§ 315c Abs. 1 Nr. 2f und g StGB: Geisterfahrt und Absicherungsmaßnahmen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Auf der BAB bricht der Anhänger des T aus, so dass T auf der Überholspur entgegen der Fahrtrichtung zum Stehen kommt. T schaltet den Warnblinker ein, holt ein aus dem Anhänger gefallenes Paket und fährt unter teilweiser Inanspruchnahme von Normalspur und Seitenstreifen entgegen der Fahrtrichtung zu der 50m entfernten Ausfahrt.
Einordnung des Falls
§ 315c Abs. 1 Nr. 2f und g StGB: Geisterfahrt und Absicherungsmaßnahmen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat ein „liegengebliebenes Fahrzeug nicht kenntlich gemacht“ (§ 315c Abs. 1 Nr. 2g StGB).
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Nein, das trifft nicht zu!
2. T ist „entgegen der Fahrtrichtung auf einer Autobahn gefahren“ (§ 315c Abs. 1 Nr. 2f StGB).
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Ja!
3. T ist „grob verkehrswidrig“ und „rücksichtslos“ entgegen der Fahrtrichtung gefahren (§ 315c Abs. 1 Nr. 2f StGB).
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Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fahrradfischlein
10.11.2020, 14:09:53
Ich hatte hier Verwerflichkeit angenommen, da T bei seiner Geisterfahrt teilweise auch die Normalspur nutzt. Ich finde das offenbart auf einer Autobahn schon eine verwerfliche Verkehrsgesinnung.

Eigentum verpflichtet 🏔️
10.11.2020, 14:51:45
Hallo Fahrradfischlein, halten wir für vertretbar. Das OLG Köln hat wohl damals anders entschieden, weil unvorsätzlich zuvor bereits eine gefährliche Situation entstanden ist. T wollte ja nicht, dass das Fahrzeug auf der Fahrbahn stehen bleibt, da dies auch sehr gefährlich ist. Natürlich wäre es in dieser Situation besser gewesen, zu versuchen, das (evtl nicht mehr verkehrstaugliche Fahrzeug auf dem Randstreifen abzustellen und nicht entgegen der Fahrtrichtung zu fahren.

Daniel - Laufamholzer
25.5.2023, 10:18:56
Warum macht es beim entgegen der Fahrtrichtung fahren ein Unterschied, ob man den Standstreifen oder Normalstreifen benutzt?

Nora Mommsen
26.5.2023, 12:30:15
Hallo Daniel - Laufamholzer, danke für deine Frage. Rein praktisch ist auf dem Standstreifen in der Regel kein Verkehr. Er dient vielmehr dazu, in genau solchen Situationen - Liegenbleiben, Panne, medizinischer Notfall einen Ort auf der Autobahn zu haben, den man schnellstmöglich aufsuchen kann ohne ein gefährliches Verkehrshindernis darzustellen. Es ist daher sehr viel weniger gefährlich auf dem Standstreifen 50 m in die "falsche Richtung" zur Ausfahrt zu fahren, als dies auf der Normalspur zu tun wo einem Autos mit in der Regel mindestens 130 km/h entgegen kommen. Aus Gründen der Verkehrssicherheit hat T die beste Entscheidung getroffen sich auf kürzestem Wege auf den Standstreifen zu begeben, auf dem eben normalerweise kein Verkehr stattfindet. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team