Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Schadensersatz wegen Unmöglichkeit (Leistungsstörungsrecht)
Anfängliche Unmöglichkeit und Vertretenmüssen (Beschaffungsrisiko)
Anfängliche Unmöglichkeit und Vertretenmüssen (Beschaffungsrisiko)
27. Juni 2023
5 Kommentare
4,7 ★ (24.106 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Produzent P kündigt an, ein limitiertes, mit Wasserstoff betriebenes Rad auf den Markt zu bringen. Händlerin H verspricht Investorin I, ihr das Rad nach erfolgter Produktion zu besorgen. P gibt das Projekt wegen technischer Schwierigkeiten auf. I hätte das Rad mit Gewinn verkaufen können.
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Einordnung des Falls
Anfängliche Unmöglichkeit und Vertretenmüssen (Beschaffungsrisiko)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist die Lieferung des Rades für H nach Vertragsschluss unmöglich geworden?
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hatte H positive Kenntnis von der Unmöglichkeit?
Nein!
3. Hatte H ihre Unkenntnis zu vertreten, da sie fahrlässig gehandelt hat?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Hat sich H durch die Übernahme des Beschaffungsrisikos einer strengeren Haftung unterworfen?
Ja, in der Tat!
5. Hatte H ihre Unkenntnis zu vertreten, da sie das Beschaffungsrisiko übernommen hat?
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Tobias Baumgarten
11.10.2024, 14:59:59
Wieso seht ihr hier eine
Unmöglichkeitbereits bei Vertragsschluss? Es wird bei Vertragsschluss ja vereinbart, dass das Hydro NACH Produktion beschafft wird. Es war also klar, dass dir Verpflichtung zur Beschaffung nicht sofort besteht (dann wäre es anfänglich unmöglich gewesen), sondern erst nach Produktion. Insofern ist die
Unmöglichkeitdoch erst eingetreten, als der Produzent verkündet, dass das Hydro nicht in Produktion gehen wird?!
Leo Lee
13.10.2024, 12:02:28
Hallo Tobias Baumgarten, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat lässt sich der Einwand hören, dass bei Vertragsschluss noch "nichts unmöglich" war, zumal das Hydro erst NACH Produktion abgesetzt wurde. Beachte allerdings, dass dieses Hindernis, was zum Zeitpunkt der
Fälligkeit, der wiederum in der Zeitspanne NACH Vertragsschluss liegt, im Grunde nur fortgesetzt wird. D.h. also, dass bildlich gesprochen die
Unmöglichkeit- also dass das Produkt nie hergestellt wird - bereits beim Vertragsschluss im "Keim angelegt" war und sich dieses Risiko nunmehr verkörpert/realisiert hat. Denn nachträglich unmöglich wird eine Leistung nur, wenn sie überhaupt mal möglich war. Wenn aber das Hydro bei Vertragsschluss nicht verfügbar war und nach dem Vertragsschluss immer noch nicht, dann war es Quasi "niemals" verfügbar, weshalb bereits bei Vertragsschluss die Leistung unmöglich war. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Ernst §
311aRn. 36 sehr empfehlen :)! Liebe Grü
juramaus1
20.11.2024, 16:20:36
Könnte man auch sagen, dass die Grenze des
Beschaffungsrisikos in der objektiven
Unmöglichkeitliegt?
Captain Stupid
27.1.2025, 07:36:44
Ich halte es schon für mindestens leicht fahrlässig, die Beschaffung eines Produktes zu versprechen, dessen technische Machbarkeit noch gar nicht fest steht. Meiner Meinung nach hätte sich H insoweit vergewissern müssen und hätte im Zweifel einen Vertrag mit I nicht schließen dürfen.
Alexander
11.2.2025, 15:30:59
Meiner Ansicht nach wurde hier aber auch klar gestellt, dass Sie eben nur liefern möchte, falls die Produktion Tatsächlich erfolgt ist „Nach erfolgter Produktion“. M.m nach könnte man schon diskutieren ob hier nicht eine Bedingung drin zu sehen ist, welche nicht eingetreten ist und womit überhaupt keine Pflicht zur Lieferung entstanden ist.