, er habe „keine andere Wahl gehabt“, als die Kanzlei zu beauftragen. Könnte dies grundsätzlich dafür sprechen, die Rechtsverfolgungskosten als Schaden einzuordnen?

Ja!

Auch „freiwillige“ bzw. willentliche Vermögensopfer können ein Schaden sein, wenn sie zur Verhinderung eines konkreten drohenden Schadens sowie zur Beseitigung oder Geringhaltung eines eingetretenen Schadens getätigt werden (provozierte Aufwendung). Davon können auch Rechtsverfolgungskosten zur Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches umfasst sein. L hatte einen Anspruch auf Schmerzensgeld gegen R. Als R auf Ls Forderung nicht reagierte, beauftragte L die Kanzlei mit der Rechtsverfolgung, um den Anspruch durchzusetzen. Damit verhindert er den Verlust seines Anspruchs gegen R (= drohender Schaden), der mit der Zeit durch Verjährung eintreten würde. Grundsätzlich sind Ls Rechtsverfolgungskosten danach als Schaden in Form einer provozierten Aufwendung einzuordnen.

3. R meint, es könne doch nicht sein, dass L extra viel Geld für die Rechtsverfolgung ausgibt und R dies ersetzen müsse. Sind provozierte Aufwendungen unbegrenzt ersatzfähig?

Nein, das ist nicht der Fall!

Hast Du festgestellt, dass eine geltend gemachte Position grundsätzlich als provozierte Aufwendung eingeordnet werden kann, prüfst Du im zweiten Schritt, ob und in welchem Umfang der Anspruchsteller auch für die konkret getätigte Aufwendung Ersatz verlangen kann. Voraussetzung für die Ersetzbarkeit von provozierten Aufwendungen ist, dass die Aufwendung aus der Sicht eines verständigen Menschen in der Lage des Geschädigten erforderlich erscheint. Das gilt nicht nur für das Ob, sondern auch für Art und Umfang der zu ersetzenden Aufwendungen. Denn der Geschädigte bestimmt durch seine Entscheidung, die Störung selbst zu beseitigen, über Entstehung und den Umfang des Schadens. Ihm kann deshalb zugemutet werden, sich hierbei in den Grenzen des Angemessenen zu halten. Diese Begrenzung wird unter anderem aus den §§ 249 Abs. 2 S. 1, 670 BGB hergeleitet, welche ebenfalls auf die Erforderlichkeit abstellen.

4. Die gesamten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des R waren erforderlich.

Nein!

Voraussetzung für die Ersetzbarkeit von provozierten Aufwendungen ist, dass die Aufwendung aus der Sicht eines verständigen Menschen in der Lage des Geschädigten erforderlich erscheint. Die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts nach erfolgloser Mahnung ist grundsätzlich zweckmäßig und erforderlich. Dessen Kosten sind jedoch nur im Umfang der gesetzlichen Gebühren angemessen und damit ersetzbar. Der ersetzbare Schaden beschränkt sich daher bei rein außergerichtlicher Tätigkeit auf die gesetzliche Geschäftsgebühr nach dem RVG zzgl. Auslagenpauschale (§ 13 RVG, RVG VV 2300, RVG Nr. 7002 VV). Nicht ersetzbar sind hingegen die hier anfallenden darüber hinausgehenden Kosten durch die Vereinbarung eines Stundenhonorars und die Beauftragung mehrerer Anwälte.
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