Zivilrecht

Werkrecht

Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel

Ausnahme: Abnahme notwendig und nicht erfolgt - dennoch Anwendung der Gewährleistungsrechte (Minderung) (+)

Ausnahme: Abnahme notwendig und nicht erfolgt - dennoch Anwendung der Gewährleistungsrechte (Minderung) (+)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B beauftragt U die Wände seines Hauses zu streichen. Nachdem U fertig ist, verweigert B die Abnahme, weil U unsauber gearbeitet hat. B setzt U eine Frist zur Nachbesserung. U lässt diese verstreichen. B legt streicht kurzerhand selbst nach und möchte den Lohn des U mindern.

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Einordnung des Falls

Ausnahme: Abnahme notwendig und nicht erfolgt - dennoch Anwendung der Gewährleistungsrechte (Minderung) (+)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B und U schlossen einen Werkvertrag (§ 631 BGB).

Genau, so ist das!

Der Vertragsschluss richtet sich nach den allgemeinen Regeln über das Zustandekommen von Verträgen (§§ 145ff. BGB). Bei dem Werkvertrag wird ein bestimmter Erfolg geschuldet (§ 631 Abs. 2 BGB). Dies grenzt ihn vom Dienstvertrag ab, bei dem das bloße Tätigwerden geschuldet wird. B und U vereinbarten, dass U die Wände des Hauses des B streichen soll.
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2. Das Werk ist mangelfrei (§ 633 Abs. 2 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Das Werk ist mangelhaft, wenn es nicht die vereinbarte Beschaffenheit bei Gefahrübergang aufweist (§ 633 Abs. 2 BGB). Der Gefahrübergang beim Werkvertrag richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Abnahme (§ 644 Abs. 1 BGB). B und U vereinbarten, dass U die Wände des Hauses des B streichen soll. U hat unsauber und damit nicht fachgerecht gearbeitet.

3. B hat das Werk abgenommen (§ 640 BGB).

Nein!

Eine Abnahme kann ausdrücklich oder konkludent erklärt werden. Sie verdeutlicht, dass der Besteller das Werk als vertragsgemäß erbracht anerkennt. Maßgeblich ist die Entgegennahme des Werkes und die Billigung als vertragsgemäß erbrachte Leistung. B verweigerte explizit die Abnahme.

4. Können Gewährleistungsrechte ausnahmsweise auch ohne Abnahme geltend gemacht werden?

Genau, so ist das!

Nach dem BGH könne der Besteller die Mängelrechte nach § 634 Nr. 2-4 BGB auch vor der Abnahme geltend machen, wenn ein Abrechnungsverhältnis entstanden ist. Dieses entstehe, wenn (1) der Unternehmer seine Leistung als Erfüllung anbiete und (2) der Besteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrages verlangen könne. Dies könne er nicht mehr, wenn er gegenüber dem Unternehmer Schadensersatz statt der Leistung geltend macht (§ 281 Abs. 4 BGB) oder er die Minderung des Werklohns erklärt.

5. Kann B trotz Verweigerung der Abnahme Gewährleistungsrechte in Form der Minderung geltend machen?

Ja, in der Tat!

BGH: Es müsste ein Abrechnungsverhältnis entstanden sein. (1) Der Unternehmer müsste seine Leistung als Erfüllung angeboten haben und (2) der Besteller dürfte die Erfüllung des Vertrages nicht mehr verlangen können. Er kann die Erfüllung nicht verlangen, wenn er Schadensersatz statt der Leistung geltend macht (§ 281 Abs. 4 BGB) oder die Minderung des Werklohns erklärt hat. Beseitigt der Besteller den Mangel nach abgelaufener Frist selbst, kann er ebenfalls Erfüllung nicht mehr verlangen (§ 275 BGB). U bot sein Werk als Erfüllung an. B hat nach Fristablauf selbst gestrichen, sodass er keine (Nach-)Erfüllung mehr verlangen kann.
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