Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Dreipersonenverhältnisse
Gesetzliche Privilegierung des Gläubigers erstreckt sich auf Dritten
Gesetzliche Privilegierung des Gläubigers erstreckt sich auf Dritten
7. April 2025
13 Kommentare
4,8 ★ (28.468 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V hat Unternehmerin M ein Lastenrad für Ms Mitarbeiter vermietet. Dieses wird durch Ms Arbeitnehmer A leicht fahrlässig beschädigt. Ein Jahr nach Rückgabe des Rades, verlangt V Schadensersatz für das beschädigte Rad. M und A erwidern dies sei zu spät.
Diesen Fall lösen 68,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Gesetzliche Privilegierung des Gläubigers erstreckt sich auf Dritten
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hat V gegen M einen Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 278 BGB?
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Kann V ihren Anspruch durchsetzen?
Nein, das trifft nicht zu!
3. Hat V gegen M einen durchsetzbaren deliktischen Anspruch auf Schadensersatz?
Nein!
4. Hat V gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB?
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Hat V gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 1 BGB?
Ja, in der Tat!
6. Vs Anspruch gegenüber A ist verjährt, wenn A in den Mietvertrag zwischen V und M nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung Dritter (VSD) einbezogen wurde.
Ja!
7. Wurde A in den Mietvertrag zwischen M und V nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung Dritter einbezogen?
Genau, so ist das!
8. Hat V gegen A einen durchsetzbaren Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 1 BGB?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Diaa
3.9.2023, 01:03:00
Kann mir jemand erklären, wieso hier mur einen deliktischen Anspruch iVm VZD geprüft und aufgrund der Verjährung abgelehnt wird, aber keinen Anspruch aus §§ 280 I, 241 II iVm VZD ?
Reus04
6.9.2023, 19:47:41
Würde mich auch interessieren. Liegt es vielleicht daran, dass ein solcher Anspruch „iVm VSD“ nur dem Dritten (hier A) zusteht?

Rick-energie🦦
20.11.2023, 07:17:40
Das dürfte daran liegen, dass ein Anspruch der V gegen A aus VzD voraussetzt, dass sie in den Schutzumfang des Vertragses zwischen Arbeitgeberin und A (Arbeitsvertrag) einbezogen wurde, in dessen Folge das Eigentum (Fahrrad) geschützt würde. Aber da fehlt es an allen Voraussetzungen.
QuiGonTim
17.3.2024, 14:24:05
Würde man den A über VzD in das Mietverhältnis zwischen V und M einbeziehen und daraus dann einen
Schadenersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB des V gegen A herleiten, würde die Einbeziehung nicht mehr
ZUGUNSTENdes Dritten, also A erfolgen. Wie @[Rick-energie🦦](174760) bereits ausgeführt hat, wäre ein solcher Anspruch des V gegen A allenfalls denkbar, wenn man den V als Dritten in das Arbeitsverhältnis zwischen M und A einbezieht. Dies liegt aber aufgrund des offenkundigen Fehlens der Voraussetzungen des VzD völlig fern.
okalinkk
28.3.2025, 15:54:43
Inwiefern fehlen hier die Voraussetzungen offenkundig? @[QuiGonTim](133054)
Kai
9.1.2024, 22:39:55
Wie prüfe ich in diesem Fall die Schutzbedürftigkeit des A? In den Fällen, in denen es um Schutzpflichten ging, habe ich ja immer geprüft, ob dem Verletzten andere gleichwertige Ansprüche zustehen. Da hier der A aber ja nicht Verletzter, sondern Verletzender ist, erscheint das widersinnig. Prüfe ich also stattdessen, ob A im dem Fall, dass er durch das Lastenrad geschädigt worden wäre, einen solchen Anspruch gehabt hätte? Und damit stelle ich dann fest, dass er als Dritter in den Vertrag zwischen Vermieterin und Arbeitgeberin einbezogen wurde und dieser damit VsD ist? Und infolgedessen greift dann die Haftungspriviligierung aus § 548 I auch für A?
QuiGonTim
17.3.2024, 14:12:20
Wenn ich den Aufbau der Falllösung richtig verstanden habe, wird die Einbeziehung des A in der Mietvertrag innerhalb der Prüfung desdeliktischen Anspruchs des V gegen A geprüft. Nach meinem Verständnis zielt die Schutzwürdigkeit des A nicht auf andere ihm zustehende Ansprüche gegen V, sondern auf die Möglichkeit den Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB anderweitig abzuwehren ab.

LS2024
6.6.2024, 10:57:33
Also aus einem anderen Jurafuchs Fall habe ich mir notiert, dass die Schutzbedürftigkeit des Dritten in einem Fall wie hier gar nicht zu prüfen ist. Keine Ahnung was jetzt stimmt.

Sebastian Schmitt
3.12.2024, 10:26:38
Hallo @Kai, eine gute Frage, die @[QuiGonTim](133054) schon genau richtig beantwortet hat und die der BGH ähnlich löst, wie Du es schon vermutet hast. Inhaltlich stutzt man hier in der Tat zunächst, weil der einzubeziehende Dritte Schädiger und nicht Geschädigter ist. Der BGH begründet die Einbeziehung in der unserem Fall zugrunde liegenden Entscheidung (BGH NJW 1973, 2059) folgendermaßen (2060 f): Zunächst wird klargestellt, dass unser Dritter iRd vorliegenden Mietvertrags in den Schutzbereich der Grundsätze des Vertrags mit Schutzwirkung
zugunstenDritter (VSD) fällt (in der Sache ist das wohl eine knappe Feststellung von Leistungsnähe,
Gläubigernäheund Erkennbarkeit). Dann betrachtet der BGH zum Vergleich das umgekehrte Szenario: Wäre der Dritte nun (wie üblich) Geschädigter (!) und nicht Schädiger, sei klar, dass er ggü dem Vermieter über die Grundsätze des VSD eigene vertragliche Ansprüche geltend machen könnte. Wenn das aber so sei, müsse er hinsichtlich gegen ihn gerichteter Ansprüche ebenfalls dem Mieter gleichgestellt werden, also in gleicher Weise wie der Mieter von der verkürzten Verjährung des § 548 I 1 BGB profitieren. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team