Strafrecht
BT 5: Verkehrsdelikte
Gefährdung des Straßenverkehrs, § 315c StGB
§ 315c Abs. 1 Nr. 2f und g StGB: Geisterfahrt und Absicherungsmaßnahmen
§ 315c Abs. 1 Nr. 2f und g StGB: Geisterfahrt und Absicherungsmaßnahmen
4. Juli 2025
7 Kommentare
4,6 ★ (14.116 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Auf der BAB bricht der Anhänger des T aus, so dass T auf der Überholspur entgegen der Fahrtrichtung zum Stehen kommt. T schaltet den Warnblinker ein, holt ein aus dem Anhänger gefallenes Paket und fährt unter teilweiser Inanspruchnahme von Normalspur und Seitenstreifen entgegen der Fahrtrichtung zu der 50m entfernten Ausfahrt.
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Einordnung des Falls
§ 315c Abs. 1 Nr. 2f und g StGB: Geisterfahrt und Absicherungsmaßnahmen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat ein „liegengebliebenes Fahrzeug nicht kenntlich gemacht“ (§ 315c Abs. 1 Nr. 2g StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
2. T ist „entgegen der Fahrtrichtung auf einer Autobahn gefahren“ (§ 315c Abs. 1 Nr. 2f StGB).
Ja!
3. T ist „grob verkehrswidrig“ und „rücksichtslos“ entgegen der Fahrtrichtung gefahren (§ 315c Abs. 1 Nr. 2f StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Fahrradfischlein
10.11.2020, 14:09:53
Ich hatte hier
Verwerflichkeit angenommen, da T bei seiner Geisterfahrt teilweise auch die Normalspur nutzt. Ich finde das offenbart auf einer Autobahn schon eine
verwerfliche Verkehrsgesinnung.

Eigentum verpflichtet 🏔️
10.11.2020, 14:51:45
Hallo Fahrradfischlein, halten wir für vertretbar. Das OLG Köln hat wohl damals anders entschieden, weil unvorsätzlich zuvor bereits eine gefährliche Situation entstanden ist. T wollte ja nicht, dass das Fahrzeug auf der Fahrbahn stehen bleibt, da dies auch sehr gefährlich ist. Natürlich wäre es in dieser Situation besser gewesen, zu versuchen, das (evtl nicht mehr verkehrstaugliche Fahrzeug auf dem Randstreifen abzustellen und nicht entgegen der Fahrtrichtung zu fahren.

Daniel - Laufamholzer
25.5.2023, 10:18:56
Warum macht es beim entgegen der Fahrtrichtung fahren ein Unterschied, ob man den Standstreifen oder Normalstreifen benutzt?

Nora Mommsen
26.5.2023, 12:30:15
Hallo Daniel - Laufamholzer, danke für deine Frage. Rein praktisch ist auf dem Standstreifen in der Regel kein Verkehr. Er dient vielmehr dazu, in genau solchen Situationen - Liegenbleiben, Panne, medizinischer Notfall einen Ort auf der Autobahn zu haben, den man schnellstmöglich aufsuchen kann ohne ein gefährliches Verkehrshindernis darzustellen. Es ist daher sehr viel weniger gefährlich auf dem Standstreifen 50 m in die "falsche Richtung" zur Ausfahrt zu fahren, als dies auf der Normalspur zu tun wo einem Autos mit in der Regel mindestens 130 km/h entgegen kommen. Aus Gründen der Verkehrssicherheit hat T die beste Entscheidung getroffen sich auf kürzestem Wege auf den Standstreifen zu begeben, auf dem eben normalerweise kein Verkehr stattfindet. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
L.Goldstyn
1.8.2024, 16:11:49
Mich wundert es, dass der Hinweis, dass der Fahrer „entgegengesetzt zur Fahrtrichtung fahrend auf dem kürzesten Weg den Seitenstreifen aufsuchte“, erst in der Subsumtion zu finden ist. Der Sachverhalt hingegen formuliert, dass der Fahrer hier sowohl die Normalspur als auch den Standstreifen benutzt. Das klingt für mich nicht danach, dass der Fahrer die Normalspur nur befuhr, um schnellstmöglich auf den Standstreifen zu gelangen. Wurde diese Angabe im Sachverhalt vergessen oder ist
in dubio pro reodavon auszugehen? Dann wäre es vielleicht gut, das auch ausdrücklich zu erwähnen. Der obige Thread geht mE in eine ähnliche Richtung bzw. stört sich am selben Punkt. Vielen Dank!
Fiona
27.5.2025, 14:28:34
Reicht es denn aus bei Nr. 2 g) den Warnblinker einzuschalten? Hier im konkreten Fall hat der
Fahrzeugführerauf der Überholspur gehalten, wenn es jetzt hellichter Tag ist und jemand mit 200 km/h angefahren kommt, wird das doch wohl kaum ausreichen um das Erfordernis des „Kenntlichmachens auf ausreichende Entfernung“ der Norm nach zu genügen oder? Müsste er nicht vielmehr noch ein Warndreieck aufstellen? Bei Nacht mag das Warnblinken genügen, aber tagsüber finde ich es irgendwie den Anfordrungen der Normen und auch dem Telos der Norm nach nicht ausreichend…
benjaminmeister
16.6.2025, 22:48:09
In der Aufgabe wird mMn richtig erklärt, dass hier das Aufstellen eines Warndreiecks widersinnig wäre, da das deutlich gefährlicher wäre, als die Gefahrensituation an sich direkt vollständig zu beseitigen. Der Fahrer müsste erst hunderte Meter laufen, das Warndreieck aufstellen, dann das Paket entfernen, das Auto aus dem ganz gefährlichen Gefahrenbereich bringen und dann das Warndreieck wieder einsammeln, während das Auto immer noch am Fahrbahnrand eine gewisse Gefahr darstellt. Allein in der Zeit für das Aufstellen des Warndreiecks, kann der Fahrer das Auto und Paket schon vollständig von der Autobahn entfernen. Im Endeffekt fehlt damit die zweite Voraussetzung des Nr. 2 g) "obwohl das zur Sicherung des Verkehrs ERFORDERLICH ist," (das fehlt leider auch in der ersten Frage-Antwort und würde die Beantwortung vereinfachen).