Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Entstehung von Schuldverhältnissen

Vorvertragliches Schuldverhältnis: Betreten eines Baumarkts

Vorvertragliches Schuldverhältnis: Betreten eines Baumarkts

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

K betritt den Baumarkt des V, um eine Bohrmaschine zu kaufen.

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Einordnung des Falls

Vorvertragliches Schuldverhältnis: Betreten eines Baumarkts

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zwischen K und V ist ein Vertrag zustande gekommen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Vertrag entsteht durch zwei inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme (§§ 145, 147 BGB). K hat bisher nur den Baumarkt des V betreten und sich auf die Suche einer Bohrmaschine gemacht. Keiner der beiden hat bisher eine Willenserklärung abgegeben. Somit besteht kein Vertrag zwischen K und V.
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2. Zwischen K und V besteht ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis entsteht durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen (Nr. 1), die Anbahnung eines Vertrags, bei der eine Partei der anderen die Möglichkeit der Einwirkung auf ihre Rechtsgüter und Interessen gewährt, (Nr. 2) oder ähnliche geschäftliche Kontakte (Nr. 3). K hat das Geschäft des V betreten und sich umgesehen, sodass ein vorvertragliches Schuldverhältnis aufgrund einer Vertragsanbahnung entstand (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB).Da § 311 Abs. 2 Nr. 1 + 2 BGB im Vorfeld eines Vertrages Anwendung finden, nennt man diese auch "vorvertragliche Schuldverhältnisse".

3. Mit dem rechtgeschäftsähnlichen Schuldverhältnis entstehen für K und V Schutz- und Rücksichtnahmepflichten (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB).

Ja!

Das rechtgeschäftsähnliche Schuldverhältnis verpflichtet die Parteien zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils (culpa in contrahendo). Bei einem Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht, ergibt sich ein Schadenersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB und nicht bloß aus § 823 Abs. 1 BGB. Für die Parteien ist dies relevant, weil § 823 Abs. 1 BGB – anders als § 280 Abs. 1 BGB – nur absolute Rechte schützt und der Geschädigte die Beweislast für ein Verschulden des Schädigers trägt. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet hingegen das Vertretenmüssen des Schädigers (sog. Beweislastumkehr).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CR7

CR7

23.6.2022, 16:20:54

Rutscht der K auf einer Banane aus, haftet der V, nicht wahr? ;-)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.6.2022, 10:46:31

Hi A.F., hier wären neben dem Vorliegen einer schuldrechtlichen Sonderverbindung dann natürlich noch die weiteren Voraussetzungen des vertraglichen Schadensersatzanspruches zu prüfen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB). Das "nicht Wegräumen" der Banane müsste insoweit eine Pflichtverletzung darstellen und V dies zu vertreten gehabt haben (wird vermutet,

§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB

). Liegen diese Voraussetzungen vor und ist K auch ein kausaler Schaden im Zusammenhang mit dem Sturz entstanden, so haftet V dafür :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Andreas90

Andreas90

30.5.2023, 23:23:16

Die Fragen hier sind etwas merkwürdig gestellt. Erst kam die Frage ob ein Vertrag durch das Betreten des Baumarkts zustande kommt. Dies wird verneint. In der nächsten Frage dann aber ob ein Schuldverhältnis besteht. Dies wird dann aber wiederrum bejaht. In meiner aktuellen Lernlektüre finde ich dazu nichts. Auch gibt die Frage keine weiteren Hinweise. Übersehe ich etwas oder ist es ein wenig 'komisch' gestellt?

SE.

se.si.sc

31.5.2023, 07:53:39

Die Fragen sind keineswegs merkwürdig gestellt, sondern genau so präzise, wie sie sein müssen. Frage 1 fragt nach einem Vertrag, den haben wir (noch) nicht, weil wir dafür Angebot und Annahme bräuchten. Frage 2 fragt nach einem rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnis. Das haben wir hier in Form eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses nach § 311 II BGB sehr wohl. Jeder Vertrag ist auch ein Schuldverhältnis, aber nicht jedes Schuldverhältnis ist auch ein Vertrag. Es gibt rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse (Verträge), rechtsgeschäftähnliche Schuldverhältnisse (§ 311 II BGB) und gesetzliche Schuldverhältnisse (zB 823 ff, 812 ff BGB). Frage 1 fragt eben nach dedr ersten Kategorie, Frage 2 nach der zweiten.

Andreas90

Andreas90

31.5.2023, 10:50:42

Vielen Dank!


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