Grundfall / Behaupten
2. Juli 2025
16 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Nachbar N hört regelmäßig abends aus der Nachbarwohnung von M und F Schlaggeräusche und Frauenschreie. N erzählt daraufhin Omi O aus dem ersten Stock, dass der M ein Haustyrann sei, der seine Frau schlage. M meint, er trainiere abends am Boxsack, während F Horrorfilme schaue. Was nun stimmt, lässt sich nicht aufklären.
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Einordnung des Falls
Grundfall / Behaupten
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die üble Nachrede (§ 186 StGB) ist auf die Behauptung oder Verbreitung von Tatsachen und Werturteilen anwendbar.
Nein, das trifft nicht zu!
2. N hat die Tatsache behauptet.
Ja!
3. Der Täter muss die Tatsache einem Dritten gegenüber äußern.
Genau, so ist das!
4. Die Tatsache ist ehrenrührig.
Ja, in der Tat!
5. M ist passiv beleidigungsfähig.
Ja!
6. N musste vorsätzlich hinsichtlich der Unwahrheit handeln.
Nein, das ist nicht der Fall!
7. Für die üble Nachrede (§ 186 StGB) muss die Tatsache unwahr sein.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Eileen 🦊
19.6.2023, 10:30:35
Müsste es im Text nicht eigentlich "nicht erweislich wahr" heißen?
Diaa
30.9.2023, 21:57:21
Das frage ich mich auch

Cosmonaut
25.1.2024, 16:55:11
Hallo zusammen, Ihr habt recht: Im Gesetz steht in § 186 (sinngemäß): Wer eine Tatsache iSd § 186 behauptet „wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist…bestraft“. Wenn die TS also erweislich wahr ist, dann entfällt mangels tatsächlicher Ehrenrührigkeit die Strafwürdigkeit. Das bedeutet, dass es für § 186 des Folgenden bedarf: (1) zur Rufschädigung geeignete
Tatsachen-Behauptung / Verbreitung (2) Nichterweislichkeit der Wahrheit @[Jurafuchs](137809) die Aufgabe (die beiden Lösungskästchen) sollte noch einmal auf Kohärenz überprüft werden.
TubaTheo
1.7.2024, 00:03:38
Dass eine Tatsache nicht erweislich wahr sein muss, schließt nicht, aus dass die Tatsache nicht auch nicht erweislich unwahr sein muss. Das bedingt sich ja beides. Ich denke, da bezieht sich die Lösung auf die Fallfrage, ob die verbreitete Tatsache unwahr sein müsse. Die Lösung sagt nur, dass die Tatsache eben nicht erweislich unwahr sein muss. Das stimmt schon so.
Findet Nemo Tenetur
23.10.2024, 10:55:50
Wenn ich mich richtig Erinnere, habt ihr bei der Einführungsaufgabe zu den Ehrdelikten geschrieben, dass § 185 der Auffangtatbestand sei. Nun schreibt ihr hier, § 186 würde das, was nicht unter § 185 fällt, bestrafen. Das passt für mich nicht so ganz zusammen/ich verstehe es nicht recht. Abgesehen davon: Lob für die letzte Erklärung. So erscheint es für mich zum ersten Mal plausibel, weswegen das “nicht erweislich wahr” eine
objektive Bedingung der Strafbarkeitsein soll!

Cosmonaut
16.1.2025, 19:21:38
@[Findet
Nemo Tenetur](254807) Im Gegensatz zur Beleidigung (§ 185 StGB), die sich lediglich auf
Werturteile (und
Tatsachenbehauptungengegenüber dem Beleidigten selbst (!)) bezieht, stellen die Tatbestände der üblen Nachrede (§
186 StGB) und Verleumdung (§ 187 StGB) die Äußerung einer
Tatsachenbehauptung gegenüber dritten Personen (!) unter Strafe („er hat meine Uhr gestohlen“). Zwischen § 186 und § 187 ist sodann der entscheidende Unterschied, dass bei der Verleumdung (§ 187) eine bewusst wahrheitswidrige Tatsache über einen Dritten behauptet/verbreitet wird (und der Vorsatz des Täters sich entsprechend auf dieses Tatbestandsmerkmal beziehen muss / der Täter die Unwahrheit seiner Behauptung kennt), während es bei der üblen Nachrede (§ 186) bereits ausreicht „nur“ „ins Blaue hinein“ zu lästern. Üble Nachrede bestraft also bereits denjenigen der nur „fahrlässig“ Unwahrheiten über Dritte behauptet/verbreitet (und damit zumindest eine geringere Unrechtsschwere verübt, als der bewusst vorsätzlich Lügende zum Zwecke der
Ehrverletzung!). Das wird auch sehr gut sichtbar, wenn man das Strafmaß vergleicht: § 186 = bis zu 1 Jahr / bis zu 2 Jahren (wenn öffentlich) § 187 = bis zu 2 Jahren / bis zu 5 Jahren (wenn öffentlich)
Taunus84
2.4.2025, 09:52:17
Danke für die gute Zusammenfassung, @[Cosmonaut](188718) !
benjaminmeister
17.6.2025, 18:14:27
Ich würde sagen, dass die Aussage in einer der anderen Aufgaben, dass §§ 186, 187 erfassen was § 185 nicht erfasst, einfach falsch ist. Theoretisch erfasst § 185 nämlich vom Tatbestand her auch die Fälle von §§ 186, 187. Allerdings sind die §§ 186, 187 die spezielleren Vorschrift und verdrängen dann auf Konkurrenzebene den § 185. Deshalb prüft man dann regelmäßig bei § 185 gar nicht nicht mehr die ehrerührigen
Tatsachenbehauptungenggü. Dritten, da man vorher schon § 186 (ggf. auch § 187) bejaht hätte und diese § 185 eh verdrängen würden. Der § 185 hat sozusagen diesbezüglich keinen eigenen Anwendungsbereich mehr (vgl. Rengier, BT II, § 29 Rn. 28).
Clara.annie
18.2.2025, 09:56:24
Wo prüfe ich die objektive Voraussetzung der Strafbarkeit?
Clara.annie
18.2.2025, 09:56:43
*Bedingung?
luc1502
18.2.2025, 15:58:08
Hi @[Clara.annie](282611)
Objektive Bedingungen der Strafbarkeitprüfst du - weil sich auf diese der Vorsatz gerade nicht beziehen muss - nach dem subjektiven Tatbestand.
Fuchsfrauchen
22.2.2025, 14:13:59
Liebes Jurafüchse, ich habe eine Frage: Wenn der Täter nicht weiß, ob eine Tatsache wahr oder unwahr ist und diese behauptet, bin ich ja erstmal drin in § 186. Aber was ist nun, wenn die Tatsache "zufälligerweise" wahr ist, der Täter das aber zum Tatzeitpunkt nicht wusste. Ist der Täter dann strafbar gem. § 186? Ich danke vielmals!