Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Einführung

Einführungsfall Bereicherungsrecht

Einführungsfall Bereicherungsrecht

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A möchte ihrer Freundin B einen Kaktus schicken. Sie verschreibt sich bei der Adresse, sodass der Kaktus an C zugestellt wird.

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Einordnung des Falls

Einführungsfall Bereicherungsrecht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A kann den Kaktus nur zurück verlangen, wenn zwischen ihr und C ein Vertrag besteht.

Nein!

Nicht nur durch Rechtsgeschäfte können Schuldverhältnisse im weiteren Sinne begründet werden, also eine Sonderverbindung zwischen mindestens zwei Personen, kraft derer wenigstens eine Person von einer anderen Person etwas verlangen kann. Vielmehr können diese auch durch Gesetz entstehen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt werden, zB im Bereicherungsrecht (§§ 812 - 822 BGB). Viel Quatsch schreiben die Bearbeiter = 1) vertraglich, 2) Quasivertraglich (GoA/ vorvertragliche Schuldverhältnisse); 3) Sachenrechtlich (=dinglich), 4) Deliktische Ansprüche; 5) Bereicherungsrechtliche Ansprüche
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2. A kann von C den Kaktus herausverlangen (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Die Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2) setzt voraus, dass jemand (Kondiktionsschuldner) auf Kosten eines anderen (Kondiktionsgläubiger) auf sonstige Weise etwas ohne rechtlichen Grund erlangt. C hat den Kaktus erlangt. A hat C diesen geschickt. Für C ist aber erkennbar, dass der Kaktus nicht an sie gerichtet ist und damit keine Leistung (§ 812 Abs. 1 S. 1, Alt. 1 BGB) an sie vorliegt. Mithin hat C ihn auf sonstige Weise erhalten. Für die Übersendung des Kaktus besteht kein rechtlicher Grund, insbesondere liegt dem kein Schenkungsvertrag zwischen A und C (§ 516 BGB) zugrunde. A kann den Kaktus somit von C herausverlangen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EL

Elisa

17.1.2023, 20:21:48

Ich habe noch nicht ganz verstanden, warum genau hier keine Leistung gegeben ist. Eine Leistung ist ja per Definition die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Liegt die hier nicht vor, weil A nicht bewusst war, dass sie den Kaktus an die C schickt und damit auch nicht bewusst das Vermögen der C mehren konnte?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.1.2023, 10:41:49

Hallo Elisa, herzlich willkommen im Forum und vielen Dank für Deine Frage! Genau so ist es. Die bewusste Vermögensmehrung sollte ja gegenüber B erfolgen. Tatsächlich wurde der Kaktus allerdings an C geliefert. Deshalb liegt hier keine Leistung der A an C vor, weswegen die Rückabwicklung über § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB läuft. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

KLE

kleinerPadawan

13.4.2023, 17:34:13

Hey, Elisa wollte ja wissen, ob die Leistung bzw die bewusste Vermögensmehrung deshalb verneint wird, weil A bewusst nur an B leisten wollte, jedoch der Kaktus tatsächlich an C ging. Also ob das Bewusstsein der A hier maßgeblich war. Das hast Du, Lukas, bejaht. In der Antwort steht hingegen, dass eine bewusste Vermögensmehrung nicht vorliegt, da für C erkennbar war/sein musste, dass nicht an Sie geleistet werden sollte. Was ist denn jetzt maßgeblich? Leistung ist ja nicht nur die bewusste, sondern auch die zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Hier ist mir klar, dass nicht an C geleistet wurde, da sich die

Tilgungsbestimmung

, bzw. Bestimmung, wer an wen leistet, nach wohl hM aus der Sicht eines sorgfältigen Empfängers beurteilt. Ein solcher müsste natürlich erkennen, dass der Kaktus nicht an ihn gehen sollte. Also spätestens hier wäre ich auch raus, was die Leistung angeht.

Pilea

Pilea

19.4.2023, 16:04:00

Hab ich mich auch gefragt.

<I

<isa_hh>

25.4.2023, 09:10:26

Das würde mich auch interessieren.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.4.2023, 11:19:07

Hallo ihr drei, vielen Dank für eure Nachfrage. Das war vielleicht noch nicht ganz deutlich. Ob eine Leistung vorliegt bestimmt sich, wie kleinerPadawn richtig ausgeführt hat, aus der Sicht eines sorgfältigen Empfängers - hier also aus der Sicht des C. Dieser muss sich fragen, ob eine bewusste und zweckgerichtete Vermögensmehrung an ihn erfolgen sollte - oder eben nicht. Aus der Sicht des C ist also zu ermitteln, wie dieser Bs Verhalten interpretieren und auffassen musste. Lag nach Cs Verständnis eine bewusste Vermögensmehrung an ihn vor? Dies war hier abzulehnen, da aus der Adressierung klar hervorging, dass A hier das Vermögen der B bewusst und zweckgerichtet mehren wollte, nicht das Vermögen des C. Aus diesem Grund war hier das Vorliegen einer Leistung abzulehnen. Ist es jetzt etwas klarer geworden? Beste Grüße, Lukas

BENED

Benedikt

7.9.2023, 19:12:28

Ist das ein Fall von § 241a BGB?

BENED

Benedikt

7.9.2023, 19:13:52

Also bei Verbraucher u Unternehmer Eigenschaft jeweils.

Cosmonaut

Cosmonaut

23.9.2023, 12:40:28

Schau mal in 241a Abs. 2 BGB: „Gesetzliche Ansprüche (des Unternehmers zB aus BerR) sind nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung (hier mE aus dem Telos der Norm wohl ein anderer, weiterer Leistungsbegriff als in den §§ 812 ff. (!), der sich mehr auf die tatsächliche Ebene des Zusendens bezieht) nicht für den Empfänger (=C) bestimmt war…“ Soll heißen: Irrt der Absender (der Unternehmer ist), hat er sehr wohl Ansprüche aus BerR und etwaig EBV gegen den Verbraucher.

rex ipso iure

rex ipso iure

15.2.2024, 01:19:50

Außerdem ist es etwas anderes wenn der Verbraucher die Sache bspw. verwendet, hierin kann dann eine

konkludente Annahme

gesehen werden

BENED

Benedikt

15.2.2024, 02:47:43

Danke! Hätte den 2. Absatz lesen sollen. Danke auch für den zweiten Hinweis! Die

konkludente Annahme

durch Verwendung ist allerdings umstritten.

NADI

Nadine

25.6.2024, 16:30:25

Wäre es nicht eleganter (und richtiger?) zu schreiben, dass C den Besitz am Kaktus erlangte, statt einfach „den Kaktus“? :)

Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat

Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat

27.9.2024, 10:58:44

@[Lukas_Mengestu](136780), vielleicht könnt ihr das korrigieren? :) Das wird einem ja im Studium immer als Kapitalfehler angestrichen, wenn man das erlangte Etwas nicht genau definiert, sondern als erlangtes Etwas lediglich den Gegenstand bezeichnet.


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